Gesundheitspolitik

Becker: Die Importquote muss weg!

MÜNCHEN (du/az) | DAV-Chef Fritz Becker hat anlässlich der Expopharm-Eröffnung die Forderung nach einer sofortigen Streichung der Importquote bekräftigt.

Fritz Becker startete seinen Lagebericht zur Eröffnung der Expopharm am 10. Oktober in München mit den Arzneimittel-Skandalen, die in den vergangenen Monaten für Unruhe gesorgt haben. Rund 900.000 mit Valsartan behandelte Patienten in Deutschland fragten sich, ob sie seit Jahren potenziell krebserregende Arzneimittel eingenommen hätten. Und in Berlin und Brandenburg könnten mindestens 280 Krebspatienten nicht sicher sein, ob sie mangels Kühlung unwirksame Medikamente erhalten hätten. Verschärft würde die Situation, so Becker, durch immer häufiger werdende Rückrufe von Arzneimitteln und Lieferengpässe, von der auch lebenswichtige Arzneistoffe wie Antibiotika und Impfstoffe betroffen seien.

Foto: DAZ/Alex Schelbert
Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV): „Arzneimittel dürfen nicht zur reinen Handelsware degradiert werden!“

Erst der Gesetzgeber, dann die Rahmenvertragspartner

Dieser Entwicklung will Becker nicht länger zusehen: „Arznei­mittel dürfen nicht zur reinen Handelsware degradiert werden!“ Doch genau das sei das Geschäftsmodell der Importeure: Sie kauften Arzneimittel in Ländern mit günstigen Preisen, um sie dann in anderen Ländern teuer zu verkaufen. Die Handelswege seien verschlungen, kaum nachvollziehbar und machten es kriminellen Kräften denkbar einfach, gefälschte Ware einzuschleusen. Die Abschaffung der Importquote ist daher in den Augen von Becker zwingend geboten. Sie sei ein überholtes Kosteninstrument, das im Zeitalter der Rabattverträge kaum noch Einsparungen generiere, dafür aber die Patientensicherheit massiv gefährde. Becker forderte die Politik auf, den Weg für die Streichung frei zu machen. Dazu müsse sie § 129 SGB V zunächst anpassen, dann könnten DAV und GKV-Spitzenverband die Importquote im Rahmenvertrag streichen.

Kontrollen haben auf allen Ebenen versagt

Nach wie vor erschüttert zeigte sich Becker, dass 17 Generikahersteller in Deutschland ihre Valsartan-haltigen Produkte zurückrufen mussten und keiner die mindestens seit 2012 vorhandenen Verunreinigungen bemerkt hat. Die Qualitätskontrollen hätten auf allen Ebenen versagt, die deutschen und auch die europäischen Aufsichts- und Kontrollbehörden seien ihrer Überwachungspflicht der Arzneimittelproduktion nicht nachgekommen. Nur wenn es gelinge, die Qualitätskontrollen den veränderten globalen Produktionsbedingungen anzupassen, so Becker, nur wenn massiv in die Qualitätssicherung von Arzneimitteln investiert werde, könne das ver­loren gegangene Vertrauen der Patienten zurückgewonnen werden. Allerdings äußerte Becker auch Verständnis für die Hersteller, die ihre Wirkstoffe nicht mehr selbst produzieren, sondern auf Billiglohnländer ausweichen. Denn die gesetzlichen Krankenkassen würden über die Rabattverträge die Preisschraube immer weiterdrehen, bis die maximalen Therapiekosten bei nur noch wenigen Cent liegen würden. Solche Preise ließen sich nur mit Wirkstoffbezug aus Ländern wie Indien und China realisieren, Ländern, in denen die Produktion schon aufgrund ihrer Entfernung nur schwer zu kontrollieren ist. Wenn aber die Qualität von lebenswichtigen Arzneimitteln nicht mehr gewährleistet sei und die Sicherheit der Patienten auf dem Spiel stehe, sei die Grenze erreicht. Becker: „Was muss noch alles passieren, bis die Krankenkassen erkennen, dass es gute und sichere Arzneimittel eben nicht zu Dumpingpreisen gibt?“

Für Becker zeigt das Beispiel Val­sartan aber auch, was auf dem Spiel steht, wenn das System der flächendeckenden Versorgung ausgehöhlt wird. Denn nur das enge Netzwerk der Vor-Ort-Apotheken in Zusammenspiel mit der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker und dem Zentrallabor der Deutschen Apotheker hätten dafür gesorgt, dass immer die aktuellsten Informationen zur Ver­fügung standen und der Rückruf reibungslos funktioniert habe.

Securpharm: Nachzügler sollen sich zügig registrieren

Becker sprach zudem ein weiteres Projekt an, bei dem die Patientensicherheit im Mittelpunkt steht: Securpharm. Nach sieben Jahren Vorarbeit sei man nun auf der Zielgeraden. Die überwiegende Mehrheit der Apotheken habe sich bereits auf dem N-Ident-Portal der Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) angemeldet und legitimiert. Aktuell laufe die Ausstellung der entsprechenden Zertifikate. Auch die Softwarehäuser veröffentlichten jetzt ihre Updates. Apotheken, die sich noch nicht für den Securpharm-Zugang registriert haben, riet Becker dringend, dies zügig zu tun, um am 9. Februar 2019 startklar zu sein. |

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