Gesundheitspolitik

Sonderbudget statt Strafgebühr

Lauterbach will Patienten finanziell nicht belasten

BERLIN (ks) | Der Chef der Kassen­ärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen hatte Anfang vergangener Woche angeregt, eine Notaufnahmen-Gebühr einzuführen um die Patientenströme finanziell zu steuern. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach lehnt dieses Konzept ab. Er kann sich dagegen ein Sonderbudget für Fachärzte vorstellen, die Patienten erstmals einen Termin geben.

„Wenn sich bestimmte Patienten dem Angebot der niedergelassenen Ärzte dauerhaft entziehen und das System nach Gusto nutzen, wie es ihnen gerade einfällt, muss das finanzielle Sanktionen nach sich ziehen“, meint Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ohne einen konreten Betrag zu nennen. Eine finanzielle Steuerung sei aber „genau der Hebel“, um überflüssige Besuche in der Notaufnahme von Krankenhäusern zu verhindern.

Karl Lauterbach, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, hat für diese Idee klare Worte: „Eine solche Strafgebühr wird SPD-seitig ganz grundsätzlich abgelehnt“, sagte er bei einem Pressegespräch. Man habe die Praxisgebühr schließlich nicht abgeschafft, um sie jetzt auf solchem Wege wieder einzuführen. Richtig sei, dass sich das Verhalten der Patienten geändert habe. Doch müsse auf jeden Fall vermieden werden, dass Patienten in echten Notfällen die Ambulanzen meiden.

Platz für neue Patienten schaffen

Lauterbach will an anderer Stelle ansetzen. Bei vielen Fachärzten – beispielsweise Rheumatologen – sei es so, dass sie Altpatienten jedes Quartal aufs Neue in die Praxis einbestellen. Für Patienten, bei denen die Beschwerden zum ersten Mal auftreten und die nicht privat versichert sind, sei dann kein Platz mehr im Terminkalender. Dabei sei klar, dass ein Patient mit ersten Rheumabeschwerden eine weit bessere Prognose habe, wenn er innerhalb des ersten Monats einen Arzttermin bekommt und behandelt werden kann, als wenn er länger darauf warten muss. Lauterbach schwebt hier ein Sonderbudget vor, das Ärzten zukommen soll, die Patienten einen Ersttermin anbieten.

Dies kann er sich in einem Gesetzespaket gemeinsam mit einer Neuregelung der Terminservicestellen vorstellen. Auch die Pflege ist für Lauterbach ein höchst virulentes Thema. Dabei sollte aus seiner Sicht vor allem eines nicht vergessen werden: Es gelte nicht zuletzt, Pflege zu vermeiden. Die Vorbeugemedizin müsse ausgebaut und chronische Erkrankungen besser behandelt werden. In der Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen entscheide sich zumeist, ob jemand später pflege­bedürftig wird oder nicht. Es sei nicht einzusehen, dass Altenpfleger deutlich weniger verdienen als Krankenpfleger.

Einsparreserven sieht er zudem bei Arzneimitteln. Hier stiegen die Kosten derzeit „ohne Not“. Lauterbach kündigte Vorschläge für diesen Bereich an – wie sie aussehen und wann sie kommen könnten, wollte er allerdings nicht näher erläutern. Er riss nur kurz an, dass er vor allem bei der personalisierten und der Krebsmedizin ein Problem sehe. Hier komme es durch beschleunigte Zulassungen zu Verwerfungen. Die „Kostenexplo­sion“ bei diesen Arzneimitteln sei sogar durch Verschlechterungen für die Patienten – in Form starker Nebenwirkungen – erkauft. So könnte aus seiner Sicht eine zentralisierte Versorgung mit diesen speziellen Arzneimitteln eine Lösung sein. Doch noch ist Lauterbach in der Phase der Beobachtung und Überlegung. |

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