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„Ansonsten diskutieren wir gar nicht“

Berufspolitische Diskussion beim Pharmacon in Schladming erhitzt die Gemüter

cel/eda | Den krönenden Abschluss der Kongresswoche in Schladming bildete die berufspolitische Diskussionsrunde am Donnerstagabend. Die obersten Standesvertreter der deutschen Apotheker wurden zum Auftakt des Pharmacon angekündigt und tatsächlich standen sie für die Fragen (und Vorwürfe) bereit: Die Präsidenten der Bundesapothekerkammer (BAK) und der ABDA, Dr. Andreas Kiefer und Friedemann Schmidt, vom Deutschen Apothekerverband (DAV) war Stefan Fink angereist und Dr. Sebastian Schmitz war als Hauptgeschäftsführer der ABDA Teilnehmer der Diskussion.

Die Pharmacon-Besucher konnten im Vorfeld der Diskussion schriftliche Fragen einreichen, die von der ABDA-Spitze ausgewertet, gebündelt und dann während der Veranstaltung beantwortet werden sollten. Trotzdem verselbstständigte sich die Diskussion und verlief teilweise hektisch und ­hitzig: Immer wieder ergriffen einzelne Apotheker das Wort und warfen der ABDA vor, sich der Diskussion zu verweigern. Der Vorwurf: Falsche Informationspolitik und kein Signal, dass die ABDA für die Apotheker kämpft.

Für wie gefährlich hält die ABDA das Honorargutachten? Das Thema beschäftigt die Apotheker – es stand als erster Punkt auf der Agenda der berufspolitischen Diskussion. Aufgabe der ABDA sei es, Fehler und Schwachstellen des Gutachtens aufzudecken, so der Tenor der Beschwerden. Außerdem hätten sich manche Apotheker wohl eine intensivere Informationspolitik seitens der ABDA gewünscht. ­Warum erhielten die Apotheker keine Informationen? Spontane Zwischenfragen der Apotheker und ein Dialog mit der ABDA-Spitze wurden teilweise nicht zugelassen. Der Moderator verwies auf einen späteren Fragenblock und die zeitlichen Vorgaben der Diskussion.

Foto: DAZ/cel
Berufspolitische Diskussion in Schladming mit BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.

Schmidt: „Das Gutachten gehört in die Schublade“

ABDA-Präsident Schmidt wehrte sich insbesondere gegen die Vorwürfe zur misslungenen Informationspolitik in Sachen Gutachten. Die ABDA habe ihre Mitglieder durchaus informiert und sei auch im Falle des Honorar-Gutachtens keinen abweichenden Weg zur sonstigen Informationspolitik gegangen. „Das ist der Weg, den wir immer gehen, das ist der richtige Weg“, betonte Schmidt. „Dieser Text, der jetzt vorliegt, darf keine Grundlage für eine echte politische Auseinandersetzung werden, weil er dafür ungeeignet ist!“

Nach Ansicht Schmidts enthält das Gutachten derart viele falsche Prämissen, die unweigerlich zu falschen Schlussfolgerungen führen. Das sei für eine Reform der Arzneimittelpreis-Verordnung keine geeignete Basis.

„Es kann keine Honorarkürzung geben, und wir diskutieren auch nicht über eine Umverteilung. Wir wollen nicht in ein System hinein, in dem wir intern Gelder zwischen Apotheken unterschiedlicher Standorte, Betriebsgrößen und Schwerpunkte hin- und herschieben.“ Das löse keine Probleme, sondern sorge lediglich für unglaublich viel Zwist im Berufsstand. Aus diesem Grund weigere sich die ABDA auch, inhaltliche Details dieses Textes öffentlich zu diskutieren. „Wenn Sie das tun, sich mit einzelnen Vorschlägen des Textes auseinanderzusetzen, dann sind Sie schon mittendrin. Dann akzeptieren Sie die Logik, die in diesem Text steckt und versuchen, diesen Text durch Detaildiskussionen zu verschlimmbessern. Das Gutachten gehört in die Schublade und nicht in die konkrete Politik. Das ist unser Ziel, darum haben wir entschieden, eine öffentliche Debatte zu vermeiden“, erklärte Schmidt. Das bedeute jedoch nicht, dass die ABDA sich nicht mit dem Honorar-Gutachten auseinandersetze, die ABDA beschäftige sich seit Wochen intensiv mit dem Gutachten.

Doch auch diese Erklärungen des Präsidenten schienen die anwesenden Apotheker nicht zu befrieden, selbst „Buh-Rufe“ aus dem Publikum blieben nicht aus. Schmidt reagierte daraufhin etwas vehementer: „Wollen Sie denn öffentlich darüber diskutieren, welche Apotheke versorgungsrelevant ist und welche nicht? Ist es das was Sie wollen? Mit Leuten, die ein Drittel unserer Betriebe schließen wollen, wollen Sie mit solchen Leuten darüber diskutieren, welche Apotheke erhalten bleiben soll und welche nicht? Wollen Sie darüber diskutieren, was ein angemessenes Apothekereinkommen ist, ob 99.000 Euro für jemanden, der vielleicht einen Filialverbund mit drei Betrieben und 40 Angestellten leitet angemessen sind?“

Auch die Personalsituation gestaltet sich in vielen Apotheken als zunehmend schwierig. Einige Apothekeninhaber sprachen diesen Punkt daher auch in der berufspolitischen Diskussion an. In ihren schriftlich eingereichten Fragen beklagten einige Pharmazeuten außerdem, dass die Vergütung insbesondere für angestellte Apotheker wirtschaftlich unattraktiv sei – was den Personalmangel zusätzlich verschärfe.

Mit einer Männerquote gegen den Personalmangel?

Kiefer betrachtete in seiner Antwort die personelle Schieflage zunächst aus Sicht der Angestellten, beziehungsweise Arbeitssuchenden: „Die Auswahl ist gigantisch, wo überall Apotheker gebraucht werden“, sagte Kiefer bei der Diskussion. Egal in welchem Tätigkeitsfeld, überall gebe es Vakanzen. Das bedeute jedoch auch in der Konsequenz: „Diese Fachkräfte müssen auch produziert werden.“ Nimmt man den Blick der Arbeitgeber ein, bietet sich eine weniger positive Lage. Kiefers grundsätzlicher Wunsch: „Es kann nur so gehen, dass der Arbeitsplatz öffentliche Apotheke noch attraktiver gemacht wird.“ Konkrete Vorschläge machte Kiefer nicht. In der anschließenden Diskussion offerierte ein Apotheker seinen Vorschlag, um dem personellen Engpass in Apotheken beizukommen: „Ich bin für eine Quote der Erstsemester, sowohl bei Medizinern wie bei Pharmazeuten, die besagt, dass 40 Prozent Männer sein müssen.“ Der Vorschlag sorgte für nicht wenig Erheiterung bei den anwesenden Apothekern.

Ob zukünftig neue Dienstleistungen in deutschen Apotheken angeboten werden sollen, war ebenfalls ein gewünschtes Thema aus dem Publikum.

Impfen in der Apotheke? - Für Schmidt kein Thema

Doch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt stellte klar, dass er von neuen Aufgaben für die Apotheker - wie Impfen oder die Abgabe verschreibungspflichtige Arzneimittel - nichts halte. „Wenn wir wollen, dass die Ärzte unsere Professionalität anerkennen, müssen wir ihre anerkennen“, so Schmidt. Diese Leistungen seien nur in den Ländern etabliert, wo entweder ein Ärztemangel herrsche oder Ärzte auch apothekerliche Aufgaben übernehmen würden. Von einem Wettbewerb mit dispensierenden Ärzten riet der ABDA-Präsident deutlich ab: „Ob wir das gewinnen, ist fraglich.“ |

Sollen Apotheker impfen dürfen oder nicht?

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