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Recht

Der schnelle Blick auf die Gefahrstoffe

Aktualisierung des „Emsbach-Posters“

Im ausgehenden 20. Jahrhundert formulierte die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) mit der Agenda 21 die Leitlinien für das 21. Jahrhundert. 172 Staaten fanden im Jahr 1992 einen Konsens über eine künftig nachhaltige Entwicklung, die sowohl den Bedürfnissen der jetzigen Generation wie auch den Möglichkeiten künftiger Generationen dienen soll. | Von Maria Regina Emsbach

Gemäß Kapitel 19 dieser Agenda 21 soll ein umweltverträglichen Umgang mit toxischen Chemikalien u. a. erreicht werden durch:

  • eine internationale Bewertung von durch Chemikalien ausgehende Risiken,
  • die Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien,
  • den Austausch von Informationen über toxische Chemikalien und Chemikalienrisiken,
  • Risikominderungsprogramme und
  • die Schaffung günstiger Voraussetzungen für ein wirk­sames Gefahrstoffmanagement in den einzelnen Ländern.

Umgesetzt wurden diese Forderungen u. a. durch REACH und GHS. Mit REACH, Registration, Evaluation, Authorisa­tion and Restriction of Chemicals, also Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien, wurde im Jahr 2007 das Chemikalienrecht mit der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) als unmittelbar gültiges EU-Recht harmonisiert und vereinfacht.

Das weltweite GHS, das Globally Harmonized System of Classification, Labelling and Packaging of Chemicals wurde Ende 2008 von der EU gering modifiziert als „EU-GHS“ übernommen. Als EU-Verordnung Nr. 1272/2008 wurde es Anfang 2009 unmittelbar geltendes EU-Recht. Diese EU-Verordnung, die auch als CLP-Verordnung bezeichnet wird, ist nach verschiedenen Übergangsfristen inzwischen für alle Stoffe und Gemische obligat. CLP ist die Abkürzung für Classification, Labelling and Packaging, also Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen.

Aus R- wurden H-Sätze

Im GHS-System weisen die H-Sätze, Hazard Statements, also Gefahren-Sätze (frühere „R-Sätze“) auf mögliche drei Gruppen von Gefahren hin, die von Chemikalien ausgehen können:

  • Dies können physikalische Gefahren sein, kodiert als H200-Reihe,
  • Gesundheitsgefahren, kodiert als H300-Reihe oder
  • Gefahren für die Umwelt, kodiert als H400-Reihe.

Zudem nutzt die CLP-Verordnung als „EU-GHS“ die Möglichkeit, auf zusätzliche, nicht im UN-GHS aufgeführte Gefahren innerhalb der EU in Form sog. EUH-Sätze hinzuweisen.

Aus S- wurden P-Sätze

Allen H-Sätzen sind P-Sätze, Precautionary Statements, also Präventions-Sätze (frühere „S-Sätze“) zugeordnet, die sich – soweit erforderlich – auf die

  • Prävention (P200-Reihe),
  • Reaktion (P300-Reihe),
  • Lagerung (P400-Reihe) und
  • Entsorgung (P500-Reihe) beziehen.

Das „Emsbach-Poster“

In meinem Poster „GHS-Umsetzungshilfe für den Arbeitsschutz in Apotheken“ sind alle H-Sätze in numerischer Reihenfolge mit Piktogramm(en) und dem Piktogramm-Code sortiert. Zugeordnet sind – soweit möglich – die alten R-Sätze und die alten Gefahrensymbole.

Zu allen H-Sätzen finden Sie die zugeordneten nach den P-Reihen sortierten P-Sätze, von denen z. B. im Fall einer Etikettenerstellung bei Gefahrstoffabgabe sinnvoll die zutreffendsten, in der Regel maximal sechs ausgewählt werden sollen.

Zudem wurde für die Gesundheitsgefahren das Farbkonzept der Bundesapothekerkammer (BAK) übernommen für potenzielle Gefährdungen

  • der Haut (dermal) durch Hautkontakt, Farbcode gelb: Schutzhandschuhe,
  • der Atemwege durch Einatmen (inhalativ), Farbcode orange: Atemschutz,
  • der Augen bei Kontakt, Farbcode hellblau: Schutzbrille,
  • spezifischer Zielorgane, kein zusätzlicher Farbcode, aber Farbcode gelb und orange: Schutzhandschuhe und Atemschutz wie
  • der Gesundheit bei Kontakt mit CMR-Stoffen (Keimzellmutagenität, karzinoge und reproduktionstoxische Wirkung), Farbcode rot: umfassende persönliche Schutzmaßnahmen wie Schutzhandschuhe, Schutzkleidung, Augenschutz, Gesichtsschutz.

Hierbei werden die o. g. durch die H-Sätze vermittelten Gefahren zusätzlich plakativ farblich visualisiert, um damit zusätzlich zu den P-Sätzen unmittelbar auf die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen hinzuweisen.

Seit dem ersten Erscheinen meines Posters „GHS-Umsetzungshilfe für den Arbeitsschutz in Apotheken“ sind bisher zehn Änderungen der CLP-Verordnung, sog. ATP verabschiedet worden. ATP bedeutet adaptation to technical and scientific progress, als Anpassungen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. Diese Änderungen treten aber erst in gewissem zeitlichen Abstand in Kraft: so trat die 8. ATP als EU-Verordnung 2016/918 vom 19. Mai 2016 am 1. Februar 2018 in Kraft. Zudem existieren grundsätzlich Übergangsregelungen für die aktuellen Anpassungen der Kennzeichnung, hier bis 1. Februar 2020.

Kostenloses Poster für alle DAZ-Abonnenten

Maria Regina Emsbach hat ihr Poster „GHS-Umsetzungshilfe für den Arbeitsschutz in Apotheken“ aktualisiert. Es liegt für alle DAZ-Abonnenten kostenlos dieser Ausgabe bei. Das Poster kann natürlich ab sofort beim Deutschen Apotheker Verlag auch (nach-)bestellt werden.

Maria Regina Emsbach
GHS-Umsetzungshilfe für den Arbeitsschutz in Apotheken
Poster
Format 59,4 × 84,1 cm, 15,60 Euro Bestellnummer 121400151
Deutscher Apotheker Verlag 2018

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Deutscher Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart
Tel. 0711 2582 341, Fax: 0711 2582 290
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oder unter www.deutscher-apotheker-verlag.de

Welche Änderungen betreffen die Apotheken?

Folgende bisherige Änderungen seit Erscheinen des ersten Posters können Relevanz für die Apotheken haben:

  • Es wurden drei zusätzliche, also neue H-Sätze geschaffen:
  • H229: „Behälter unter Druck, kann bei Erwärmung bersten“, Gefahrenklasse: „Aerosol 3“, Signalwort: „Achtung“, Kein Piktogramm, P-Sätze: P210, P251 und P410+P412.
  • Dieser neue H229 wurde zudem obligat den beiden folgenden H-Sätzen zugefügt: H222: „Entzündbare Aero­sole“, Gefahrenklasse: „Aerosol 1“, Signalwort: „Gefahr“ und H223: „Entzündbare Aerosole“, Gefahrenklasse: „Aerosol 2“, Signalwort: „Achtung“. Diese beiden so entstandenen quasi „Kombi-H-Sätze“ erhalten hierdurch aber weder ein zusätzliches Signalwort, noch ein zusätzliches Piktogramm noch zusätzliche P-Sätze.
  • Es wurde die Klasse chemisch instabiler Gase geschaffen:
  • H230: „Chemisch instabiles Gas“, Gefahrenklasse: „Chem. Unst. Gas A“, kein Signalwort oder Piktogramm, P-Satz: P202.
  • H231: „Chemisch instabiles Gas“, Gefahrenklasse: „Chem. Unst. Gas B“, kein Signalwort oder Piktogramm, P-Satz: P202.
  • Die Kriterien für die Prüfung und Einstufung der Aerosole wurden formal präzisiert.
  • Die Kriterien für die Prüfungen und Einstufungen als hautätzend/hautreizend und schwer augenschädigend/augenreizend wurden überarbeitet. Der Begriff „haut­ätzend“ wurde durch „Ätzwirkung auf die Haut“ ersetzt. Es wurden Ausnahmeregelungen von den Kennzeichnungsvorschriften für Stoffe oder Gemische geschaffen, die zwar als korrosiv gegenüber Metallen, nicht aber als haut- und/oder augenätzend eingestuft werden.
  • Es wurden einige Stoffeinträge geändert, wie z. B.: Bisphenol A wurde als reproduktionstoxisch von der Kategorie 2 höher in die Kategorie 1B eingestuft, die Einstufung von Glutaraldehyd wurde modifiziert, spezifische Konzentrationsgrenzen von NMP und Diisobutylphthalat wurden verschärft und zahlreiche Kupferverbindungen sowie Blei wurden neu in den Anhang VI aufgenommen.
  • Es wurden zahlreiche P-Sätze und deren Kombinationen angepasst durch Textänderungen, Einführung neuer und Aufhebung bisheriger P-Satzkombinationen, Änderung der Prioritätsordnung sowie der Anwendungsbereiche. Diese Änderungen, die seit dem 1. Februar 2018 gelten, wurden im aktuellen Posterupdate natürlich berücksichtigt.

Ausblick

Wie Sie sehen, entwickelt sich das Gefahrstoffrecht stetig weiter. Über aktuelle Änderungen können Sie sich zum Beispiel online bei der Bundesapothekerkammer (BAK) informieren, auf www.abda.de unter „Themen“ (z. B. „Arbeit in der Apotheke“ und dann z. B. „Arbeitsschutz“).

Auch erhalten Sie Informationen von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) auf www.baua.de unter „Themen“ (z. B. „Arbeitsgestaltung im Betrieb“ und dann z. B. „Gefahrstoffe“ oder unter „Anwendungssichere Chemikalien und Produkte“ und dann z. B. „Chemikalienrecht“). |

Autorin

Maria Regina Emsbach, Studium der Pharmazie in Bonn. 1991 Approbation als Apothekerin, anschließend Tätigkeiten in öffentlichen Apotheken. Weiterbildung Ernährungsberatung und Ausbildung zur Qualitätsbeauftragten im Sozial- und Gesundheitswesen an der Hochschule Niederrhein. QMS-Implementierung in einer öffentlichen Apotheke sowie in der internistischen Praxis ihres Ehemanns.

Langjährige Dozentin der PTA-Schule in Koblenz für Gefahrstoff-, Pflanzenschutz und Umweltschutzkunde und für Ernährungslehre und Diätetik sowie in den begleitenden Unterrichtsveranstaltungen im 3. Ausbildungsabschnitt an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz.

Langjährige Mitarbeit im LAK-QM-Ausschuss, im Expertengremium der BAK zur Umsetzung des Gefahrstoffrechts in Apotheken und im Berufsbildungsausschuss. Seit 2002 ehrenamtliche Pharmazierätin.

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