Wirtschaft

Deutsche Konzerne schlagen internationale Konkurrenz

Ernst & Young-Studie analysiert die Top-21-Pharmaunternehmen / Hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung

cha | Während die durchschnittlichen Margen in der pharmazeutischen Industrie sinken, können die deutschen Konzerne zulegen – das zeigt eine Analyse der Finanzkennzahlen der 21 weltweit größten Pharmaunternehmen von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young.

Danach erzielten die Top-21-Pharma-Unternehmen im Jahr 2017 insgesamt 447,5 Milliarden Euro Umsatz und damit nur 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die drei umsatzstärksten Konzerne sind Pfizer, Roche sowie Johnson & Johnson. Auf Platz 14 liegt als erste deutsche Firma Bayer, auf Platz 17 Boehringer Ingelheim und auf Platz 20 der Darmstädter Merck-Konzern.

Das zumindest leichte Wachstum findet sich beim operativen Ergebnis nicht wieder, das Ebit sank im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 Prozent auf 151,3 Milliarden Euro. Allerdings weist Ernst & Young in ­seiner Pressemeldung darauf hin, dass Wechselkurseffekte dabei eine große Rolle spielten: Währungs­bereinigt stiegen die Umsätze deut­licher um 2,6 Prozent an und das Ebit entwickelte sich mit minus 0,4 Prozent nur leicht negativ.

Auch die Marge ging zurück: Im Jahr 2017 betrug sie 26,5 Prozent und damit 1,8 Prozentpunkte weniger als 2016, aber 0,2 Prozentpunkte mehr als 2015.

Deutlich überdurchschnittlich entwickelten sich die deutschen Konzerne Bayer, Boehringer Ingelheim und Merck: Ihre Umsätze stiegen zusammen um 3,3 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro, das Ebit stieg sogar um knapp elf Prozent. Ins­besondere das Ebit-Wachstum von Boehringer Ingelheim um satte 43 Prozent habe dabei einen großen Anteil gehabt, so Ernst & Young.

Jeder dritte Euro wird im Bereich Onkologie verdient

Während die durchschnittlichen Margen sinken, wachsen die größten Umsatzbringer weiter: Wirkstoffe gegen Krebs und sogenannte Blockbuster-Medikamente. Laut Ernst & Young sind 40 Prozent der derzeit in der Entwicklung befindlichen Wirkstoffe Krebsmedikamente, im Jahr 2017 verdienten die Pharmaunternehmen damit fast jeden dritten Euro. Die Um­sätze im Bereich Onkologie stiegen von 130,1 Milliarden Euro auf 137,4 Milliarden Euro.

Zugleich wuchsen die Umsätze mit Blockbustern deutlich stärker als die Gesamtumsätze, und zwar um drei Prozent auf 268,6 Milliarden Euro. Damit stieg der Blockbuster-Anteil an den Gesamt­umsätzen um 1,5 Prozentpunkte auf 60 Prozent.

„Die Abhängigkeit der großen Pharmakonzerne von Krebsmedikamenten und den Umsatz bringenden Blockbustern nimmt zu“, kommentiert Gerd Stürz von Ernst & Young. Und er warnt: „Die Unternehmen müssen einen Weg finden, Innovationen zu entwickeln und lukrative Nischen zu besetzen. Das passiert derzeit auch in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Neue individuelle Behandlungsverfahren werden künftig immer wichtiger. Insofern kann eine zu hohe Abhängigkeit von Blockbustern auch zu einem Risiko werden.“ Siegfried Bialojan von Ernst & Young verweist darauf, dass neue Technologien sehr viel zielgerichtetere Therapien erlaubten. Diese seien aber in der Regel erheblich teurer. „Für die Konzerne wird deshalb viel von der Akzeptanz der neuen Therapieformen und der Zahlungsbereitschaft der Patienten be­ziehungsweise der Gesundheits­systeme abhängen“, so Bialojan.

Nachfrage steigt durch weltweit größere Mittelschicht

Der Markt für innovative Medikamente weitet sich aus: „Weltweit wächst eine immer größere Mittelschicht heran, die sich auch teurere Therapien leisten kann. Dadurch geraten neue Märkte für die Pharmaunternehmen in den Blickpunkt“, so Stürz. Das zeigt sich auch an den Umsätzen: Während diese in den relativ gesättigten Märkten USA und EU nur leicht wuchsen, erwirtschafteten die Pharmakonzerne 2017 im Rest der Welt 2,6 Prozent mehr Umsatz.

Auf die gesteigerte Nachfrage reagieren die Konzerne mit gesteigerten Ausgaben für Forschung und Entwicklung: Nach Angaben von Ernst & Young gaben die 21 Top-Pharmakonzerne dafür 2017 insgesamt 84,9 Milliarden Euro aus – 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Bereits da hatten sie ihre Ausgaben gesteigert, und zwar um 4,8 Prozent.

Betrachtet man den Anteil der Forschungs- und Entwicklunsausgaben am Umsatz, liegt Boehringer Ingelheim mit 24,4 Prozent an dritter Stelle der 21 Top-Unternehmen (Platz 1: US-Merck & Co., Platz 2: Eli Lilly). Auf Platz 5 findet sich Merck/Darmstadt mit 23,3 Prozent, während Bayer mit 17,1 Prozent auf Platz 14 landet.

Pipelines sind prall gefüllt

Die Pharmaunternehmen haben, so die Ernst & Young-Studie, ihre Pipelines prall gefüllt: 2017 stieg die Zahl der Wirkstoffe in der klinischen Entwicklung um fast ein Fünftel (19,4 Prozent) nach einem Wachstum von knapp 12 Prozent im Vorjahr. Insbesondere in den letzten beiden Phasen kurz vor dem Markteintritt nahm die Zahl signifikant von 200 im Vorjahr auf 315 zu, über einen Zweijahreszeitraum betrug das Wachstum in diesen Phasen sogar 85 Prozent. |

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