Pro & Kontra

Impfungen ohne Rezept und in der Offizin

Was spricht dafür und was dagegen?

hb | In europäischen Ländern, wie zum Beispiel in der Schweiz oder in Großbritannien, haben die Kollegen uns eine ganz besondere Kompetenz voraus: Sie dürfen impfen – jedenfalls gegen bestimmte Infektionskrankheiten und unter bestimmten Voraussetzungen.

In der Schweiz wurde das Impfen in der Apotheke im Jahr 2015 unter ­bestimmten Voraussetzungen und ­Genehmigungen erlaubt. So müssen die Apotheker hierfür einen speziellen Fähigkeitsausweis erwerben. Dieser setzt eine fünftägige Schulung (plus Vorbereitungszeit) voraus. Bis Mitte September 2016 waren knapp 530 Apotheker mit dem Fähigkeitsausweis zertifiziert. In Zukunft soll die Befähigung zum Impfen bereits im Pharma­zie­studium vermittelt werden.

Mittlerweile darf in 18 Kantonen, hauptsächlich in der West- und Ostschweiz direkt geimpft werden. Die Impfbefugnisse sind in den Kantonen unterschiedlich ausgelegt und in der Regel beschränkt auf Impfungen ­gegen Grippe oder FSME. Auf www.impfapotheke.ch ist mit ­einem Klick auf eine übersichtliche Landkarte des Alpenlandes zu erfahren, in welcher Apotheke sich Erwachsene ohne Rezept direkt impfen lassen können.

Foto: Kaspar Müller-Bringmann

Auch in Großbritannien sind Impfungen in der Offizin an der Tagesordnung: Nach Angaben des Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNC) haben die öffentlichen Apotheker in England zwischen Anfang September 2016 und Ende März 2017 fast 820.000 Grippeimpfungen verabreicht. Der nationale Grippe-Impfdienst (Flu Vaccination Service) läuft dort seit 2015/2016. Bis September 2016 hatten sich 8424 Vertrags-Apotheken (rund 72 Prozent) zur Teilnahme an dem Service angemeldet.

Die Impfung muss in der Apotheke in einem Beratungsraum durchgeführt werden, der bestimmte Anforderungen erfüllen muss. Die Kenntnisse und Fähigkeiten sind in nationalen Mindeststandards niedergelegt. So müssen ­Injektionstechniken und ­lebensrettende Maßnahmen alle zwei Jahre aufgefrischt werden.

Weitere Länder, in denen das Impfen in der Apotheke schon etabliert ist und zu einer besseren Immunisierung der Bevölkerung geführt hat, sind zum Beispiel Irland, Portugal, aber auch die USA, Kanada oder Austra­lien. Es hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz von Impfungen zunimmt, wenn sie niederschwellig verfügbar sind: Die Zahl der Erwachsenen, die in öffentlichen Apotheken eine Grippeimpfung verabreicht bekamen, hat in den USA von 2015 auf 2016 um rund ein Viertel zugenommen.

In einer weltweiten Umfrage im Auftrag des Weltapothekerverbandes FIP gaben 13 von 45 Responderländern an, dass Apotheker impfen dürften. In 20 Ländern sei der Zugang zu Impfungen über Apotheken prinzipiell möglich.

Die Bedeutung der Apotheker für weltweite Immunisierungsmaßnahmen wurde im Jahr 2011 auch durch die Aufnahme des Services in „FIP-WHO-Leitlinien zur guten pharmazeutischen Praxis“ anerkannt.

Sind die Apotheker also auf dem richtigen Weg, wenn sie diese Kompetenz für sich in Anspruch nehmen? Prof. Dr. med. Robert Steffen, der in der Schweiz das Fähigkeitsprogramm mitentwickelt, selbst unterrichtet und Prüfungen abgenommen hat, bejaht dies: „Apotheker, die diese spezielle Ausbildung absolviert haben, beherrschen das Impfen genauso gut wie Ärzte. Für Erwachsene ohne wesentliche gesundheitliche Störungen ist das Impfen in der Apotheke ebenso sicher wie in der Arztpraxis.“ |

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