Arzneimittel und Therapie

Brustkrebs durch hormonelle Verhütung?

Risiko bei langjähriger Anwendung auch nach Absetzen erhöht

Eine dänische Studie ging der Frage nach, ob antihormonell wirksame Kontrazeptiva das Brustkrebsrisiko erhöhen, und schloss dabei auch neue Wirkstoffe in die Analyse ein. Ihr Fazit: Hormonelle Kontrazeptiva sind mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert, auch kombinierte Präparate mit einem niedrigen Estrogenanteil sowie reine Gestagene und Levonorgestrel-haltige Spiralen.

Betrachtet man die Studien zu einem möglichen Zusammenhang zwischen der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva und dem Brustkrebsrisiko, so findet man Daten, die von keiner Risikoerhöhung bis hin zu einem 20- bis 30%igen Risikoanstieg reichen. In älteren Untersuchungen wurde allerdings das Risikopotenzial neuer Wirkstoffe nicht berücksichtigt. Mit dieser Fragestellung befasste sich nun eine dänische Arbeitsgruppe. In Dänemark lassen sich Studien dieser Art besonders gut durchführen, da alle erforderlichen Daten in Registern umfassend gesammelt werden. Die prospektive Kohortenstudie schloss alle in Dänemark lebenden Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren ein. Die 1,8 Millionen Frauen der Kohorte wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich 10,9 Jahren beobachtet. Dies entspricht einer Beobachtungszeit von insgesamt 19,6 Millionen Personenjahren. In diesem Zeitraum waren 11.517 Brustkrebserkrankungen aufgetreten. Verschiedene Auswertungen zeigten, dass auch neuere Präparate zur hormonellen Kontrazeption mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko verbunden waren. Dieses stieg mit der Dauer der Anwendung und war auch Jahre nach dem Absetzen nachweisbar. Vergleicht man das Brustkrebsrisiko von Frauen, die derzeit hormonelle Kontrazeptiva anwenden oder bis vor Kurzem verwendeten, mit demjenigen von Frauen, die niemals hormonell verhütet hatten, so war die hormonelle Verhütung mit einem um 20% erhöhten relativen Risiko verbunden, an einem Mammakarzinom zu erkranken (1,20; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,14 – 1,26).

Foto: Africa Studio – stock.adobe.com
Wer hormonell verhütet, sollte sich des erhöhten Brustkrebsrisikos bewusst sein.

Langanhaltende Risikoerhöhung

Das relative Risiko stieg mit der Dauer der Anwendung: Bei Kontrazeptiva-Anwendung bis zu einem Jahr betrug es 1,09 (95%-KI 0,96 – 1,23), bei einer Anwendung von zehn und mehr Jahren 1,38 (95%-KI 1,26 – 1,51; p = 0,002). Auch nach Beenden der hormonellen Kontrazeption war das Brustkrebs­risiko noch vorhanden, wenn die Präparate längerfristig (fünf bis zehn Jahre) verwendet worden waren: Im Vergleich zu Frauen, die nie hormonell verhütet hatten, war das relative Risiko fünf bis zehn Jahre nach Absetzen um 30% erhöht.

Unterschiede nicht signifikant

Das Brustkrebsrisiko lag bei oral eingesetzten Kombinations-Kontrazeptiva zwischen 1,01 und 1,62. Die Subgruppenanalysen ergaben zwar einige Unterschiede zwischen den einzelnen kombinierten Hormonpräparaten, nach Korrektur für multiples Testen waren diese jedoch nicht mehr signifikant. Auch orale Gestagen-Monopräparate (Levonorgestrel) sowie die Anwendung eines Gestagen-haltigen Intrauterin-Systems waren mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert. Der Vergleich von Frauen, die mithilfe einer Levonorgestrel-haltigen Spirale verhüteten oder verhütet hatten, mit Frauen, die niemals hormonell verhütet hatten, führte zu einem relativen Risiko von 1,21 (95%-KI 1,11 – 1,33).

Absolutes Risiko eher gering

Der absolute Anstieg der Mammakarzinome bei gegenwärtigen oder früheren Anwenderinnen jeglicher hormonellen Kontrazeption betrug 13 pro 100.000 Personenjahre oder – in anderen Worten ausgedrückt – pro 7690 Frauen, die ein Jahr lang hormonell verhütet hatten, trat ein zusätzlicher Brustkrebsfall auf. Dieses insgesamt eher geringe Risiko sollte im Hinblick auf die Vorteile einer hormonellen Verhütung abgewogen werden. |

Quelle

Morch LS et al. Contemporary hormonal contraception and the risk of breast cancer. New Engl J Med 2017;377(23):2228-2239

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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