Gesundheitspolitik

Eltern des Zyto-Apothekers im Fokus des Staatsanwalts

Ermittlungen gegen die Mutter wegen Beihilfe zu angeklagten Taten

KARLSRUHE (hfd) | Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt nach Informationen von DAZ.online gegen die Eltern des Bottroper Zyto-Apothekers Peter S.: gegen die Mutter wegen Beihilfe zu angeklagten Taten und gegen beide Eltern wegen eines ungenehmigten Arzneimittelgroßhandels.

Seit bald anderthalb Jahren sitzt der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. in Untersuchungshaft: Er ist angeklagt, von 2012 an in vielen Tausenden von Fällen bei der Herstellung von Zyto-Zubereitungen von den geltenden Herstellungs­regeln und ärztlichen Verordnungen abgewichen zu sein und die Beschaffungspraxis der Apotheke systematisch so ausgerichtet zu haben, dass eine korrekte Herstellung „von vornherein unmöglich war“. Außerdem soll er gegen Hygiene- und Dokumentationsvorschriften verstoßen haben. Insgesamt geht es um knapp 62.000 Zyto-Rezepturen, die in der Bottroper Apotheke hergestellt wurden – und einen mög­lichen Betrug in Höhe von 56 Mio. Euro. In 27 Fällen wurde der Apotheker auch wegen versuchter Körperverletzung angeklagt.

S. hatte die Apotheke 2009 von seiner Mutter Doris S. übernommen, die sie infolge seiner Inhaftierung wieder betreibt – auch der Vater arbeitet als Pharmazeut in der Apotheke. Wie die Staatsanwaltschaft Essen am vergangenen Dienstag gegenüber DAZ.online bestätigte, hat sie ein Ermittlungsverfahren gegen die Mutter und den Vater eingeleitet. „Gegenstand ist der ungenehmigte Großhandel mit Arzneimitteln, außerdem – und das betrifft allein die Mutter – der Vorwurf der Beihilfe zu den angeklagten Taten von Peter S.“, erklärte die Pressesprecherin auf Nachfrage. Die Ermittlungen seien kürzlich eingeleitet worden und konzen­trierten sich in Sachen „Beihilfe“ auf Betrugstatbestände, sagte sie.

Betriebserlaubnis der Mutter wird überprüft

Der Pressesprecher der Stadt Bottrop, die seit einiger Zeit die Betriebserlaubnis der Mutter überprüft, zeigte sich gegenüber DAZ.online überrascht. „Da haben wir überhaupt keinen Kenntnisstand, da sind wir von der Staatsanwaltschaft nicht eingebunden“, erklärte er. „Unsere Überprüfungen laufen derzeit noch.“

Schon länger war die – laut mehreren Zeugen – „Doppelhierarchie“ in der Bottroper Zyto-Apotheke Thema im Prozess gegen Peter S. Erst in der vorvergangenen Woche bestätigte eine ehemalige PTA der Apotheke frühere Einschätzungen, die Mutter sei die „Herrscherin des Kellers“ gewesen. Dort wurden u. a. in Räumen Waren gelagert, die nicht als Apothekenbetriebsräume genehmigt waren, was nun offenbar zu den Vorwürfen eines ungenehmigten Großhandels führte.

Ein Anwalt von Doris S. wollte gegenüber DAZ.online zunächst zu den ihm bislang nicht bekannten Ermittlungen keine Stellung nehmen. „Sofern es tatsächlich zu Unterdosierungen von Medikamenten gekommen sein sollte, hatte unsere Mandantin hiervon keine Kenntnis“, hatte er bereits im Oktober 2017 auch in Bezug auf mögliche Hygieneverstöße erklärt. „Dies wird auch durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bestätigt“, hieß es damals. Trotz der damals bereits lange andauernden Ermittlungen gegen den Sohn hatte die Staatsanwaltschaft zum damaligen Zeitpunkt keine Ermittlungen gegen die Mutter eingeleitet.

„Unsere Mandantin hat zu keiner Zeit das Zyto-Labor der Alten Apotheke geführt und hatte darin auch keine Einblicke“, erklärte der Anwalt im Oktober 2017, obwohl es das Labor auch schon gab, als die Mutter Betreiberin der Apotheke war. Er begründete dies damit, dass die Zyto-Abteilung von ihrem Ehemann sowie von ihrem Sohn geführt worden sei. Auf Nachfrage erklärte der Anwalt später, dass sich die Aussage nur auf den Zeitraum seit der Übernahme durch den Sohn bezogen habe. Doris S. habe den Zyto-Bereich ordnungs­gemäß betrieben und sich auch von der Eignung ihres Ehemannes wie auch Sohnes Gewissheit verschafft.

Infolge des Prozesses waren Vorwürfe nicht nur gegen die Eltern, sondern auch zahlreiche weitere Personen erhoben worden. Untersuchungen gegen Mitarbeiter seien noch nicht abgeschlossen, erklärte die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage. Gleiches gelte in Bezug auf unbekannte Urheber von drohenden Briefen, die sich gegen Teilnehmer von Demonstrationen in Bottrop richteten – und in Bezug auf einen Journalisten, der womöglich Teile einer Strafakte vor Eröffnung der Hauptverhandlung im Internet veröffentlicht hatte.

Gegen einen Onkologen, der mit Peter S. zusammengearbeitet hatte, werde weiter ein Anfangsverdacht überprüft, sagte die Pressesprecherin. „Erledigt ist allerdings der Vorwurf der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Weihnachtsfeier 2014“, erklärte sie: Peter S. hatte laut Zeugenaussage Kosten für diese übernommen. Doch das hat einen banalen Grund: „Die einschlägigen §§ 299a, 299b StGB, die ein entsprechendes Verhalten sanktionieren würden, sind erst mit Wirkung vom 04.06.2016 in Kraft getreten“, erläuterte sie unter Bezug auf das Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen. Insoweit ergebe sich kein Anfangsverdacht. |

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