Gesundheitspolitik

Sieg für die Mischpreise

GKV-Spitzenverband unterliegt vor Bundessozialgericht

BERLIN (ks) | Vergangenen Mittwoch dürfte sich bei Herstellern neuer Arzneimittel große Erleichterung breit gemacht haben: Das Bundessozialgericht (BSG) hat den sogenannten Mischpreis für Erstattungsbetrags-Arzneimittel für rechtmäßig erklärt. (Urteile des BSG vom 4. Juli 2018, Az.: B 3 KR 20/17 R und B 3 KR 21/17 R)

Das Urteil war seitens der Industrie und der Krankenkassen mit Spannung erwartet worden. Der seit Einführung der frühen Nutzen­bewertung etablierte Mischpreis stand zur Disposition. Damit ist die Kalkulation des Erstattungsbetrags gemeint, den GKV-Spitzenverband und Hersteller nach erfolgter früher Nutzenbewertung aushandeln bzw. den die Schiedsstelle festsetzt, wenn eine Einigung nicht möglich ist: Ein Arzneimittel soll auch dann nur einen einzigen Preis haben, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ihm nicht für alle Patientengruppen einen Zusatznutzen attestiert hat. Der Mischpreis soll sicherstellen, dass das Präparat dennoch insgesamt wirtschaftlich ist. Das soll nicht zuletzt dem Arzt Sicherheit vor Regressen geben.

Doch nach der Klage des GKV-Spitzenverbands gegen zwei Schiedssprüche hatte das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg die Mischpreise infrage gestellt. Schon im Eilverfahren kam es zu dem Schluss, dass sie in den zu entscheidenden Fällen rechtswidrig seien. Nur weil es einen Erstattungsbetrag gebe, dürfe man nicht automatisch darauf schließen, dass die Verordnung eines Arzneimittels in jedem seiner Anwendungsbereiche auch wirtschaftlich sei, so das Gericht. Auch im Hauptsacheverfahren ging der Streit zugunsten des GKV-Spitzenverbands aus.

Am 4. Juli stand die Revision vor dem BSG an. Noch liegen keine Entscheidungsgründe vor. In einem Terminbericht des Gerichts heißt es jedoch, das BSG habe keine durchgreifenden allgemeinen rechtlichen Bedenken gegen die Bildung eines Mischpreises. Denn nach dem Arzneimittelpreisrecht gelte für ein Arzneimittel grundsätzlich nur „ein“ Preis – und daran anknüpfend auch nur ein Erstattungsbetrag. Bei einer am Zusatznutzen orientierten Kalkulation sei deshalb die Bildung eines Mischpreises unerlässlich, wenn der G-BA in einem Beschluss zur frühen Nutzenbewertung den Zusatznutzen oder die zweckmäßige Vergleichstherapie für unterschiedliche Patientengruppen verschieden bewertet hat. Das BSG sieht darin weder einen Verstoß gegen normative Regelungen einschließlich des Wirtschaftlichkeitsgebots noch gegen Verfassungsrecht.

Die Pharma-Verbände reagierten erleichtert. So sprach Dr. Hermann Kortland, stv. BAH-Hauptgeschäftsführer, von einer „guten Nachricht für Patienten und Ärzte“: Die seit Jahren praktizierte Mischpreisbildung sichere Patienten den Zugang zu Arzneimittel­innovationen und stärke Ärzte in ihrer therapeutischen Freiheit. Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands, erklärte hingegen: „Wir werden mit dem Umstand erst einmal leben müssen, dass der Mischpreis für bestimmte Patientengruppen zu hochgegriffen ist und für andere zu tief.“ Details des Urteils sowie dessen Begründung werde man sich in Ruhe ansehen und bewerten. |

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