Wirtschaft

Wann lohnen längere Öffnungszeiten?

Wie Sie die richtige Balance zwischen Mehrumsatz und Mehrkosten finden

cha | Nicht nur Supermärkte, sondern auch Arztpraxen haben heutzutage oftmals zu späterer Stunde noch geöffnet. Ganz zu schweigen vom Internet, das täglich 24 Stunden verfügbar ist. Da stellt sich die Frage, wie die Apotheke sich zwischen Kundennutzen und wirtschaftlichen Zwängen positionieren sollte. Antworten gibt eine Analyse der Treuhand Hannover GmbH Steuerberatungsgesellschaft.

Es gibt gute Argumente sowohl für als auch gegen längere Öffnungszeiten. Dafür spricht,

  • dass sich die Apotheke an die Öffnungszeiten von Arztpraxen und Frequenzbringern im Umfeld anpasst,
  • wenn echte Mehrumsätze erzielbar sind und nicht nur eine Verschiebung der Kundenfrequenz stattfindet sowie
  • ein Gewinn an Image aufgrund des guten Services erzielt werden kann.

Kürzere Öffnungszeiten empfehlen sich dagegen, wenn Umsätze bei früherer Schließung nicht wegfallen, sondern sich nur anders auf den Tag verteilen. Dann können Personalkosten reduziert bzw. Neueinstellungen vermieden werden – was gerade angesichts der aktuellen Personalknappheit von Vorteil ist.

Foto: contrastwerkstatt – stock.adobe.com
Zu welcher Zeit steht die Tür offen? Wann sich kürzere oder längere Öffnungs­zeiten auszahlen können, zeigt eine Analyse der Treuhand Hannover.

Mit der Frequenzanalyse kritische Zeiten beleuchten

Um für die eigene Apotheke heraus­zufinden, welche Argumente im Endeffekt mehr zutreffen, empfiehlt die Treuhand Hannover eine EDV-Auswertung der täglichen durchschnittlichen Kundenfrequenz und Umsätze in 60- oder 30-Minuten-Schritten.

Beispiel 1: Für die Durchschnittsapotheke und 55 Öffnungsstunden die Woche
Personal- und variable Kosten gedeckt
Gesamtkosten gedeckt
Gesamtkosten gedeckt + durchschnittliche Umsatzrendite erzielt
Zu decken sind 86 Euro Personal­kosten je Öffnungsstunde und geschätzt 2,0 Prozent variable Kosten
Zu decken sind 143 Euro Gesamt­kosten je Öffnungsstunde.
Zu decken sind 143 Euro Gesamt­kosten je Öffnungsstunde und ein Gewinn von 6,2%.
Bei einem Rohgewinn von 24,0% wäre dafür ein Nettoumsatz von 391 Euro je Öffnungsstunde nötig.
Bei einem Rohgewinn von 24,0% wäre dafür ein Nettoumsatz von 594 Euro je Öffnungsstunde nötig.
Bei einem Rohgewinn von 24,0% wäre dafür ein Nettoumsatz von 801 Euro je Öffnungsstunde nötig.

Quelle: Externer Betriebsvergleich der Treuhand Hannover GmbH 2018

Beispiel 1 zeigt, welchen Umsatz eine Durchschnittsapotheke erreichen muss, um Kosten zu decken bzw. Gewinn einzufahren: Um je Öffnungsstunde 143 Euro Gesamtkosten zu decken und einen Gewinn von 6,2 Prozent zu erzielen, wäre bei einem Rohgewinn von 24,0 Prozent ein Nettoumsatz von 801 Euro nötig.

Stellt man eine entsprechende Berechnung für die eigene Apotheke an und vergleicht diese mit der Frequenzanalyse, so zeigt sich, wann kundenstarke, kundenschwache und sogar kritische Zeiten sind, in denen nicht einmal Personal- und variable Kosten gedeckt sind. Anhand dieser Analyse kann zunächst der Personaleinsatz optimiert werden. Im nächsten Schritt lassen sich die kritischen Zeiten näher beleuchten.

Frühere Schließung: Aus­wirkung auf Rohgewinn

Im Beispiel 2 wird untersucht, welche Auswirkungen eine frühere Schließung – 18.30 Uhr statt 19.00 Uhr – auf den Rohgewinn einer fiktiven Apotheke haben könnte. Die Tabelle zeigt, dass die wirtschaftlich günstigste Lösung wäre, wenn die Apotheke in der frequenzarmen Zeit zwischen 18.30 und 19.00 Uhr geschlossen wird. Das gilt allerdings nur für den Fall, dass die Personalkosten angepasst werden können. Ist das zumindest kurzfristig nicht sinnvoll oder möglich, wäre die frühere Schließung die wirtschaftlich ungünstigste Lösung. Dann sollte die Apotheke weiterhin um 19.00 Uhr schließen, da ansonsten nur die variablen Kosten wegfallen, die Personalkosten aber gleich bleiben würden.

Beispiel 2: Feinplanung einer „kritischen“ Öffnungszeit
Eine Frequenzanalyse ergibt, dass die Apotheke zwischen 18.30 und 19.00 Uhr nur 200 Euro Nettoumsatz erzielt.
Bei 24,0% Rohgewinn werden 48 Euro Gewinn vor Kosten erlöst.
Man schätzt, dass bei früherer Schließung 50% der Kunden gehalten werden können.
Somit beträgt der Rohgewinnverlust bei Schließung 24 Euro.
In der Zeit zwischen 18.30 und 19.00 Uhr errechnen sich folgende Kosten:
  • 28 Euro Personalkosten inklusive Arbeitgeberabgaben für eine Approbierte und eine PTA
  • 2 Euro variable Kosten
  • 28 Euro fixe Kosten
Status quo:
Schließung um 18.30 Uhr ohne Anpassung der Personalkosten:
Schließung um 18.30 Uhr mit Anpassung der Personalkosten:
Von den 48 Euro Rohgewinn gehen 30 Euro Kosten ab. Es ver­bleiben 18 Euro zur Deckung der ­Fixkosten.
24 Euro Rohgewinn wird gehalten, aber es gehen 28 Euro Kosten ab. Es verbleiben -4 Euro zur Deckung der Fixkosten.
24 Euro Rohgewinn wird gehalten, die Kosten fallen weg, daher ver­bleiben 24 Euro zur Deckung der ­Fixkosten.

Quelle: Treuhand Hannover GmbH 2018

Entscheidend ist also in diesem Beispiel, inwieweit es möglich ist, die Personalkosten zu reduzieren – beispielsweise wenn Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten verringern oder ganz ausscheiden und Stellen nicht neu besetzt werden. |

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