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Billig taugt nichts

Inkontinenzprodukte im Praxistest

STUTTGART (jb) | Günstige Inkontinenzprodukte haben die Stiftung Warentest nicht überzeugen können: Sie knistern, die Haut bleibt nicht trocken oder sie laufen sogar aus. Fazit: Teuer ist in der Regel besser. Das Problem: Die Krankenkassen wollen das nicht zahlen.
Foto: tibanna79 – Fotolia.com
Vorlagen: Günstig, aber besonders häufig schlecht beurteilt.

Die Verbraucherschützer von „Test“ haben für ihre März-Ausgabe Windelslips, Einmalhosen und Vorlagen unter Alltagsbedingungen testen lassen. Alle 189 Probanden litten an mittlerer Harninkontinenz. Beurteilt wurde zum einen die Funktion: Bleibt die Haut trocken? Wie wird der Urin aufgenommen und verteilt? Läuft das Produkt aus? Zum anderen zählte der Tragekomfort des Hilfsmittels: Sitzt es gut? Ist es weich? Verformt es sich? Auch die Diskretion wurde bewertet. Für Geräusche wie Rascheln und Knistern oder das Abzeichnen unter der Kleidung gab es Abzüge. Funktion und Tragekomfort gingen mit je 40% in die Gesamtnote ein. Mit jeweils 10% spiegelten sich zudem Handhabung und die Informationen auf der Packung in der Endnote wider. So wurde beispielsweise geprüft, ob allen Deklarationsvorschriften des Medizinproduktegesetzes genüge getan wurde.

Jede zweite Vorlage läuft aus

Bei den Vorlagen fiel jede zweite durch. Vorlagen sind vergleichsweise günstig – die getesteten sind für 34 bis 65 Cent pro Stück zu haben – und leicht zu wechseln. Kassen raten, sie vorrangig zu verordnen – weil sie angeblich hautfreundlicher sind. Im Test klagten aber einige Probanden über Irritationen. Am besten schnitten die Produkte von Hartmann (Moliform Premium Extra Soft), Seni (San Seni Uni), Attends (Contours Regular 7) und Tena (Comfort extra) ab. Sie alle wurden mit der Gesamtnote „gut“ bewertet. Die Vorlagen von Tena und Attends schnitten bei der Handhabung noch etwas besser ab als die Konkurrenz. Die Kosten liegen zwischen 65 Cent pro Stück für das Hartmann-Produkt und 41 Cent für jenes von Attends. Letzteres war damit das einzige günstige Hilfsmittel, das mit gut bewertet wurde. Als deutlich schlechter beurteilten die Probanden die Hilfsmittel von Abena (Delta San 9), Nonaform (Super), Unizell (Medicare Easy f super) und Param (Form Plus Premium). Die Gesamtnote war hier lediglich ausreichend. Diese vier Vorlagen konnten vor allem bei der Funktion nicht überzeugen. Sie liefen zum Teil aus und die Haut blieb nicht trocken. Mit Abena Delta San 9 wurde bemerkenswerterweise die zweitteuerste Vorlage im Test (58 Cent) verrissen. Die anderen drei schwach Bewerteten sind jedoch mit einem Stückpreis zwischen 34 und 37 Cent die Günstigsten.

Bei Windeln ist teuer besser

Bei den Windelslips gilt klar: Die Teuren sind im Test die Besten. So konnten bei den Testern die Windeln von Hartmann (Molicare Premium Slip Super Plus L) und Tena (Slip Super Large) punkten. Sie kosten allerdings mit 1,18 Euro bzw. 1,13 Euro pro Stück auch doppelt so viel wie das günstigste Produkt im Test – das von Unizell (Medicare Easy S Large), wurden aber durchweg mit „gut“ bewertet. Die Windeln von Param (Slips Premium), Nona (Slip), Abena (Delta Form) und Unizell (Medicare Easy S) hinterließen immer ein nasses Gefühl. Hier wurde noch mehr kritisiert, sodass es für diese vier – die allesamt von den Kassen erstattet werden – nur die Gesamtnote „ausreichend“ gab.

Durchweg die besten Noten gab es für Pants. Sie werden jedoch nur im Ausnahmefall von den Kassen erstattet. „Schade“, findet Stiftung Warentest, denn die Anwender seien zufrieden gewesen. Sie haben sich sicher gefühlt, heißt es. Getestet wurden hier drei der so genannten Pull-Ons: Tena Pants Plus, Hartman MoliCare Mobile ideal fit und Seni Active. Sie kosten zwischen 1,09 Euro (Seni) und 1,46 Euro (Hartmann) pro Stück.

Wo ist das Problem?

Warum ist auf so viele Produkte kein Verlass? Auch diese Frage beantwortet Stiftung Warentest. Viele der derzeit von den Kassen erstatteten Produkte entsprechen nicht mehr dem Stand der Entwicklung, heißt es in dem Bericht. Mit dem gerade verabschiedeten Heil- und Hilfsmittelgesetz treten aber neue Qualitätsstandards in Kraft – erstmalig seit 23 Jahren. Alle Hilfsmittel, die im Test nur mit „ausreichend“ bewertet wurden, erfüllten zum Beispiel das neue Kriterium für die Rücknässung nicht, erklärt der Projektleiter. Besserung ist jedenfalls mittelfristig in Sicht: Die Kassen müssen ihre Hilfsmittelverzeichnisse bis Endes 2018 gemäß der neuen Standards über­arbeiten. Dabei muss auch immer eine aufzahlungsfreie Option ange­boten werden. Wie das mit den der­zeitigen Dumping-Pauschalen einiger Kassen realisierbar ist, bleibt abzuwarten. |

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