Gesundheitspolitik

2018 - was kommt da auf uns zu?

Institut für Handelsforschung, Treuhand Hannover, Phagro und apoBank mit Analysen, Wünschen und Erwartungen fürs neue Jahr

Mit Visionen und Ideen Veränderungen mitgestalten

Ulrich Sommer, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)

Foto: apobank
Ulrich Sommer

Wie sich das ökonomische und auch das politische Umfeld der Apotheken entwickeln wird, dazu gibt es aktuell zwei entscheidende offene Fragen: Wie geht der Gesetzgeber künftig mit dem Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Medikamente um? Und: Welche Auswirkungen wird das Gutachten des BMWi auf den Apothekenmarkt haben? Wie die Antworten auch ausfallen, klar ist schon jetzt, dass sich die Apothekenlandschaft in naher Zukunft gravierend verändern wird.

Für Apotheker gilt es daher, dieses Jahr aufzuzeigen, welche neuen Themen sie künftig be­setzen können, und zu verdeut­lichen, welche wichtige Rolle die pharmazeutische Expertise in der Patientenversorgung spielt. Einen wesentlichen Anstoß liefert das Perspektivpapier der ABDA „Apotheke 2030“. Es kommt nun darauf an, die dort aufgezeigten Modelle zu Leistungen und Angeboten konkret in die Praxis umzusetzen – ebenso zum Wohl des Patienten als auch zur Steigerung der Attraktivität des eigenen Berufsbildes.

Zusätzlich bietet die Digitalisierung neue Optionen: Die Beratung in der Apotheke wird perspektivisch immer stärker datenbankgestützt sein; neue Leistungen werden entstehen. Die Vernetzung über die Telematik mit dem Online-Medikationsplan wird noch ein Jahr warten müssen, aber sie wird kommen. Hier gibt es großes Potenzial für eine verbesserte Kooperation mit Ärzten.

Mein Wunsch für dieses Jahr wäre die Schaffung einer attrak­tiven ökonomischen Basis, indem die Apothekenvergütung so ausgestaltet wird, dass die Existenzgrundlage der Offizinapotheken sichergestellt ist. Gleichzeitig möchte ich die Apotheker ermutigen, Visionen und Ideen zu ent­wickeln, um Veränderungen mitzugestalten, und die Chance zu ergreifen, künftige Herausforderungen aktiv anzugehen.

„Stagflation“

Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover GmbH Steuerbe­ratungs­gesellschaft

Foto: Treuhand Hannover GmbH
Dr. Frank Diener

Vieles deutet darauf hin, dass die Rahmenbedingungen in 2018 gegenüber 2017 im Wesentlichen unverändert bleiben. Es stehen (anders als im Vorjahr mit dem Skontoprozess) im neuen Jahr ­keine besonderen Gerichtsurteile an. Derzeit ist nicht zu erwarten, dass eine wie auch immer gebildete, neue Bundesregierung es schaffen wird, ihre gesundheitspolitische Agenda schon in 2018 in rechtswirksame Neuregelungen umzusetzen – dazu wird sie mehr Zeit brauchen, zumal beispielsweise eine Novellierung der AMPreisV auch noch zustimmungspflichtig im Bundesrat wäre. Insofern ist für 2018 keine „Disruption“ absehbar, aber eine Fortsetzung all der fundamentalen Trends der letzten Jahre. Hier eine Auswahl:

  • Grosso modo steigende Umsätze bei Rx und OTC – dabei entstehen zwei Drittel des Umsatzplus durch Preiseffekte (Rx-Hochpreiser, OTC-Herstellerpreisanhebungen) und nur ein Drittel durch Mengeneffekte (wobei hier das Plus infolge der Strukturkomponente durch Packungsverluste an den Rx-Versand kompensiert wird).
  • Auch in 2018 werden etwa 500 Betriebe zum Verkauf gestellt; nur jeder zweite davon wird einen Käufer finden. Diese 250 Schließungen hinterlassen Umsatz und erhöhen den Durchschnittsumsatz – jedoch nicht den Branchenumsatz.
  • Die Marktspreizung bleibt auch 2018 bestehen. Es wird keine gleichförmige Teilhabe für die Apotheken an der Branchenentwicklung geben. 20 bis 25% der Betriebe werden ein Umsatzminus, einen Rohgewinnrückgang oder ein schlechteres Betriebsergebnis haben.
  • Der Wareneinsatz wird sich insbesondere wegen Packungsstruktureffekten verteuern und erneut den Großteil des Umsatzplus aufzehren.
  • Die Personalkosten steigen in 2018 gegenüber 2017 bereits durch den statistischen Überhang, denn die Tariferhöhung aus 6/2017 wirkt sich in den ersten fünf Monaten bereits verteuernd aus. Unabhängig von Tarifänderungen verknappt sich das verfügbare Arbeits­zeitvolumen in der Branche insgesamt: Tendenziell scheiden „Babyboomer“ mit Wochen­arbeitszeiten aus dem Berufs­leben aus, die über den Arbeitszeiten der nachrückenden Generation Y liegen. Das führt nicht selten zu übertariflichen Zu­lagen.
  • Bei den sonstigen Betriebs­kosten, die lange Jahre für die Branche insgesamt stabil waren, deuten sich für 2018 Steigerungen an. Dabei reicht das Spektrum an Ursachen von verteuerter Müllentsorgung über IT-Kosten bis hin zu Folgekosten der neuen Datenschutzgrundverordnung.
  • Unterm Strich und für die Branche insgesamt werden sich 2018 Umsatzrendite und Betriebsergebnis auf dem Niveau von 2017 bewegen.

Fazit: Die Erwartung für die Branche lässt sich ökonomisch als „Stagflation“ beschreiben – Inflation beim Umsatz und Stagnation beim Betriebsergebnis.

Apotheker sollten als Einheit agieren

Dr. Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter am Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln

Foto: IFH Köln
Dr. Markus Preißner

Die anhaltende Diskussion um ein Rx-Versandhandelsverbot, das kurz vor Weihnachten veröffentlichte Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) und die mitunter prekäre wirtschaftliche Situation zahlreicher Apotheken lässt viele Apothekeninhaberinnen und -inhaber skeptisch in die Zukunft blicken. Zwar haben sich die Geschäfts­erwartungen gemäß dem Apothekenkonjunkturindex – APOkix des IFH Köln im Jahresverlauf leicht verbessert, doch machen sich viele Apothekerinnen und Apotheker zunehmend Gedanken über die Zukunft ihrer Apotheken und ihres Berufsstandes.

Es ist zu erwarten, dass das Jahr 2018 wegweisend für die zukünftige Rolle der öffentlichen Apo­theke innerhalb des Arzneimittelversorgungssystems und die wirtschaftliche Situation der Apotheken in Deutschland sein wird: Das im Raum stehende Rx-Versandhandelsverbot, ein hoher bürokratischer Aufwand im Apothekenalltag und vor allem der Umgang mit dem Honorargut­achten des BMWi rücken dabei in den Vordergrund und sind entsprechend mit höchster Priorität zu behandeln.

Wichtig ist für 2018 deshalb vor allem, dass sich Apotheker und Apothekerinnen und ihre Standesvertretungen als Einheit präsentieren und sich gemeinschaftlich für ihre gemeinsamen Ziele einsetzen. Im Sinne des Versorgungsauftrages sind dabei als übergeordnete Ziele neben der Wirtschaftlichkeit der Arznei­mittelversorgung auch in diesem Jahr vor allem die Versorgungs- und Arzneimittelsicherheit sowie die Versorgungsqualität in den Mittelpunkt zu rücken. Dabei gilt es auch, die bewährte Partnerschaft von Apotheken und vollversorgendem pharmazeutischem Großhandel zu stärken, denn nur gemeinschaftlich lässt sich die hohe Qualität des deutschen Arzneimittelversorgungssystems zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger aufrechterhalten.

Großhandel wieder profitabel machen

Dr. Thomas Trümper, Vorstands­vorsitzender des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels e. V. – Phagro

Foto: Phagro
Dr. Thomas Trümper

Das Wahljahr 2017 hat erwartungsgemäß nichts Neues gebracht, fast nichts. Das BGH-Urteil zum sogenannten „Skonto­prozess“ konfrontierte uns mit der rauen Wirklichkeit juristischer Semantik. Dies war überraschend, hat man doch im Laufe jahrzehntelanger Berufspraxis gedacht, die deutsche Sprache zu beherrschen.

Genauso überraschend waren aber auch Veröffentlichungen zu dem Gutachten, das vom Wirtschaftsministerium zur Beurteilung der Vergütungen von Apotheken und pharmazeutischen Großhandlungen beauftragt wurde. Die Mitglieder des Fachbei­rates wurden mehrfach energisch angehalten, auf ihre Verschwiegenheitspflicht zu achten, und dann das.

Aus diesen beiden Ereignissen leitet sich folglich auch der Wunsch des Phagro für 2018 ab. Wir erwarten, dass die vom BGH semantisch zerpflückte Verordnung derart zurechtgerückt wird, dass der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers, aber auch aller Beteiligten an dem Gesetzgebungsverfahren, so formuliert wird, dass er auch zweifelsfrei umgesetzt werden kann. Dazu braucht man keine neue Bundesregierung! Das ist Handwerk für Ministerialbeamte und lediglich eine Umsetzung dessen, was beschlossen wurde. Wird dies nicht unverzüglich angegangen, ändert man im Nachhinein das, was die Bundesregierung politisch gewollt hatte.

Bezüglich des Gutachtens haben wir nun endlich Klarheit über den Inhalt. Es wird einiges an Arbeit bedeuten, die teilweise doch recht theoretischen Denkansätze mit dem praktischen Leben in Übereinklang zu bringen. Eine spannende Aufgabe für 2018! Vieles, das muss man aber auch sagen, entspricht der Realität und bildet sie gut ab. Wir hoffen am Ende auf einen Impuls im Markt, damit sich unsere Mitgliedsunternehmen aus dem Status „gemein­nütziger Dienstleister“ wieder zu profitablen Wirtschaftsunternehmen zum Wohle einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung entwickeln können. |

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