Gesundheitspolitik

Erfolg für Truvada-Generika

Patentgericht: Ergänzendes Schutzzertifikat ist nichtig

BERLIN (ks) | Dem Pharmaunternehmen Gilead missfällt, dass es seit vergangenem Sommer generische Konkurrenz für sein zur HIV-Behandlung und Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) zugelassenes Präparat Truvada® gibt. Es sieht durch die neu in den Markt kommenden Produkte sein Patent verletzt. Doch vor dem Bundespatentgericht musste Gilead jetzt eine Schlappe hinnehmen: Das Gericht hält das ergänzende Schutzzertifikat für Truvada® für nichtig. Rechtskräftig ist die Entscheidung noch nicht.

Die patentrechtliche Situation von Truvada® (Tenofovirdisoproxil + Emtricitabin) ist umstritten. Während der ursprüngliche Patentschutz für den Wirkstoff Tenofovirdisoproxil im Juli 2017 ausgelaufen ist, verweist Gilead für das Kombinationspräparat Truvada auf ein bis Februar 2020 erteiltes ergänzendes Schutzzertifikat. Dennoch sind seit Sommer 2017 diverse Generika auf den deutschen Markt gekommen, insgesamt elf sind derzeit in der Lauer-Taxe gelistet, sechs davon haben auch eine PrEP-Zulassung. Die Preise der Generika liegen deutlich unter dem des Originalpräparats. Die 30er-Packung Truvada kostet 819 Euro (Apothekenverkaufspreis), zwei Generika sind schon für rund 70 Euro zu haben. Ins Gespräch kamen die Truvada-Generika nicht zuletzt im Zusammenhang mit einem PrEP-Modellprojekt, an dem sich Apotheken deutschlandweit beteiligen. Hier ist die PrEP-Therapie für rund 50 Euro im Monat zu haben.

Vier Unternehmen, die Truvada als Generikum anbieten, hatten Nichtigkeitsklagen gegen das Verfügungszertifikat Gileads beim Bundespatentgericht erhoben – und waren damit nun in erster Instanz erfolgreich. Der 4. Nichtigkeits-Senat des Bundespatentgerichts hat am 15. Mai das für die Wirkstoffzusammensetzung Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin erteilte und angegriffene Arzneimittel-Schutzzertifikat für nichtig erklärt (Az.: 4 Ni 12/17 u. a.). Damit hat er die Rechtsauffassung der klagenden Generikahersteller bestätigt, dass das Schutzzertifikat gar nicht hätte erteilt werden dürfen. Für Gilead heißt das: Das ausschließliche Vermarktungsrecht für Arzneimittel mit diesen Wirkstoffen ist Geschichte.

Allerdings: Ganz so schnell geht es nicht. Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts kann noch Berufung zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingelegt werden.

Das Bundespatentgericht weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass sich derzeit europaweit Gerichte mit dem Schutzzertifikat für Truvada befassen – einschließlich des Europäischen Gerichtshofs. Auch das Landgericht München hat bereits im Juli 2017 eine Entscheidung im Fall Truvada gefällt: Damals war Gilead gegen sieben potenzielle Konkurrenten vorgegangen und wollte erreichen, dass diese keine Truvada-Generika auf den Markt bringen dürfen. Damit scheiterte das Unternehmen. Das Landgericht stützte seine Entscheidung auf einen damals abgegebenen „qualifizierten Hinweis“ des Bundespatentgerichts, dass das Schutzzertifikat nicht rechtsbeständig sei – nun hat es dieses also tatsächlich für nichtig erklärt. |

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