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Beratung

Ungeliebtes Pausenbrot

Gesunde und leckere Verpflegung für Schulkinder

In einigen Bundesländern sind die Ferien schon zu Ende, in einigen haben sie eben erst begonnen. In allen steht aber ein neues Schuljahr bevor und frühes Aufstehen ist wieder angesagt. Häufig bleibt keine Zeit, in Ruhe zu frühstücken. Viele Erwachsene sind ohnehin Frühstücksmuffel und nehmen morgens nur einen Kaffee. Dann soll wenigstens die Pausenbox der Kinder mit gesundem Essen gefüllt sein. Doch was wird als gesund und ausgewogen empfohlen? | Von Claudia Bruhn

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) veröffentlicht regelmäßig Ernährungsempfehlungen für alle Altersgruppen. Sie basieren auf den allgemeinen Regeln, die sie auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse formuliert und in Zeitabständen aktualisiert. Das letzte Update der „10 DGE-Regeln“ erfolgte im vergangenen Jahr (s. Kasten). Für die Pausensnacks von Schulkindern hält die DGE beispielsweise Vollkornbrot oder Vollkornbrötchen, dünn bestrichen mit Butter, Margarine oder Frischkäse für geeignet. Als Belag werden fettarme Wurst (z. B. Bierschinken, Kasseler, Kochschinken, Lachsschinken, Putenbrust-Aufschnitt) oder Hart- oder Schnittkäse mit max. 50% Fett i. Tr. (z. B. Appenzeller, Bergkäse, Butterkäse, Camembert, Edamer, Gouda, Mozzarella, Tilsiter) bzw. ein vegetarischer Brotaufstrich (z. B. mit Aubergine, Kräuter, Paprika oder Tomate) empfohlen. Dazu gehört nach Ansicht der DGE immer frisches Gemüse und Obst der Saison wie Paprika, Möhren, Radieschen, Cocktailtomaten, Kohlrabi, Gurken, Apfel, Birne, Aprikose, Pfirsich, Weintrauben, Beeren, Kirschen, Kiwi, Mandarinen oder Ananas. Idealerweise werden sie mundgerecht geschnitten. Gelegentlich können Nüsse, Trockenobst oder ein (ungesüßtes) Müsli oder Milchprodukte (Joghurt, Quark) eine Alternative dazu sein.

Vollwertig essen und trinken

Die 10 Regeln der DGE

Die Regeln basieren auf Referenzwerten, Erkenntnissen aus evidenzbasierten Leitlinien, wissenschaftlichen Stellungnahmen und Positionen. Unter vollwertig ist zu verstehen, dass die Ernährung eine bedarfsgerechte Menge an Kalorien und Nährstoffen liefert, gut sättigt und die Gesundheit fördert. Gleichzeitig soll ein Spielraum für individuelle Vorlieben bleiben.

  • die Lebensmittelvielfalt genießen

  • Gemüse und Obst – nimm „5 am Tag“
  • Vollkorn wählen
  • mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen
  • gesundheitsfördernde Fette nutzen
  • Zucker und Salz einsparen
  • am besten Wasser trinken
  • schonend zubereiten
  • achtsam essen und genießen
  • auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben

[Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Stand: September 2017]

Zum Trinken empfiehlt die DGE ausreichend Flüssigkeit in Form von energiefreien oder -armen Getränken wie Wasser und ungesüßte Kräuter- und Früchtetees. Von Getränken wie Limonaden und Nektaren rät sie ab, da sie viel Zucker enthalten und den Durst nicht wirklich stillen. Wegen ihres hohen Kaloriengehalts können sie außerdem zur Entstehung von Übergewicht beitragen. Trinkmilch oder ungesüßte Mixgetränke eignen sich laut DGE für das Pausenfrühstück, sind aber keine Durstlöscher. Wegen ihres teilweise hohen Gehalts an Fett und/oder Zucker gehören Süßigkeiten wie Schokoriegel, süße Aufstriche, Gebäck oder Fruchtgummis laut DGE nicht zu den empfehlenswerten Produkten für die Pausenverpflegung.

Am besten schon zu Hause frühstücken

Die Menge des Schulfrühstücks richtet sich danach, ob die Kinder zu Hause bereits ein erstes Frühstück eingenommen haben. Nach Ansicht der DGE benötigen Kinder, die morgens zu Hause wenig oder gar nichts essen, in der Schule eine energiereichere Pausenverpflegung als Mitschüler, die den Tag mit einem Frühstück beginnen. Zur Vermeidung von Konzentrationsschwächen während des Unterrichts wäre es laut DGE optimal, wenn sich das erste Frühstück zu Hause und die Zwischenverpflegung in der Schule ergänzen. Wie es um die „Frühstückskultur“ in Familien mit Schulkindern bestellt ist, zeigt beispielsweise die „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS-Studie, Welle 1) des Robert Koch-Instituts. Danach früh­stücken bei den Drei- bis Sechsjährigen 88% der Kinder jeden Tag zu Hause. Bei den 14- bis 17-Jährigen sind es nur noch 53%. Aktuellere Ergebnisse werden im Laufe dieses Jahres von der KiGGS Welle 2 (2014 bis 2017) erwartet. Dafür führten geschulte Ernährungswissenschaftlerinnen von Juni 2015 bis September 2017 Hausbesuche durch und befragten Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren sowie ihre Eltern zum Ernährungsverhalten.

Bento – die japanische Variante der Lunchbox

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Die Mütter japanischer Schulkinder müssen sehr früh aufstehen. Denn in ihrer Kultur wird erwartet, dass sie für ihre Kinder eine Bento-Box frisch herrichten. Es handelt sich dabei um ein besonderes Behältnis zur Aufbewahrung von Speisen, das eine lange Tradition besitzt. Nicht nur Schulkinder, sondern praktisch alle Japaner, die unterwegs essen möchten, benutzen Bento-Boxen, die man auch fertig gefüllt in Supermärkten, an Kiosken oder auch in speziellen Bento-Läden erwerben kann. Bei Kindern und Jugendlichen sind aufwendig gestaltete Behältnisse mit Manga- oder Anime-Figuren besonders beliebt. Innerhalb der Bento-Box werden die einzelnen Speisen durch Schieber oder Trennwände separiert. Es gibt auch stapelbare Formen, das heißt zwei oder drei Bentos werden übereinander gelegt und mit Bändern zusammengehalten. Das Füllen der Bento-Box für ein Schulkind kann bis zu 45 Minuten in Anspruch nehmen.

Veränderungen des Essverhaltens in der Pubertät

In weiterführenden Schulen findet auch nachmittags Unterricht statt. Einige Schulen bieten über Catering-Firmen ein warmes Mittagessen an. Doch Jugendliche sind häufig nicht mehr bereit, daran teilzunehmen. Sie nutzen den Supermarkt oder den Bäcker in der Nachbarschaft der Schule, um sich mit Snacks zu versorgen. Die Gründe dafür liegen nicht nur darin, dass das Schulessen nicht schmeckt oder ein solches Angebot schlichtweg nicht existiert. Sie sind auch im Streben nach Selbstständigkeit, Abgrenzung und Freiraum in dieser Lebensphase zu suchen. Erhebungen zufolge ersetzen 20% der 14- bis 15-Jährigen fast täglich und 49% ab und zu die Hauptmahlzeiten durch Snacks. Mit ihrer Publikation „Snacks an weiterführenden Schulen“ will die DGE Schulen dabei unterstützen, eine ausgewogene Mittags- und Zwischenverpflegung anzubieten. „Jugendliche, die nicht an der Verpflegung der klassischen Menülinien des Mittags­angebots … teilnehmen, erhalten so die Möglichkeit, sich „snackend“ und dennoch ausgewogen und abwechslungsreich zu ernähren“, so das Ziel der Gesellschaft.

Nahrungsergänzungsmittel für Schulkinder?

Für Kinder, die Obst, Gemüse und andere empfohlene Nahrungsmittel verschmähen, erscheinen Nahrungsergänzungsmittel als sinnvolle Alternative. Besonders stark beworben werden Produkte, deren Inhaltsstoffe sich positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken sollen, wie beispielsweise mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Ein 2016 publizierter Cochrane-Review hatte untersucht, ob sich bei Kindern mit Lernschwierigkeiten (im Schreiben, Lesen und Rechnen) die Gabe von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (polyunsaturated fatty acids, PUFA) positiv auswirkt und fand dafür keine ausreichenden Belege. In manchen Pausenboxen finden sich künstlich angereicherte Nahrungsmittel wie Multivitaminsäfte oder Proteinshakes. Die DGE prä­feriert reichlich Obst und Gemüse als Vitaminquelle („5 am Tag“). Eine zusätzliche Proteinzufuhr erscheint vor dem Hintergrund der Ergebnisse der KIGGS-Welle 1 nicht empfehlenswert. Sie hatte ergeben, dass die Protein-Zufuhr bei Kindern und Jugendlichen weit oberhalb der Referenzwerte liegt.

Wie können sich Apotheken engagieren?

Apotheken können in ihrem Umfeld präventiv tätig werden, beispielsweise durch Aktionen zum Thema gesunde Ernährung oder Vorträge an Schulen. Beispiele für erfolgreiche Präventionsarbeit auf diesem Gebiet sind das Projekt „Essen mit Köpfchen“ von Apothekerin Susanne Engelmann aus Waldkrainburg, das Schulkindern Ernährungswissen vermittelt. Das Projekt „Ernährung und Bewegung“ von Dietmar Wolz und seinem Team von der Bahnhof-Apotheke in Kempten versucht Schulkindern nahezubringen, wie wichtig gesunde Ernährung in Kombination mit ausreichend Bewegung ist. Beide Projekte wurden im bundesweiten Wettbewerb „hauptsache prävention“ des WIPIG – Wissenschaftliches Institut für Prävention im Gesundheitswesen der Bayerischen Apothekerkammer und der Deutschen Apotheker Zeitung mit Preisen ausgezeichnet. |

Literatur

Berger R, Ditzel P. Prävention: Apotheken zeigen, was sie können. DAZ 2009;48:78

Das ideale Pausenfrühstück – Was sollen Kinder mit in die Schule nehmen? Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) vom 20. August 2014, www.dge.de

Snacks an weiterführenden Schulen. Hrsg. Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), 1. Auflage 2016

Tan ML et al. Polyunsaturated fatty acids (PUFAs) for children with specific learning disorders. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016;9:Art. No.: CD009398, DOI: 10.1002/14651858.CD009398.pub3

Was essen unsere Kinder? Erste Ergebnisse aus EsKiMo. Robert Koch-Institut 2007, www.rki.de, Stand 2009

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin. Sie schreibt seit 2001 regelmäßig Beiträge für die DAZ.

„Kinder essen keine Pausenbrote“

Ein Gastkommentar von Claudia Bruhn

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und freie Medizinjournalistin.

„Es ist nun mal ein Naturgesetz, das schon immer Bestand hat: Kinder essen keine Pausenbrote“, schreibt ein Vater in einem Elternblog. Ich finde, er hat recht. Zumindest teilweise. Denn spätestens ab dem Ende der Grundschulzeit ist es uncool, dass Mama noch Pausenbrote schmiert. Und außerdem: Vollkornbrot, „dünn bestrichen mit Butter, Margarine oder Frischkäse, … als Belag … fettarme Wurst“, wie es die DGE empfiehlt, ist nicht nur uncool, sondern einfach nicht lecker. Auch nicht, wenn Mama noch ein Salatblatt dazwischen legt. Denn wenn nach ein paar Schulstunden der kleine Hunger kommt, ist das Brot ein wenig angetrocknet und das Salatblatt schlapp. Also doch lieber den Kinderquark eines bekannten Herstellers mit zwei bis vier Stück Würfelzucker pro Becher mitgeben? Geht gar nicht. Der Nachwuchs denkt anders darüber: „Justin hat immer diesen X-Quark oder den Y-Schokoriegel in seiner Pausenbox. Kann ich den auch?“ Seufz. Also habe ich das Thema auf dem Elternabend angesprochen. Die Mutter neben mir erklärte uns: „Meine Lea-Sophie mag meine Dinkel-Vollkorn-Brötchen mit dem fettarmen Bio-Käse. Sie isst immer alles auf.“ Vorbildlich. Nachmittags gegen 15 Uhr kommt Dennis, der zwölfjährige Sohn meiner Nachbarin, aus der Schule. Bevor er ins Haus geht, nimmt er einen kleinen Umweg an den Mülltonnen vorbei, öffnet seinen Schulrucksack und lässt etwas, das wie eingewickeltes Pausenbrot aussieht, darin verschwinden. Lea-Sophie wird doch nicht …?

Vivians Eltern haben eine Zeitlang registriert, dass sie die Pausenbox fast unangerührt wieder mit nach Hause bringt. Nach einem Gespräch hat die 13-Jährige beschlossen, dass sie jetzt alt genug sei, sich ihr Frühstück selbst vorzubereiten. Meine Freundin Anna schmiert auch keine Pausenbrote mehr. Sie drückt ihren beiden Kindern jeden Morgen je eine Box mit saisonalem Obst und/oder Gemüse – aus dem eigenen Garten oder dem Bioladen – und einen Euro in die Hand. Denn die Inhaberin eines kleinen Lebensmittelgeschäfts gegenüber der Schule hat „super­leckere“ und dazu noch preiswerte Brötchen im Angebot, das die Kinder gern annehmen. Die Salatblätter darauf sind knackig, der Belag dick und kein bisschen verrutscht. Keine Kunst, denke ich. Diese Brötchen müssen keinen Transport im Schulbus und keinen freien Fall eines Schulrucksacks überstehen. In den Schulen meiner Kinder gab es manchmal einen Schulkiosk. Dort konnte man alternativ auch Schokoriegel kaufen.

Ich habe bei meinen Kindern mein Bestes versucht: Wünsche erfragt, Gemüse und Obst in mundgerechte Stücke geschnippelt und alles so appetitlich und verderbsicher wie möglich hergerichtet. Mein bevorzugtes Obst war eine Mischung aus blauen und gelben Weintrauben und Physialis. Beim Gemüse: verschiedenfarbige Sorten Minitomaten, möglichst Minigurken anstelle von Gurkenscheiben. Wenn der Tag länger war, gab es natürlich auch eine Süßigkeit (aber: nichts Süßes am Vormittag!). Ich glaube, meine Kinder haben viel getauscht. Das Essen von anderen ist immer attraktiver („Oaah, deine Mama macht immer so leckere Pausenbrote!“). Also werden sie sicher hin und wieder auch ein Vollkornbrötchen mit Biokäse abbekommen haben. Erst nach ihrer Schulzeit habe ich von den japanischen Bento-Boxen (s. Kasten) er­fahren. Die hätten ihnen gefallen, glaube ich. Und für mich kein Problem, bin Frühaufsteher …

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