Arzneimittel und Therapie

Kein Grund zur Sorge, aber auch keine Entwarnung

Ein Kommentar von Carolin Straub

Dr. Carolin Straub, DAZ-Redakteurin und Fachapothekerin für Arzneimittelinformation

Sind die Ergebnisse von Pottegård et al. nun tatsächlich beruhigend? Zuerst einmal lässt sich festhalten, dass sie keinen Grund zur Sorge bieten: Krebserkrankungen scheinen bei exponierten Patienten insgesamt nicht häufiger vorzukommen. Doch ist die Studie geeignet, um im Hinblick auf das Krebsrisiko Entwarnung zu geben? Hier lautet die Antwort wohl „Nein“. Eine Beobachtungsdauer von knapp fünf Jahren erlaubt keinerlei Aussagen darüber, welche langfristigen Folgen eine jahrelange Einnahme der verunreinigten Präparate haben könnte. Ob Valsartan-Patienten vielleicht in 10, 20 oder gar 30 Jahren an Krebs erkranken werden, kann heutzutage niemand sagen. Auch sind die Patientenzahlen nicht sonderlich hoch. Nach Einschätzung der EMA könnte bei Einnahme der höchsten Valsartan-Dosis über sieben Jahre ein zusätzlicher Krebsfall pro 5000 Patienten auftreten. Um das nachzuweisen, wären weitaus mehr Patienten als die rund 5000 in der Studie betrachteten Personen notwendig. Zudem sind mit retrospektiven Kohortenstudien – mögen sie methodisch auch noch so sauber durchgeführt werden und sämtliche denkbaren Störfaktoren herausrechnen – niemals Kausalzusammenhänge nachweisbar. Dies können nur randomisierte kontrollierte Doppelblind­studien leisten. Doch niemand wird wohl ernsthaft auf die Idee kommen, das wahrscheinlich krebserregende NDMA absichtlich an Patienten zu verteilen.

Nicht zuletzt ist die Entstehung einer Krebserkrankung immer auch ein multifaktorielles Geschehen. Die Betrachtung nackter Risikozahlen ist hier wenig hilfreich. So tragisch es im Einzelfall ist, die Frage, ob eine Krebserkrankung bei einem bestimmten Patienten auf die Einnahme von verunreinigtem Valsartan, auf bestimmte Lebensgewohnheiten oder Umweltfaktoren zurückzuführen ist, werden wir wohl nie beantworten können.

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