Gesundheitspolitik

„DocDirect“ für GKV-Versicherte

In Baden-Württemberg startet ein neues Modellprojekt zur Fernbehandlung

BERLIN (jb) | Baden-Württemberg schreibt seine Vorreiterrolle in der Telemedizin fort. GKV-Patienten in den Regionen Tuttlingen und Stuttgart können sich seit dem heutigen Montag per Fernbehandlung behandeln lassen. Rezepte dürfen ihnen die Ärzte aus der Ferne allerdings nicht ausstellen.

Bereits seit Sommer 2016 erlaubt die Berufsordnung der Ärzte in Baden-Württemberg Modellprojekte, um die Fernbehandlung zu erproben. Denn eigentlich ist deutschen Ärzten die Fernbehandlung verboten. Seit Januar 2018 läuft ein Modellversuch, in dessen Rahmen Privatversicherte in den Genuss der Telemedizin kommen können. Ab dem 16. April gibt es auch für GKV-Versicherte diese Möglichkeit – allerdings nur in den Regionen Stuttgart und Tuttlingen. Laut der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg startet das Projekt mit dem Namen „DocDirect“ mit 35 Ärzten – alle niedergelassen in Baden-Württemberg.

Es richte sich an gesetzlich Krankenversicherte in den beiden Regionen mit einem akuten Gesundheitsproblem, die ihre eigenen Haus- oder Fachärzte nicht erreichen können, so die KV. Softwareplattform und Technik kommen von demselben Dienstleister, der auch hinter dem Projekt für die PKV-Versicherten steckt – TeleClinic. Weiter ist TeleClinic bei DocDirect jedoch nicht involviert.

Callcenter, virtuelles Wartezimmer und Ärzte-Pool

GKV-Versicherte, die ärztlichen Rat brauchen, können künftig von Montag bis Freitag zwischen 9 und 19 Uhr in einem Callcenter der KV Baden-Württemberg anrufen, aber auch per App oder online ist die Kontaktaufnahme möglich. Geschulte Medizinische Fachangestellte erfassen die Daten und lassen sich die Symptome schildern. Dringende Fälle werden an die Notfallzentrale weitergeleitet. Für alle anderen wird ein „Ticket“ erstellt, das ein Tele-Arzt online über eine webbasierte Plattform aufrufen kann. In der Zwischenzeit geht es ins „virtuelle Wartezimmer“. Laut KV-Vorstandsvize Dr. Johannes Fechner ist das Ziel, dass die Patienten binnen 30 bis 40 Minuten einen Rückruf erhalten. Der Patient kann auch eigene Dokumente hochladen. Das könnte etwa ein Foto sein, das einen Ausschlag zeigt, eine Röntgenaufnahme oder auch ein Arztbrief. 25 Euro erhalten die Teleärzte je Aufruf – und zwar außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung.

Lässt sich das Problem des Anrufers virtuell nicht lösen, wird der Patient an eine dienstbereite Haus- oder Facharztpraxis weitergeleitet. In Stuttgart und Tuttlingen soll ein Pool von niedergelassenen Ärzten bereitstehen, die am gleichen Tag Behandlungstermine anbieten.

Problematische Rezepte

Rezepte können für GKV-Versicherte nicht ausgestellt werden. Dazu gibt es noch Klärungsbedarf. Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ist eine Ausnahmegenehmigung des baden-württembergischen Sozialministeriums auf Bedenken in der Apothekerschaft gestoßen. Ein Sprecher der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg erklärte auf Nachfrage: „Derzeit gelten in diesem Bereich sehr strikte Regeln, die niemand so einfach außer Kraft setzen kann. Wir sind mit allen beteiligten Akteuren, auch mit der Kassenärztlichen Vereinigung, in Gesprächen. Die Landesapothekerkammer sieht diese Entwicklungen durchaus positiv und begleitet die Projekte auch entsprechend.“ Für Privatpatienten können im Rahmen des Teleclinic-Projekts hingegen Rezepte ausgestellt werden. |

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