Die Seite 3

Weniger als Halbwissen

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Die „Zahl der Woche“ finden Sie – wie in jeder DAZ-Ausgabe – ganz am Schluss auf Seite 96. Mal handelt es sich um das kuriose Ergebnis einer Befragung, mal um eine ­erwähnenswerte Statistik und mal erregen Geldbeträge Aufsehen oder Besorgnis. Häufig bestätigt sich, was man eigentlich schon vermutet hat. Eine Zahl der Woche erscheint so harmlos und unauffällig in der täglichen Flut an Daten und Informationen. Gerade deshalb kann sie ein Anlass sein, sich bestimmte Entwicklungen und Tatsachen nochmal genauer anzuschauen.

Zwei Drittel der jungen Erwachsenen in Deutschland verfügen über eine problematische oder eingeschränkte Gesundheitskompetenz – so das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Stada Gesundheitsreport 2017 und unsere Zahl in dieser Woche.

Überraschend, wo doch im Zeitalter von sozialen Medien der Trend zum mündigen und selbstbestimmten Patienten längst begonnen hat. Über alle Altersklassen hinweg betrifft dies mehr als die Hälfte aller Deutschen – fasst eine Untersuchung der Universität Bielefeld zusammen. Wie machen sich diese Defizite bemerkbar? Nur wenige Befragte wussten zum Beispiel, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr zu Infektionen führt, dass Antibiotika gegen Bakterien ­wirken, dass Orthopäden keine ­Organschäden behandeln oder Krankenkassen sich aus den Beiträgen ihrer Versicherten finanzieren. Das Zurechtfinden im Gesundheitssystem fällt vielen schwer, Therapieanweisungen der Ärzte werden nicht ­richtig verstanden und die ­Gesundheitsvorsorge lässt zu wünschen übrig. Die Konsequenzen: Krankheitsphasen treten häufiger auf, Notaufnahmen und Rettungsdienste werden mit Bagatellerkrankungen konfrontiert und Ärzte müssen sich neben den tatsächlich hilfebedürftigen Patienten auch um die Aufklärung gesunder Menschen kümmern.

Als Fazit wird diskutiert, viel früher und intensiver gesundheitlich aufzuklären, zum Beispiel in neuen Schulfächern und mit digitalen ­Angeboten. So könnte man zumindest ein grundlegendes Bewusstsein schaffen und zusätzliche Informationen anbieten. Was die Studien aber auch zeigen: Die meisten Patienten suchen ihre Ärzte und ­Apotheker auf, um Antworten auf konkrete Gesundheitsfragen zu erhalten. Diese Tatsache unterstreicht einmal mehr, dass die Apotheken einen wichtigen Versorgungsauftrag für die Gesellschaft wahrnehmen. Sie fungieren als Wegweiser durch das System, motivieren zur Prävention, fördern das Vertrauen in Therapien und beraten zu Arzneimitteln und Medizinprodukten.

Aus Sicht der Gesundheitsökonomie ist das Besondere daran, dass sich diese Leistung nicht an der Zahl der abgegebenen Packungen messen lässt. Eine Tatsache, die das Honorargutachten völlig ignoriert hat. Das Angebot der Apotheken vor Ort steht nämlich für alle bereit, ­unabhängig davon, ob in einem Fall Umsatz ­getätigt wurde oder im ­anderen Fall nicht. Es ist das entscheidende Merkmal, das der Versandhandel nicht bieten kann und damit als gleichwertige Alternative ausscheidet.

Die Finanzierung sollte sich dabei nach dem gesetzlichen Versorgungs­auftrag richten und nicht nach den Vorstellungen und aktuellen Spar­plänen der Krankenkassen.

Dr. Armin Edalat

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