Arzneimittel und Therapie

Trinken, trinken, trinken ...

Rezidivierenden Blasenentzündungen vorbeugen

Über die Hälfte der Frauen erleidet im Leben mindestens einmal eine Blasenentzündung. Bei etwa einem Viertel von ihnen kommt es außerdem innerhalb von sechs Monaten zu einem Rezidiv. Der Ratschlag, zur Vermeidung rezidivierender Zystitiden die Trinkmenge zu erhöhen, ist weit verbreitet und klingt im Hinblick auf einen Durchspülungs- und Verdünnungseffekt durch ein erhöhtes Urinvolumen plausibel, wissenschaftliche Belege fehlten jedoch bisher.

In einer aktuell im JAMA Internal Medicine publizierten Studie gingen die Autoren der Frage nach, inwieweit sich eine erhöhte Trinkmenge tatsächlich auf die Rezidivrate einer akuten Zystitis auswirkt. Hierzu wurden 140 gesunde prämenopausale Frauen, die im vorangegangenen Jahr mindestens drei Zystitis-Episoden erlitten hatten und angaben, pro Tag weniger als 1,5 Liter Flüssigkeit zu trinken, in zwei Gruppen eingeteilt. Die Kon­trollgruppe behielt ihre Trinkgewohnheiten bei, während die Interventionsgruppe über die gesamte Studiendauer zusätzlich 1,5 Liter Wasser pro Tag trank.

Weniger Rezidive, weniger Antibiotika

In diesen zwölf Monaten hatten die Frauen der Kontrollgruppe im Schnitt 3,2 Zystitis-Episoden durchlebt, die Teilnehmerinnen der Interventionsgruppe jedoch nur 1,7. Die mittlere Zeitspanne zwischen zwei Episoden betrug 143 Tage in der Verum- und 84 Tage in der Kontrollgruppe. Erwartungsgemäß war das Urinvolumen in der ersten Gruppe höher.

Als sekundärer Endpunkt wurde die Zahl der Zystitis-assoziierten Antibiotikatherapien während des Studienzeitraums analysiert. Hier zeigte sich, dass in der Kontrollgruppe durchschnittlich 3,6 Behandlungen durchgeführt wurden, in der Interventionsgruppe jedoch nur 1,9.

Da Schätzungen zufolge etwa 15% des globalen Antibiotikaverbrauchs in der Humanmedizin für die Behandlung von Harnwegsinfekten aufgewendet werden, kommt der beobachteten Einsparung von Antibiotika im Hinblick auf Resistenzentwicklungen und Wirtschaftlichkeit große Bedeutung zu, ebenso wie in Bezug auf mögliche unerwünschte Wirkungen der Antiinfektiva.

1,5 Liter oder weniger?

Trotz ihrer Limitationen – Placebokontrolle oder Verblindung sind in einem derartigen Setting natur­gemäß nicht möglich – zeigt die Studie eine sichere, unkomplizierte und effektive Möglichkeit zur Prävention rezidivierender Zystitiden auf. Dies gilt nach den hier vorgestellten Ergebnissen jedoch nur, wenn die Trinkmenge vorher gering war. Dosis-Wirkungsbeziehungen wurden nicht untersucht. Es ist also unklar, ob auch geringere Trinkmengen bereits einen positiven Effekt gehabt hätten. |

Quelle

Hooton T et al. Effect of Increased Daily Water Intake in Premenopausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med 2018;doi:10.1001/jamainternmed.2018.4204

Apothekerin Dr. Julia Podlogar

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