Arzneimittel und Therapie

Repaglinid für Mukoviszidose-Patienten

Eine Insulin-Alternative bei Typ-3-Diabetes

Durch bessere Therapieoptionen werden Patienten mit Mukoviszidose (cystische Fibrose, CF) zunehmend älter. Die Bedeutung von Folgeerkrankungen stieg daher in den letzten Jahrzehnten. So leiden rund 20% der jugendlichen Mukoviszidose-Patienten an Diabetes mellitus Typ 3. Dieser wird bisher mit einer Insulin-Therapie behandelt. In einer multizentrischen, offenen, randomisierten Studie wurde nun Repaglinid mit Insulin für die Therapie des Typ-3-Diabetes verglichen. Beide Optionen erwiesen sich als sicher und effektiv.

Mukoviszidose ist eine autosomal rezessive Erbkrankheit und eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Ein Defekt des CFTR-Gens (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator) führt zu einer Funktionsstörung eines Transport­kanals für Chlorid- und Bicarbonat-­Ionen der Schleimhautzellen. In der Folge entsteht außerhalb der Schleimhautzellen ein angesäuertes wasser­armes Milieu und somit zähflüssiger Schleim. Dieser ist kaum transportabel, verklumpt und verstopft Bron­chien sowie Gänge von Pankreas und Galle.

Zähes Sekret fördert Diabetes

Aufgrund verbesserter Therapieoptionen sterben Patienten mit cystischer Fibrose seltener im Kindes- und Jugendalter an Atemwegsinfektionen. Die Lebenserwartung ist in den letzten Jahrzehnten in Deutschland auf über 40 Jahre angestiegen. Damit einhergehend nahm die Bedeutung von Folgeerkrankungen zu. So leiden rund 20% der jugendlichen Mukoviszidose-Patienten und 40 bis 50% der Erwachsenen an Diabetes. Durch das zähe Sekret verstopfen Ausführungsgänge der Pankreas. In der Folge gehen benachbarte Inselzellen zugrunde, sodass die Insulin-Produktion sinkt. Der somit entstandene Typ-3-Diabetes wirkt sich oft negativ auf das Körpergewicht und die Lungenfunktion der Mukoviszidose-Patienten aus. Eine frühe Diagnostik mittels oralem Glucose-Toleranztest und frühzeitige Diabetes-Therapie wird daher angestrebt, um eine weitere Verschlechterung des Allgemeinzustandes der CF-Patienten zu verhindern. Bislang wird Typ-3-Diabetes bei Mukoviszidose-Patienten mit einer Insulin-Therapie mit mehrmals täglichen Insulin-Injektionen behandelt. Dies bedeutet jedoch für die Mukoviszidose-Patienten, welche bereits eine komplexe Mukoviszidose-Therapie erhalten, eine weitere Belastung. Die Behandlung mit einem oralen Antidiabetikum könnte hier Entlastung bieten.

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Bei Mukoviszidose steigt die Lebenserwartung zunehmend - und damit auch das Risiko, eine endokrine Pankreasinsuffizienz zu entwickeln. Wird dieser Diabetes Typ 3 frühzeitig erkannt, scheint Repaglinid genauso wirksam zu sein wie Insulin.

HbA1C-Werte ähnlich

In einer multizentrischen, offenen (nicht-verblindet), randomisierten Studie wurde Repaglinid mit Insulin bei der Diabetes-Therapie von Mukoviszidose-Patienten verglichen. Als primärer Endpunkt wurde die Glucose-Kon­trolle nach 24 Monaten mittels HbA1C-Wertbestimmung analysiert. In einer modifizierten Intention-to-treat-Analyse wurde neben der Effektivität auch die Sicherheit der beiden Therapieoptionen untersucht.

In die Studie wurden Patienten mit Mukoviszidose, einem Mindestalter von zehn Jahren und einem neu diagnostizierten Diabetes mellitus Typ 3 eingeschlossen. In der Repaglinid-Gruppe wurden die Daten von 30 der 34 Teilnehmer analysiert. Bei der Insulin-Gruppe wurden 37 von 41 Probanden in die Analyse einbezogen. Die Patienten waren im Durchschnitt circa 22 Jahre alt und mit etwa 60% mehrheitlich weiblich.

Nach 24 Monaten war der HbA1C-Wert in der Repaglinid-Gruppe von 6,4% (46 mmol/mol) auf 6,2% (43,9 mmol/mol) gesunken. In der Insulin-Gruppe wurde ein Anstieg von 6,6% (48,6 mmol/mol) auf 6,8% (51 mmol/mol) beobachtet. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen betrug -0,4% (-1,1 bis 0,2%) und war nicht signifikant (p = 0,15). Ebenso wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen bei der Entwicklung des Body-Mass-Index, der Lungenfunktion und der Blutglucose-Konzentration festgestellt. Auch schwere Nebenwirkungen wie Klinikeinweisungen aufgrund einer verschlechterten Lungenfunktion kamen in beiden Gruppen gleichermaßen oft vor (fünfmal in der Repaglinid-Gruppe, siebenmal in der Insulin-Gruppe).

Hohe Abbruchrate

Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass Repaglinid somit bei der Behandlung von Typ-3-Diabetes bei Mukoviszidose-Patienten ebenso effektiv und sicher ist wie Insulin. Kritisch ist jedoch anzumerken, dass in beiden Gruppen jeweils 42% die Behandlung abgebrochen haben. Dies war zum Teil auf eine unzureichende glykämische Kontrolle und auf Adhärenz-Probleme zurückzuführen. Durch die frühzeitige Diagnostik setzte die Therapie in einem Krankheitsstadium ein, in welchem teilweise die Notwendigkeit noch nicht von den Patienten gesehen wurde. Die Adhärenz-Probleme führten vorwiegend bei der Insulin-Therapie zum Abbruch. Folglich könnte Repaglinid bei frühzeitig diagnostiziertem Typ-3-­Diabetes bei Mukoviszidose-Patienten eine Brücke zur Insulin-Therapie darstellen. |

Quelle

Ballmann M, Hubert D et al. Repaglinide versus insulin for newly diagnosed diabetes in patients with cystic fibrosis: a multicentre, open-label, randomized trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2017; doi: 10.1016/S2213-8587(17)30400-X

Moran A. Cystic-fibrosis-related diabetes: time for oral drugs? Lancet Diabetes Endocrinol. 2017; doi: 10.1016/S2213-8587(17)30407-2

Helmholtz Zentrum München. www.lungeninformationsdienst.de, aufgerufen am 11. Januar 2018

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

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