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Kein X für ein U

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

2018 wird die Digitalisierung in Deutschland wieder Thema sein – für die neue Bundesregierung und uns als Berufsstand. Der ­digitale Wandel beansprucht, für eine ­moderne und nachhaltige Gesellschaftsordnung zu stehen. Uber, Airbnb, Facebook oder Alibaba schaffen es, die klassischen Branchen und etablierten Geschäfts­modelle vollständig umzuwälzen und vom Markt zu ­verdrängen. ­Diese Form der Zerstörung, die digitale Disruption, gelingt den Unter­nehmen dabei ganz ohne Gewalt. Es geht darum, den Konsumenten alt­bekannte Dienstleistungen und ­Produkte überall und möglichst preisgünstig bereitzustellen, ohne selbst Ressourcen einzusetzen. Uber gilt als größtes Taxiunter­nehmen der Welt ohne eigene Fahrzeuge, Airbnb als Hotelriese ohne Zimmer, Facebook als Medienunternehmen ohne eigene Produktion und Online-Händler wie Alibaba generieren ihre Umsätze mit Waren aus fremden Lagern.

Experten gehen davon aus, dass die digitale Disruption fast alle Berufsgruppen und Branchen in den nächsten Jahren erfasst. Was wird aus dem pharmazeutischen Personal und der Institution Apotheke? ­Reihen wir uns ein in die Liste derer, die am Ende digital überrollt und zerstört werden? Oder genießen wir als Teil des Gesundheitswesens einen besonderen Schutz?

Aktuell eröffnet die Digitalisierung der Gesellschaft eine aussichts­reiche Perspektive. Die Möglich­keiten zur Fortbewegung und Kommunikation werden vielfältiger und einfacher. Dienstleistungen und Produkte werden durch Teilen, Vergleichen und stärkeren Wettbewerb für mehr Menschen bezahlbarer. Gleichzeitig können vorhandene Ressourcen effizienter genutzt ­werden. Aber kommen diese Vor­züge nur durch die Verbreitung und Vernetzung moderner Hard- und Software zustande? Oder profitiert letztendlich eine kleine Gruppe auf Kosten der Allgemeinheit?

„Je weniger Regeln, desto besser“ ist ein Leitsatz in der Gründerszene des Silicon Valley. Doch der unternehmerische Erfolg darf sich nicht durch die Verschlechterung von Qualität, Sicherheit oder Arbeitsbedingungen ergeben. Bei Uber beispielsweise ist der Fahrpreis durch Angebot und Nachfrage geregelt und nicht mehr durch fixe Tarife wie beim Taxi. Kranke könnten sich bei einem Unwetter also die Fahrt zum Arzt nicht mehr leisten. Außerdem wird bemängelt, dass sich Uber lediglich als Plattformanbieter sieht und nicht kontrolliert, ob die Fahrer über Versicherungen und medizinische Untersuchungen verfügen.

Die Schattenseiten der Digitalisierung stehen mittlerweile in öffent­licher und politischer Kritik. Die Chancen und Verpflichtungen aber, die mit ihr verbunden sind, dürfen wir als Berufsstand dabei keinesfalls aus den Augen verlieren. In der aktuellen DAZ möchten wir der Frage nachgehen, wie viel Digitalisierung die Patienten tatsächlich von uns erwarten – heute und in den nächsten Jahren. Apotheken bieten schon jetzt beste Präsenz, Kompetenz und die effiziente Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Wie kann die Digitalisierung dieses System weiterbringen? Wo dient sie dagegen nur als Vorwand für ein­seitige (wirtschaftliche) Interessen? Lassen wir uns kein X für ein U vormachen.

Die DAZ-Redaktion wünscht Ihnen einen guten Start in das neue Jahr.

Dr. Armin Edalat

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