Gesundheitspolitik

Alter Bekannter mit unbekannten Absichten

Was erwarten die Apotheker vom neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn?

TRAUNSTEIN (cha) | Nach einigen vergeblichen Anläufen – in der vergangenen Legislaturperiode war ihm sein Amtsvorgänger Hermann Gröhe vorgezogen worden – darf Jens Spahn (CDU) nun als Bundesgesundheitsminister am Kabinettstisch der neu angetretenen Großen Koalition Platz nehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll damit zwei Ziele verfolgt haben: Zum einen ist Spahn, der ja einer ihrer schärfsten Kritiker innerhalb der Union ist, damit der Kabinettsdisziplin unterworfen. Zum anderen gilt das Gesundheitsressort als vermintes Gelände, in dem Karrieren eher begraben als begonnen werden – bemerkenswerte Ausnahme: der langjährige Bayerische Ministerpräsident und neue Bundesinnenminister Horst Seehofer. Am vergangenen Mittwoch wurde Jens Spahn zum Minister ernannt, am Donnerstag fand im Berliner Bundesgesundheitsministerium die offizielle Amtsübergabe des scheidenden Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) an seinen Nachfolger statt.

In seiner Antrittsrede kündigte Spahn an, dass er sich im Besonderen „drei großen Themen“ widmen wolle: der flächendeckenden ärztlichen Versorgung, der Pflege und der Digitalisierung. Wer jedoch gehofft hatte, dass Spahn sich auch zu seinen Plänen für das Arzneimittel- und Apothekenwesen äußern würde, sah sich enttäuscht. Somit bleibt weiter völlig unklar, wie Spahn zu dem von seinem Amtsvorgänger Hermann Gröhe geplanten Rx-Versandverbot, das ja bekanntlich den Weg in den Koalitionsvertrag gefunden hat, steht.

Foto: Philipp Külker
Blumen für den Verlierer Hermann Gröhe trat das Bundesgesundheits­ministerium nur ungern an seinen Nachfolger Jens Spahn ab.

Dennoch ist für die Apotheker erfreulich, dass Spahn der flächendeckenden ärztlichen Versorgung höchste Priorität einräumt. Denn der fehlende Ärztenachwuchs im ländlichen Raum stellt bekanntlich für viele Landapotheken eine existenzielle Bedrohung dar.

Rückendeckung bei Umsetzung des Koalitionsvertrags

Doch welche Erwartungen haben die Apotheker an den neuen Gesundheitsminister? Große Hoffnungen setzt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL), in Spahn, der ihr als Münsterländer gut bekannt ist. In einem Video auf dem Kammer-YouTube-Kanal „AKWL-TV“ erklärt Overwiening, dass sie sich „natürlich ganz besonders auf die Zusammenarbeit mit Jens Spahn“ freue, der als „ausgewiesener Gesundheitsexperte“ schon viele Jahre mit der AKWL in Kontakt stand. Overwiening betont, dass Spahn „unsere volle Rückendeckung“ habe, wenn er – wie sein Vorgänger – den Koalitionsvertrag umsetze. Dabei geht Overwiening vor allem auf das Rx-Versandverbot ein, das eine Reaktion auf den für die Apotheker „unerträglichen Zustand“ infolge des EuGH-Urteils vom 16. Oktober 2016 sei.

DAV-Chef Fritz Becker stellte bei einer Veranstaltung im Rahmen des Unternehmertages des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ebenfalls klar: „Beim Rx-Versandverbot geht es auch nicht vornehmlich um den Versand, denn so wie es vor dem EuGH-Urteil war, hatten wir unseren Frieden damit gemacht. Uns geht es in erster Linie um die Gleichpreisigkeit. Und da haben uns auch schon viele Politiker bescheinigt, dass es keine andere Möglichkeit als das Rx-Versandverbot gibt.“

Honorardiskussion nicht auf Grundlage des Gutachtens

Aber auch das Honorargutachten dürfte für Jens Spahn ein Thema sein, vermutet Becker: „Ich glaube schon, dass Herr Spahn mit uns darüber reden wird. Wir bleiben aber dabei: Wir können die Ansätze im Gutachten nicht verstehen. Man kann nicht Rx mit OTC und Kosmetika gleichstellen.“ Becker sicherte zu, dass die Apotheker über eine Weiterentwicklung der Arzneimittelpreisverordnung diskutieren wollten. „Aber nicht mit den Ansatzpunkten dieses Gutachtens“, stellte der DAV-Chef klar. |

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