Wirtschaft

Oberhänsli wartet auf das E-Rezept

Zur-Rose-Chef hofft auf Weichenstellungen im Herbst

cha | Walter Oberhänsli, Chef der DocMorris-Mutter Zur Rose, ist zuversichtlich, dass das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Rx-Versandverbot nicht kommt. Warum er auf Jens Spahn setzt, hat er einer Journalistin der im Verlag der Neuen Zürcher Zeitung erscheinenden „NZZ am Sonntag“ beim Spaziergang in seinem Heimatort Steckborn am Bodensee erklärt.

Zunächst wollte Oberhänsli nur das Haus Zur Rose in dem Bodensee-Städtchen Steckborn vor dem Verfall retten, dann machte er es zur Keimzelle und Namensgeberin der Zur Rose Group, mit der er, so die Einschätzung der NZZ, gerade die europäische Apothekenlandschaft umpflügt. Doch ganz so einfach hat sich das bislang nicht gestaltet. Als Oberhänsli vor gut einem Jahr auf der Suche nach frischem Kapital an die Börse ging, startete die Aktie mit 160 Franken, im Frühjahr sackte sie nach der Verankerung des Rx-Versandverbots im Koalitionsvertrag um fast 40 Prozent ab.

Inzwischen hat sich der Aktienkurs wieder etwas erholt, die NZZ nennt als Grund dafür, dass „ein neuer Gesundheitsminister mit mehr digitaler Affinität am Werk“ ist. Oberhänsli gibt sich zuversichtlich, dass der Koalitionsvertrag nicht umgesetzt wird: „Nicht nur nach unserer Auffassung ist ein Verbot nicht im Einklang mit EU-Recht. Wir haben notiert, dass der Minister kürzlich verlauten ließ, dass er lieber eine faire Lösung anstrebt als ein Verbot.“ Was Oberhänsli an dieser Stelle allerdings nicht erwähnt: Jens Spahn hat klar geäußert, dass er keine Rabatte auf Rx-Arzneimittel in Deutschland zulassen will.

Wann kommt Amazon?

Gefragt nach der Eile bei den Übernahmen der letzten Zeit, erklärt Oberhänsli in der NZZ, dass im Online-Geschäft nur ganz wenige Spieler einen Markt dominierten und es neben Zur ­Rose in Europa einen weiteren Wettbewerber gebe, der auf Teufel komm raus Marktanteile erwerbe. „Es ist fast wie ein Zweikampf, und über allem schwebt die Frage, wann Amazon auch in Europa versucht, Medikamente über das Internet zu verkaufen.“ Dabei fragt sich Oberhänsli: „Wie lange lassen sich die Amerikaner noch Zeit, bis sie sich in Europa manifestieren? Zwei, drei Jahre oder doch fünf?“ Der Zur-Rose-Chef vermutet, dass der Internet-Gigant in den Markt drängen wird, indem er einen etablierten Online-Händler kauft, wie er dies bereits in den USA getan hat. Den Verkauf von Zur Rose fände Oberhänsli allerdings „nicht toll“, aber es sei müßig, darüber nachzudenken.

Konzentration auf den deutschen Markt

Derzeit konzentriert sich das Unternehmen, so Oberhänsli, vor allem auf den deutschen Markt. Hier machten die Online-Verkäufe mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln „erst ein kleines Prozent aus“, während in der Schweiz der Anteil bei 17 Prozent liegt. Vom elektronischen Rezept erwartet Oberhänsli, dass der Medikamentenversandhandel an Gewicht zulegt. Vom deutschen Gesundheitsminister, der bis Oktober Entscheidungen angekündigt hat, erhofft sich Oberhänsli wichtige Weichenstellungen: „Nicht erst in Jahren, sondern in Monaten.“ |

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