Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Vom Winde verweht

Von Sprichwörtern und Redensarten

Andreas Kaapke

Als Wetterausprägung ist der Wind in aller Munde und hat es ob seiner Bedeutung für die Menschen in zahlreiche Sprichwörter und Redewendungen geschafft. Wenn jemand etwas ahnt oder per Zufall von etwas Kenntnis nimmt, spricht man auch davon, Wind von etwas zu bekommen. Lässt man Dinge unbeachtet, macht sich nichts daraus oder weist man Bedenken und Ratschläge von sich, schlägt man sprichwörtlich etwas in den Wind. Redet man in den Wind, ist gemeint, dass alles Gesagte vergeblich war und ist. Der Wind trägt quasi die Worte dahin, ohne dass sie Frucht tragen. Ähnliches gilt für vergebliches Tun, das sich aus der Flüchtigkeit und Ungebundenheit des Windes ableiten lässt, wenn man demnach etwas in den Wind bläst. Prahler, Selbstbeweihräucherer oder Schwätzer machen schon mal Wind, leeres Gerede wird deshalb auch als Wind machen bezeichnet. Allein vom Wind kann keiner leben, hier wird der Wind Speisen entgegengesetzt. Schnell wie der Wind beschreibt besonders rasche Zeitgenossen, die den Wind zu nutzen wissen. Wer die Bestrebungen anderer lahmlegt, diese gar blockiert, nimmt ihnen den Wind aus den Segeln. Im Gegenzug hat derjenige Wind in den Segeln, der rasch vorankommt und gute Erfolge aufzuweisen hat. Wind von vorne bekommt, wer eine Verwarnung erhält. Der also, dem der Wind ins Gesicht bläst, der dem Wind (schutzlos) aus­gesetzt ist, viel aushalten muss, nackt im Wind steht. Wer sich auskennt, weiß woher der Wind weht. Und wenn etwas verlustig geht, ungeahnt verschwindet, plötzlich nicht mehr da ist, dann nennt man das auch vom Winde verweht. Wer Erfahrungen in der Fremde sammelt, muss sich schon mal Wind um die Nase wehen lassen. Und der Wind hat sich dann gedreht, wenn Stimmungen kippen oder sogar ins Gegenteil umkehren. Dort wo Zucht und Ordnung die Oberhand gewinnt und es deutlich strenger zugeht als gewohnt, weht ein anderer Wind. Wer Zeit hat, wartet auf einen günstigen Wind, um dann, so er ihn erwischt, mit dem Wind zu segeln. Die Gesinnung wechseln je nach Situation wird auch als sich nach dem Wind drehen bezeichnet. Schließlich ist ein Windei der, der nutzlose Arbeit verrichtet, und wer einen von vornherein aussichtslosen Kampf zu führen versucht oder sich seine Gegner bloß einbildet, kämpft sprichwörtlich gegen Windmühlen.

Vor vielen Jahren schon hat sich der Wind für die Apotheker gedreht. Zählten sie bis lange in den 90er-Jahren zu den Honoratioren der Bevölkerung, wurde ihr Nimbus sukzessive angekratzt. Zwar segeln sie – will man den vielfach durchgeführten Befragungen bei Endverbrauchern Glauben schenken – nach wie vor voll im Wind. Wie kommt es dann aber, dass der Versandhandel so rasch zunimmt, die Offizinapotheken aber in ihrer Zahl signifikant rückläufig sind? Entweder, weil auch der Versandhandel mit Arzneimitteln als klassische Apotheke gesehen wird und Rückenwind hat, oder aber weil Anerkennung nicht gleich­zeitig Ertrag bedeutet.

Die Politik hat den Apotheken gegenüber viel in den Wind geredet. Die Bemühungen von Gröhe zum Rx-Versandverbot sind fast verpufft und auch sonstige Bekenntnisse von Politikern müssen als Fensterrede und in den Wind gerufen gelten. Noch sind die Apotheken nicht vom Winde verweht, aber dass man Wind von vorne bekam und dass nach mittleren Brisen mancher Sturm den Apotheken entgegenschlug und wohl weiter entgegenschlagen wird, ist unbestritten. Dabei gäbe es genug Wind in den Segeln, Erfolge, auf die sich aufbauen ließe, vielleicht nicht von allen an allen Orten, von vielen oder manchen aber schon. Schnell wie der Wind sind Apotheken in der Regel nicht, Ausnahmen mögen die Regel bestätigen. Das Honorargutachten wurde von der Standesvertretung in den Wind geschlagen, besser wäre gewesen, man hätte früh von den Ergebnissen Wind bekommen und entsprechend reagiert. Der Wind ist rauer geworden, der Wind hat sich gedreht, aber die Apotheker haben sich nicht nach dem Wind gedreht. Dort, wo sich Winde drehen können, kann auch eine Rückbesinnung stattfinden. Bleibt zu hoffen, dass all das Tun der vergangenen Jahre kein Windei wird und dass man nicht mit der gewählten Strategie einem sinnlosen Kampf nachgegangen ist – gegen Windmühlen. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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