DAZ aktuell

„Das ist protektionistisch“

Europa-Parlamentarier kritisieren Rx-Versandverbot

bro/ral | Das von der Bundesregierung geplante Rx-Versandverbot beschäftigt nun auch die Europa-Politik. Nachdem sich die Niederlande bereits über das geplante Verbot beschwert hatten, haben nun auch zwei Abgeordnete im Europa-Parlament das Thema aufgegriffen und schriftliche Anfragen an die EU-Kommis­sion gestellt, in denen sie die Pläne der Großen Koalition kritisieren.

Noch immer gibt es im Versandhandelskonflikt keine Lösung: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zwar angekündigt, bis zum Herbst einen Lösungsvorschlag vorzulegen. Wie dieser genau aussehen soll, ist aber noch völlig unklar. Mehrfach hat der Minister inzwischen durchblicken lassen, dass das im Koalitionsvertrag festgehaltene Verbot nicht seine Lieblingslösung sei und dabei auf recht­liche Probleme verwiesen. Allerdings betonte Spahn auch, dass er keine Rabattschlacht zulassen wolle und zu den Festpreisen im Rx-Bereich stehe.

Obwohl länger als anderthalb Jahre nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung also immer noch nicht klar ist, wo die Reise hingeht, wird der Versandhandelskonflikt auch auf europä­ischer Ebene immer mehr zum Thema. Jüngstes Beispiel: Zwei Abgeordnete aus dem Europa-Parlament haben den Konflikt in schriftlichen Anfragen an die EU-Kommission aufgegriffen. Zum einen der Litauer Antanas Guoga, der der konservativen Fraktion im EU-Parlament angehört. Seine Anfrage trägt den Namen „Die Situation des Apothekenmarktes in Deutschland“. Was die Bundesregierung plant, passt dem Litauer Gesundheitspolitiker gar nicht, er findet Deutschland müsse auslän­dischen Apotheken den Zugang erleichtern: „Allerdings hat Deutschland ganz im Gegenteil vor, den Online-Handel mit Rx-Arzneimitteln zu verbieten, um den eigenen Markt vor ausländischer Konkurrenz zu beschützen.“ Seine Frage an die EU-Kommission: „Wie schätzt die EU-Kommission diesen Fall eines protektionistischen Rx-Versandverbotes in Deutschland ein?“

Frage nach E-Commerce und E-Rezept

Die zweite Anfrage stammt von der Belgierin Lieve Wierinck, die Mitglied in der Liberalen-Fraktion und im Industrieausschuss ist. Ende Mai schickte sie eine Anfrage an die Kommission, in der sie zunächst darstellt, dass es bezüglich des Versandhandels zwei Sichtweisen in Europa gebe: „Die skandinavische Ansicht ist, dass Online-Verkäufe möglich sein sollten, wenn Versandhändler nicht aktiv in anderen Mitgliedstaaten werben. Die andere Sicht, die von mehreren süd­lichen EU-Staaten und nun auch von Deutschland geteilt wird, ist, dass der Online-Handel mit Arzneimitteln nicht gestattet sein soll, wenn die Arzneimittel im Zielland der Verschreibungspflicht unterstehen.“

Aus Wierincks Sicht geht es bei diesem Thema nicht nur um die Gesundheit der Patienten und um die Sicherheit. Vielmehr drehe sich der Konflikt auch um einen „fairen Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheken und Online-Apotheken“. Die belgische Abgeordnete weist darauf hin, dass Artikel 85c der EU-Richtlinie 2001/83/EG die Möglichkeit eines Rx-Versandverbotes in den EU-Staaten ausdrücklich offen lässt. Viel Verständnis hat Wierinck dafür aber augenscheinlich nicht. Denn sie fragt die Kommission: „Wie passt das zusammen mit der Vision des E-Commerce?“ In diesem Zusammenhang fragt sie auch nach der Zukunft des E-Rezeptes: „Ist ein EU-weites, digitales Authentifizierungssystem von E-Rezepten etwas, für das sich die EU-Kommission interessiert?"

Noch hat die Kommission auf beide Anfragen aus dem Parlament nicht geantwortet. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.