Aus den Ländern

Mehr Forschung zu Kinderarzneimitteln

Nach zehn Jahre EU-Verordnung sind die Ergebnisse bescheiden

Im Jahr 2007 trat die Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 zu Kinderarzneimitteln in Kraft, die bei der Entwicklung neuer Medikamente die Untersuchung der Anwendbarkeit bei Kindern und Jugendlichen fordert und zugleich mit Anreizen die freiwillige Forschung auf diesem Gebiet fördert. Zehn Jahre später, am 16. November 2017, fand im Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen bei Frankfurt ein Workshop zu diesem Thema statt, den die Deutsche Gesellschaft für Regulatory Affairs (DGRA) organisiert hatte.

Unter der Moderation von Dr. Birka Lehmann berichteten und diskutierten Vertreter von Ethikkommissionen, Patientenorganisationen, akademischer Forschung sowie Bundesoberbehörden über die aktuelle Umsetzung der Verordnung.

Bisher nur drei PUMA-Zulassungen

Foto: privat
Dr. Andreas Franken

Die Position der Pharmaindustrie vertrat Dr. Andreas Franken, Abteilungsleiter im Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und Geschäftsführer der Initiative Arzneimittel für Kinder (IKAM). Er erläuterte die immer noch schwierige Situation der Planung und Durchführung von klinischen Prüfungen mit Kindern in Deutschland und stellte die Hürden und Fallstricke bei der Markteinführung sogenannter Paediatric Use Marketing Authorisations (PUMA) dar. Der Pharmaindustrie mangele es nicht an Initiative und Willen, derartige ­PUMA-Zulassungen zu erwirken. Die EU-Verordnung zu Kinderarzneimitteln biete hierbei ausreichend Ansätze zur Unterstützung und Hilfestellung, doch problematisch sei das geforderte Zusammenspiel aller Beteiligten, einschließlich der Patienten, der Eltern, der Behörden und insbesondere der staatlichen Gesundheitssysteme. Daher sei es nicht verwunderlich, dass es bislang in ganz Europa lediglich drei, bis Anfang 2018 möglicherweise vier PUMA-Zulassungen gibt.

Im 10-Jahres Bericht der Europäischen Kommission heißt es dazu sinngemäß: Bei Neuzulassungen von Arzneimitteln in Europa sind erhebliche Fortschritte zu beobachten; bei dem Konzept der PUMA-Zulassungen muss man sich jedoch noch mal zusammensetzen und darüber nachdenken, wie man diesem an sich guten Konzept ein wenig mehr Starthilfe geben kann [1].

Dr. Dirk Mentzer, PEI und Vorsitzender des Paediatric Committee der EMA, meinte dazu während des Workshops: „Nach zehn Jahren Verordnung sollte man denken, es gibt nichts Neues zu erzählen. Stattdessen – wenn ich mir heute die Diskussionen anhöre – habe ich den Eindruck, wir stehen am Anfang.“

Bessere Aufklärung der Patienten und ihrer Eltern

Die zögerliche Teilnahme von jugendlichen Patienten an klinischen Prüfungen hat unterschiedliche Ursachen. Während des Workshops beantwortete Dr. Annette Mund vom Kindernetzwerk die Frage, ob eine Kooperation aus Sicht der Kinder und Eltern im Bereich der Planung von Studien überhaupt erwünscht sei, durchaus positiv. Zusätzlich machte sie Vorschläge, wie aus Eltern- und Patientensicht die Akzeptanz für die Teilnahme an klinischen Studien verbessert werden könnte.

Möglicherweise aufgrund dieser An­regungen veröffentlichten das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das PEI am 23. November 2017 ein gemeinsames Informationsblatt „Klinische Prüfungen: Sichere Arzneimittel für Kinder und Jugendliche“ [2]. Das Informationsblatt soll Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern darüber aufklären, warum Studien zur Arzneimittelprüfung durchgeführt werden und was dabei passiert.

Der BAH und die IKAM begrüßen das Informationsblatt, wie Franken betonte. Es sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, und es bleibe zu hoffen, dass es die Adressaten erreicht und auch über ihre Medien weiterverbreitet wird. |

Dr. Andreas Franken/cae

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