Aus den Ländern

Auf der Seite schlafen gegen Demenz

Politik und Fortbildung auf dem Bayerischen Apothekertag

AUGSBURG (jb) | Der Bayerische Apothekertag, der am 8. und 9. Juni 2018 in Augsburg stattfand, begann traditionell am Freitag mit dem politischen Teil. Und er begann mit einem Paukenschlag, als der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands, Dr. Hans-Peter Hubmann – Kammer und Verband veranstalten den Apothekertag gemeinsam –, in seiner Rede die Auflösung des GKV-Spitzenverbandes forderte (s. auch Seite 11 in dieser DAZ). Hintergrund war ein vor Kurzem vom Verband veröffentlichtes Positionspapier zum Apothekenmarkt. Am Samstag ging es dann mit der Fortbildung und der Ausstellung weiter.
Foto: Bayerischer Apothekerverband (BAV)
Der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands Dr. Hans-Peter Hubmann eröffnete die Messe.

Ein buntes Fortbildungsprogramm erwartete die Teilnehmer in der Kongresshalle in Augsburg. Den Anfang machte in gewohnter Manier die Lesmüller-Vorlesung, nachdem der Präsident der Bayerischen Apothekerkammer, Thomas Benkert, bei seiner Begrüßung noch einmal nachdrücklich dazu aufgerufen hatte, die Petition für das Rx-Versandverbot zu unterzeichnen – Listen lagen aus. Diesmal sprach Prof. Dr. Dr. hc. Andreas Kruse, Gerontologe aus Heidelberg, über das Altern. In einem multimedialen Vortrag – neben dem Referat gab es eine musikalische Darbietung und ein Gedicht – legte Kruse dar, dass das hohe Alter mit Verletzlichkeit konfrontiert sei, zugleich aber Möglichkeiten der seelisch­geistigen Reifung biete. Am Beispiel des schwer an den Folgen seines Diabetes mellitus leidenden Komponisten Johann Sebastian Bach erklärte der Gerontologe, welche unheimliche Schaffenskraft alte Menschen oft in den letzten Lebensjahren entwickeln, in dem Wunsch, der Nachwelt etwas zu hinterlassen und ihr von Nutzen zu sein. Das Resultat dieser Schaffenskraft bot Kruse dann am Klavier dar.

Nichts Neues bei ­Demenz

Im pharmazeutischen Teil sprach Prof. Dr. Hans Förstl, Psychiater aus München, über das Thema Demenz, bei dem es leider medikamentös in den nächsten Jahren nichts Neues geben werde, wie er ernüchtert feststellte. So sei die Zahl der Studien zu kausalen Ansätzen zurückgegangen. Es gebe eine gewisse Forschungsfrustration, die Förstl sehr bedauert. Die meisten laufenden Studien hätten die Sym­ptombehandlung zum Gegenstand.

Allerdings präsentierte er relativ neue Erkenntnisse, die bei der Prävention eine Rolle spielen könnten. So wisse man, dass im Schlaf das Gehirn von schädlichen Substanzen „gereinigt“ wird, zum Beispiel von β-Amyloid. Im Alter funktioniere das weniger gut, erklärt er. Bleibe zu viel des β-Amyloids im Gehirn „pappen“, bildeten sich die bekannten Plaques, die schlussendlich zur Demenz führten. Förstl erklärte, dass dieser nächtliche Abfluss unter Schlafmitteln nicht funktioniere, weil die Schlafarchitektur gestört und somit das Risiko für die Entwicklung einer Demenz stark erhöht sei. Zudem hätten Experimente ergeben, dass diese „Reinigung“ des Gehirns am besten in Seitenlage funktioniere. „Also raten jetzt nicht mehr nur die Kardiologen und Gastro-Enterologen auf der Seite zu schlafen, sondern auch die Neurologen“, so Förstl.

Foto: Bayerischer Apothekerverband (BAV)
Ungefähr 460 Teilnehmer waren zum Austausch nach Augsburg gekommen.

Im nächsten Vortrag ging es um den Anspruch und die Realität bei der Arzneimitteltherapiesicherheit in ­Altersheimen. Und beides drifte weit auseinander, wie der Referent Prof. Dr. Ulrich Jaehde, klinischer Pharmazeut aus Bonn, berichtete. Er präsentierte die Ergebnisse zweier Studien, die zeigten, inwiefern sich mit verschiedenen multiprofessionellen Ansätzen das Auftreten arzneimittelbezogener Probleme reduzieren lässt. Die Untersuchungen zeigten aber auch, dass es sehr viel zu tun gäbe und man dabei noch ganz am Anfang stünde, so Jaehde.

Zudem gab es unter anderem Vorträge über securPharm mit Berichten aus der Praxis, zu Rezepturproblemen, zu Cannabis und zur Palliativmedizin. Da sie zum Teil zeitgleich stattfanden, viel die Auswahl ob der vielen spannenden Themen schwer.

Zwischen den Vorträgen konnten die Teilnehmer sich auf der Ausstellung über das Angebot vieler Dienstleister aus der Apothekenbranche informieren. So waren zum Beispiel die führenden Softwarehäuser, die Treuhand, Wepa, die ApoBank und der apothekereigene Großhändler Sanacorp vor Ort. Außerdem informierte die Hilfsorganisation „Apotheker helfen“ über aktuelle Projekte, und Mitarbeiter von securPharm standen für Fragen zur Verfügung.

Insgesamt konnten sich Kammer und Verband über ca. 460 Besucher freuen. Darunter traditionell viele Studenten der vier bayerischen Universitäten, die jedes Jahr gern der Einladung der Kammer zum Apothekertag folgen. |

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