Gesundheitspolitik

Lügen kosten die Betriebserlaubnis

Verstöße gegen das Apothekenrecht: Gericht bestätigt Widerruf im Eilverfahren

BERLIN (ks) | Auch ein Apothekeninhaber, der seine Apotheke nur kurzfristig verlässt, ohne für eine approbierte Vertretung zu sorgen, verstößt gegen Apothekenrecht. Kommen weitere Verstöße und sogar Lügen gegenüber der Aufsicht hinzu, kann das die Betriebserlaubnis kosten. Das erfährt dieser Tage eine Apothekerin, die zwei Apotheken in Schleswig-Holstein betrieb. (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 21. August 2018, Az.: 7 B 103/18)

Zwischen August 2017 und dem Frühjahr 2018 war die Apothekerin der Aufsicht gleich mehrfach aufgefallen. Angefangen hatte es mit einem anonymen Hinweis, der die Behörde veranlasste, die Personalsituation in der einen Apotheke zu überprüfen. Es zeigte sich, dass keine approbierte Leitung anwesend war. Die Apothekerin erklärte dazu, sie sei alleinerziehende Mutter und habe mit einem ihrer Kinder, das geblutet habe, ins Krankenhaus fahren müssen.

Kellerfenster statt Tiefschlaf

Es folgten erneut anonyme Hinweise und im September 2017 eine weitere Überprüfung, bei der abermals nur eine PTA angetroffen wurde. Diese erklärte, dass die Apothekerin in einem Hinterzimmer sehr tief schlafen würde. Etwa 40 Minuten später erschien die Apothekerin in der Offizin und gab ebenfalls an, sie habe im Keller der Apotheke sehr fest geschlafen. Sie verwies darauf, dass es nur einen Eingang zur Apotheke gebe, durch den sie seit Eintreffen des Mitarbeiters der Aufsichtsbehörde nicht gekommen sei. Doch der PTA kamen Bedenken: Sie schrieb der Aufsichtsbehörde, dass sie aus Angst um ihren Arbeitsplatz gelogen habe. Die Apothekerin sei zu Hause gewesen, und als der Mitarbeiter der Aufsicht gekommen sei, habe sie ihre Chefin benachrichtigt und das Kellerfenster geöffnet. Durch dieses Fenster sei die Apothekerin dann in die Apotheke gelangt. ­Wegen der beiden Vorfälle wurden jeweils Bußgelder gegen die Apothekerin verhängt.

Doch damit nicht genug. Im Dezember 2017 und Januar 2018 fanden in beiden Apotheken anlassbezogene Revisionen statt. Dabei gab es einiges zu bemängeln: Unter anderem wurde festgestellt, dass eine Vielzahl der Ausgangsstoffe verfallen, aber nicht abgesondert war und Ausgangsstoffe ungeprüft verwendet wurden. Zudem gab es Fehlbestände bei Betäubungsmitteln sowie fehlerhaft ausgefüllte BtM-Rezepte. Weiterhin bemerkte die Aufsicht, dass ein Arzneimittel, obwohl es bereits in der Apotheke abgerechnet war, an den Großhandel zurückgegeben wurde. Ferner waren Kassenrezepte mit Rabattarzneimitteln bedruckt und abgerechnet, jedoch Arzneimittel anderer Hersteller abgegeben worden – und damit ist die Liste der Verstöße noch nicht vollständig.

Vertrauen der Öffentlichkeit missbraucht

Die Apothekerin erklärte zwischen den Revisionen zwar, die Mängel abgestellt zu haben. Die Aufsicht fand in der Folge aber wieder neue oder auch schon bekannte. Im Juli 2018 widerrief die Behörde die Betriebserlaubnis für beide Apotheken, weil die Apothekerin nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit zum Betrieb einer Apotheke besitze (§ 4 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 ApoG). Sie habe mehrfach gegen die Grundpflichten eines Apothekers verstoßen und durch ihr Verhalten sowohl das Vertrauen der Bevölkerung missbraucht als auch die Gesundheit der Patienten gefährdet. Zudem habe die Überprüfung ein unlauteres Vorgehen bei der Abrechnung gegenüber Kranken­kassen ergeben; das Ansehen des Apothekerberufes in der Öffentlichkeit sei durch das Verhalten der Antragstellerin beeinträchtigt.

Die Apothekerin legte Widerspruch ein und wehrte sich zudem mit ­einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht gegen die Anordnung des sofortigen Vollzugs des Bescheids. Sie erklärte, einige der Vorwürfe seien nicht gravierend, andere abgestellt worden. Es habe Versehen ihrer Mitarbeiter gegeben, die aber Einzelfälle seien. Künftig werde so etwas nicht mehr vorkommen – mit ihrem Personal habe sie bereits gesprochen. Außer­dem reichten die Bußgeldbescheide, um sie zum rechtmäßigen Handeln zu bewegen.

Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein sieht dies allerdings anders und folgte der Argumen­tation der Behörde. „Insbesondere die Summe der Verstöße innerhalb des kurzen Beobachtungszeitraumes als auch der Umgang mit den Mitarbeitern, lässt auf eine charakterliche und fachliche Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Leiten einer Apotheke schließen“, heißt es im Beschluss. Besonders schwer wiege, dass die Apothekerin versucht habe, durch eigene Lügen sowie Anstiftung der Mitarbeiter zum Lügen ihr Fehlverhalten zu vertuschen. All dies deute darauf hin, dass sie sich ihren Pflichten als Apothekenleiterin sowohl gegenüber ihren Mitarbeitern als auch gegenüber den Patienten, die ihr vertrauen, nicht bewusst sei. Die zahlreichen ­Beanstandungen, der Versuch‚ Verantwortung auf Mitarbeiter abzuwälzen und auch der Umstand, dass Bußgelder sie bislang nicht zu rechtstreuem Handeln bewegten, führen letztlich zu einer gegenwärtig schlechten Prognose. Allerdings könne die Apothekerin trotz der Vorkommnisse in angestellter Position arbeiten, betonten die Richter. Zudem könne sie nach Ablauf einer Frist erneut eine Betriebserlaubnis beantragen.

Rechtskräftig ist der Beschluss nicht. Die Apothekerin hat Beschwerde eingelegt. |

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