Arzneimittelsicherheit

Informationen über unerwünschte Wirkungen

AMK/ck | In der Rubrik „Wichtige Mitteilungen“ informiert die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker über Fälle, in denen die Arzneimittelsicherheit infrage gestellt oder gefährdet ist. Die Meldungen der Arzneimittelkommission umfassen Stufenplanmittei­lungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Rückrufe und Überprüfungen von Fertigarzneimitteln, wichtige Informationen über fragwürdige Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel und zur Arzneimittelsicherheit. Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung der wichtigsten Hinweise aus dem vergangenen Jahr. Angegeben sind jeweils die Heftnummer, in der die Mitteilung veröffentlicht war, sowie die Seitenzahl.
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Vorsicht vor Überdosierung Colchicin-haltiger Tropfen.

Sichere Anwendung von Colchicin-haltigen Tropfen

Die AkdÄ warnte vor versehentlichen Überdosierungen mit Colchicin-haltigen Tropfen. Hintergrund waren ein Spontanbericht mit tödlichem Ausgang, Berichte aus der Literatur und Auswertungen des Giftinformationszentrums Erfurt. Colchicin-haltige Tropfen sind zugelassen zur Therapie des akuten Gichtanfalls und sollten wegen einer engen therapeutischen Breite besonders intensiv überwacht werden. Bei Einnahme höherer therapeutischer Dosen treten sehr häufig gastrointestinale Symptome auf, die als Zeichen einer ausreichenden Dosierung zu werten sind. Bei Durchfällen sollte die Therapie mit dem ethanolischen Herbstzeitlosen-Extrakt sofort beendet werden.

Wichtig ist auch der Hinweis, auf exaktes Dosieren zu achten: Die Tropf­flaschen enthalten ausschließlich Zentraltropfer und müssen daher zur Entnahme senkrecht nach unten gehalten werden. Um Medikationsfehler zu vermeiden, plant das BfArM, im Rahmen eines Stufenplanverfahrens Risikominimierungsmaßnahmen anzuordnen und die maximale Original-Packungsgröße auf 30 ml zu begrenzen. (DAZ 5, S. 111)

Bisher nicht bekannte Nebenwirkungen bei Checkpoint-Inhibitoren

Das PEI und das BfArM informierten über Verdachtsfälle unerwünschter Reaktionen nach einer Behandlung mit den Checkpoint-Inhibitoren Ipilimumab (Yervoy®), Nivolumab (Opdivo®) und Pembrolizumab (Keytruda®). Deutschlandweit erfasste das PEI insgesamt 956 Einzelfallberichte zu den monoklonalen Antikörpern. Die Meldungen erlauben keine Aussagen über die Nebenwirkungshäufigkeit, und auch ein direkter Vergleich der Risikoprofile ist nicht möglich. Entsprechend des Wirkprinzips der CTLA-4 (zytotoxische T-Lymphozyten-assoziierte Antigen 4)- oder PD1(programmed death 1)-Inhibitoren werden überschießende Immunreaktionen erwartet. Entzündliche Reaktionen wie Kolitis, Hypophysitis/Hypopituitarismus, Pneumonitis, Diarrhö und Hepatitis zählen zu den häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen. (DAZ 5, S. 112)

Rote-Hand-Brief zu Misoprostol

Ferring Arzneimittel GmbH infor­mierte in einem Rote-Hand-Brief über exzessive uterine Tachysystolien unter Misoprostol 200 µg, vaginales Wirkstofffreisetzungssystem (Misodel®). Das wehenfördernde Mittel wird bei Frauen mit unreifer Zervix ab der 37. Schwangerschaftswoche zur Geburts­einleitung eingesetzt. In Studien sowie nach Markteinführung wurden Fälle von uteriner Tachysystolie berichtet, die auch unter eingeleiteter Tokolyse nicht nachließ. Eine Überprüfung ergab, dass exzessive Tachysystolien auch bei Anwendung gemäß der Fach- und Gebrauchsinformation ausgelöst werden können, die möglicherweise nicht auf eine wehenhemmende Behandlung ansprechen. Die Fach- und Gebrauchsinformationen wurden aktualisiert. (DAZ 48, S. 123)

Stevens-Johnson-Syndrom und Agranulozytose unter Rivaroxaban

Es wurde über das Risiko für Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und Agranulozytose unter der Behandlung mit Rivaroxaban (Xarelto®) informiert. In klinischen Studien wurden keine Fälle dieser unerwünschten Wirkungen beobachtet, wohingegen auf der Basis von Spontanmeldungen die geschätzte kumulative weltweite Berichtsrate für SJS 0,04 und für Agranulozytose 0,03 pro 10.000 Patientenjahre beträgt. In den USA und in der Schweiz wird in den Produktinformationen des direkten Faktor-Xa-Inhibitors auf diese sehr seltenen unerwünschten Nebenwirkungen hingewiesen. Patienten sollten über die möglichen Anzeichen und Symptome von Agranulozytose und SJS informiert werden und beim Auftreten rasch einen Arzt zu konsultieren. (DAZ 4, S. 92)

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Orale Kontrazeptiva mit Dieno­gest und Ethinylestradiol sind nicht erste Wahl bei mittelschwerer Akne. Um das Thromboserisiko zu reduzieren, sollten nur Frauen die Hormonkombination anwenden, die eine orale Kontrazeption wünschen.

Orale Kontrazeptiva sind zweite Wahl in der Aknetherapie

Der CHMP empfiehlt die Wirkstoffkombination 2 mg Dienogest und 0,03 mg Ethinylestradiol zur Behandlung der mittelschweren Akne bei Frauen weiterhin als Zweitlinien-Therapie. Das Gestagen Dienogest ist ein Nortestosteron-Derivat mit antiandrogener Wirkung, wodurch die Talgproduktion der Haut verändert wird. Bisher ist laut Fachinformation die Anwendung indiziert, wenn geeignete lokale Therapeutika nicht wirksam sind und es keine Gegenanzeigen für eine Behandlung mit oralen Kon­trazeptiva gibt. Die britische Arzneimittel-Agentur zweifelte das positive Nutzen/Risiko-Profil dieser Wirkstoffkombination bei mittelschwerer Akne an und initiierte im Februar 2016 ein europäisches Bewertungsverfahren. Nach seinem Abschluss sieht der CHMP die Evidenz zur Zweitlinien-Therapie mit Dienogest und Ethinylestradiol bei mittelschwerer Akne bei Frauen als gegeben an, sofern topische Behandlungen oder oral eingenommene Antibiotika nicht wirksam sind. Es haben sich keine neuen Sicherheitsbedenken ergeben. Das Risiko für venöse Thromboembolien wird weiterhin als niedrig eingestuft. (DAZ 7, S. 116)

Unter direkt wirkenden Hepatitis-C-Virustatika auf Hepatitis B achten!

Die direkt wirkenden Hepatitis-C-Virustatika Daclatasvir (Daklinza®), Dasabuvir (Exviera®), Sofosbuvir/Ledipasvir (Harvoni®), Simeprevir®(Olysio®), Sofosbuvir (Sovaldi®) und Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir (Viekirax®) sowie Elbasvir/Grazoprevir (Zepatier®) und Sofosbuvir/Velpatasvir (Epclusa®) sind zugelassen für Therapieregime ohne Interferone. Interferone wirken sowohl gegen Hepatitis-B- als auch gegen Hepatitis-C-­Viren. Unter der Interferon-freien Behandlung besteht bei Patienten, die unter Hepatitis B leiden, das Risiko einer Hepatitis-B-Virus-Reaktivierung. In die Produktinformationen werden Hinweise aufgenommen, wonach Patienten vor der Behandlung mit direkt wirkenden Hepatitis-C-Virustatika auf Hepatitis B zu untersuchen sind. (DAZ 11, S. 104)

Allergische Reaktionen durch Chlorhexidin-haltige Hautantiseptika

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA informierte über gestiegene Fallzahlen von allergischen Reaktionen nach topischer Anwendung Chlorhexidin-haltiger Desinfektionsmittel. Chlorhexidin ist als Antiseptikum zur Anwendung auf Haut und Schleimhaut in Arzneimitteln, Medizinprodukten und Kosmetika enthalten. Bereits 2013 berichtete die AMK über Fälle von Überempfindlichkeitsreaktionen, vor allem nach Anwendung Chlorhexidin-haltiger Mundspüllösungen, nachdem das BfArM neue Empfehlungen zur sicheren Anwendung veröffentlichte. Wird eine Überempfindlichkeit gegenüber Chlorhexidin vermutet, muss der Patient über das Risiko von allergischen bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen bei erneuter Anwendung informiert werden. Die Apotheke sollte über alternative Antiseptika individuell beraten. (DAZ 8, S. 111)

Risikobewertungsverfahren zu Hydroxyethylstärke-haltigen Arzneimitteln

Die EMA hat eine neue Bewertung von Hydroxyethylstärke(HES)-haltigen Arzneimitteln gestartet. Diese wird bei Hypovolämie eingesetzt, sofern eine alleinige Therapie mit alternativen Infusionslösungen nicht ausreicht. Hintergrund waren zwei Studien, aus denen hervorgeht, dass HES-haltige Arzneimittel auch außerhalb des zugelassenen Einsatzes verwendet werden, obwohl bereits 2013 entsprechende Anwendungsbeschränkungen in der EU eingeführt wurden. Der PRAC wird nun alle verfügbaren Daten und deren Einfluss auf das Nutzen/Risiko-Verhältnis HES-haltiger Arzneimittel zur Infusion bewerten und eine EU-weite Empfehlung abgeben, ob die Zulassungen aufrechtzuerhalten sind, geändert oder zurückgezogen werden müssen. (DAZ 44, S. 115)

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Bei Auffälligkeiten an den Füßen sollten Diabetiker, die SGLT2-Inhibitoren nehmen, ihren Arzt aufsuchen.

Erhöhtes Risiko von Zehenamputa­tionen unter SGLT2-Inhibitoren

Im Rahmen eines europäischen Risikobewertungsverfahrens informierte der CHMP über das erhöhte Risiko von Amputationen der unteren Extremitäten (vorwiegend der Zehen) bei Typ-2-Diabetikern, die mit den Natrium-Glucose-Kotransporter-2(SGLT2)-Inhibitoren Canagliflozin, Empagliflozin oder Dapagliflozin behandelt werden. Die Fachinformation wird um das Risiko von Zehenamputationen erweitert. Bei Canagliflozin, das es in Deutschland nicht mehr gibt, wird zudem die Amputation der unteren Extremitäten mit einer Häufigkeit von eins bis zehn Patienten von 1000 als Nebenwirkung gelistet. Anhand klinischer Daten zu Canagliflozin warnte der PRAC, dass bei schlecht eingestellten Diabetikern mit Problemen des Herzens sowie der Blutgefäße das Risiko von Infektionen und Geschwüren erhöht ist, die zu Amputationen führen können. Obwohl gleichlautende Ergebnisse zu Empagliflozin und Dapa­gliflozin noch fehlen, sei nicht auszuschließen, dass auch hier ein Risiko von Zehenamputationen besteht. Mit SGLT2-Inhibitoren behandelten Patienten sollte zu einer präventiven ­medizinischen Fußpflege geraten werden. (DAZ 10, S. 121)

Unter Trastuzumab die Herzfunktion überwachen

Die Roche Pharma AG erinnerte mit einem Rote-Hand-Brief an die notwendige Überwachung der Herzfunktion vor, während und nach der Behandlung mit Trastuzumab sowie an die Einhaltung der Behandlungsalgorithmen entsprechend der Fachinformation von Herceptin®. Damit soll die Häufigkeit und Schwere einer linksventrikulären Dysfunktion und kongestiven Herzinsuffizienz verringert werden.

Wichtige Aspekte sind unter anderem:

  • Die kardiologischen Untersuchungen sind zu Therapiebeginn durchzuführen und dann alle drei Monate zu wiederholen.
  • Trastuzumab und Anthracycline sollen beim metastasierenden Brustkrebs sowie in der adjuvanten Brustkrebsbehandlung nicht gleichzeitig angewandt werden, da hier mit einem erhöhten Risiko für kardiale Ereignisse zu rechnen ist.
  • Die kardiale Überwachung der Patienten sollte nach letztmaliger Gabe von Trastuzumab halbjährlich über zwei Jahre fortgesetzt werden. Werden gleichzeitig Anthracycline eingesetzt, sind die Patienten zusätzlich jährlich bis zu fünf Jahre lang zu überwachen.

Apotheker sollten Patienten über die Notwendigkeit der kardiologischen Überwachung informieren. (DAZ 13, S. 138)

Aktualisierung der Fachinformation von Enoxaparin

Die Produktinformationen für Enoxaparin-Natrium (Clexane®) wurden in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union harmonisiert. Es bestanden wesentliche Unterschiede in den Produktinformationen: Die Angaben zur Wirkstärke, die Dosierungsempfehlungen für die Behandlung von tiefen Venenthrombosen und Lungen­embolien sowie die Empfehlungen zur Anwendung bei starker Einschränkung der Nierenfunktion wurden nun aktualisiert. Die Stärke von Enoxaparin-Natrium wird zukünftig sowohl in internationalen Einheiten (IE) Anti-Xa-Aktivität als auch in der bisher verwendeten Angabe in Milligramm (mg) gelistet. So sollen Medikationsfehler durch Fehldosierungen vermieden werden, die zu Thrombosen oder schweren Blutungen führen könnten. In einigen EU-Mitgliedstaaten war Enoxaparin-Natrium für Patienten mit starker Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance 15 bis 30 ml/Minute) kontraindiziert. Dies wurde aus den Produktinformationen gestrichen. (DAZ 15, S. 114)

Dritter Wirkbereich für Hände­desinfektionsmittel definiert

Bislang wurden die Händedesinfektionsmittel in die Wirkbereiche „begrenzt viruzid“ und „viruzid“ eingeteilt. Das Robert Koch-Institut hat einen dritten Wirkbereich „begrenzt viruzid PLUS“ definiert. Hintergrund waren die bisher oftmals widersprüchlichen Wirksamkeitsangaben für bestimmte, schwer inaktivierbare Viren in den Produktinformationen bei ein und demselben Desinfektionsmittel. Der neu definierte Wirkbereich „begrenzt viruzid PLUS“ umfasst neben den durch den Bereich „begrenzt viruzid“ erfassten behüllten Viren speziell die Wirksamkeit gegenüber unbehüllten Adeno-, Noro- und Rotaviren, die vergleichsweise häufig an Virusausbrüchen beteiligt sind. Desinfektionsmittel des neuen Bereichs „begrenzt viruzid PLUS“ müssen geringere Prüfanforderungen erfüllen. Dadurch sollen die Anzahl von wirksamen Produkten mit besserer Verträglichkeit und die Compliance bei der hygienischen Händedesinfektion zunehmen. (DAZ 20, S. 106)

Schwere Blutungen und Rhabdomyolyse unter Cobimetinib

Die Roche Pharma AG informierte in einem Rote-Hand-Brief über zusätzliche Warnhinweise und Dosisanpassungen für Cobimetinib (Cotellic®). In klinischen Studien und nach Markteinführung wurden schwere Blutungen sowie Rhabdomyolysen und erhöhte Kreatinphosphokinase-Spiegel unter Cobimetinib beobachtet. Der Kinasehemmer ist in Kombination mit Vemurafenib zur Behandlung Erwachsener mit nicht resezierbarem oder metastasiertem Melanom mit einer BRAF-V600-Mutation zugelassen.

Die aktualisierten Empfehlungen zur Anwendung von Cobimetinib lauten:

  • Bei Blutungsereignissen vom Grad 3 oder 4 sollte die Behandlung mit ­Cobimetinib unterbrochen werden. Eine Wiederaufnahme der Behandlung nach Grad-3-Blutungen sollte nach klinischem Ermessen erfolgen; nach Grad-4-Ereignissen oder zerebralen Blutungen ist Cobimetinib dauerhaft abzusetzen.
  • Bei Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren für Blutungen wie Hirnmetastasen, gastrointestinalen Erkrankungen und/oder Begleitmedikationen, wie Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulanzien, ist bei der Anwendung besondere Vorsicht geboten. (DAZ 17, S. 97)
Foto: BfArM
Für Valproat-haltige Arzneimittel müssen die Hersteller freiverfügbare Schulungsmaterialien und eine Erinnerungskarte für Patienten zur Verfügung stellen, damit diese über die teratogene Wirkung aufgeklärt werden.

Patientenkarte für Valproat und verwandte Substanzen

Im Zusammenhang mit dem Stufenplanbescheid (Stufe II) wurden die Hersteller Valproat-haltiger Arzneimittel verpflichtet, freiverfügbare Schulungsmaterialien und eine Erinnerungskarte für Patienten einzuführen, damit diese die Risiken einer Valproatexposition im Mutterleib kennen und verstehen (s. Abb.). Um die Anwendungssicherheit Valproat-haltiger Arzneimittel bei Mädchen, weiblichen Jugendlichen, Frauen im gebärfähigen Alter und schwangeren Frauen zu verbessern, wird auch in Deutschland jeder Originalpackung zusätzlich eine mit dem Symbol der „Blauen Hand“ versehene Patienten­erinnerungskarte beigefügt werden. Das Nutzen/Risiko-Verhältnis von Valproat-haltigen Arzneimitteln wird weiterhin positiv gesehen, wenn diese Anforderungen erfüllt werden. (DAZ 17, S. 99 und DAZ 28, S. 106)

Weltweite Marktrücknahme von Retigabin

GlaxoSmithKline GmbH informierte, dass Retigabin (Trobalt®) seit Ende Juni 2017 weltweit nicht mehr erhältlich ist. Auf dem deutschen Markt erfolgte die Rücknahme bereits 2012. Es werden jedoch weiterhin Patienten in Deutschland mit Importware des Antiepileptikums aus dem europäischen Ausland behandelt. Nach Einschränkung der Indikation durch die EMA im Mai 2013 aufgrund ophthalmologischer und kutaner Nebenwirkungen wird Retigabin aktuell als Zusatztherapie bei Epilepsie-Patienten ab 18 Jahren mit pharmakoresistenten fokalen Krampfanfällen eingesetzt, bei denen andere Arzneimittel-Kombinationen nur unzureichend wirkten bzw. nicht vertragen wurden. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Therapie mit Retigabin nicht mehr neu begonnen werden darf und dass derzeit mit Retigabin behandelte Patienten umzustellen sind. Das Antiepileptikum sollte gemäß der Produktinformation schrittweise über mindestens drei Wochen abgesetzt werden. (DAZ 18, S. 96)

Schwere Leberschäden unter Ulipristalacetat

Die EMA hat ein europäisches Risikobewertungsverfahren zu Ulipristalacetat (Esmya®) zur Behandlung von Uterusmyomen gestartet, nachdem bei vier Patientinnen schwere Leberschädigungen beobachtet wurden. In drei Fällen war eine Lebertransplantation erforderlich geworden. Laut EMA erhielten bislang etwa 670.000 Frauen den Progesteron-Rezeptormodulator, der zur Behandlung von Uterusmyomen indiziert ist. Der PRAC bewertete die Fallberichte und folgerte, dass die Leberschäden durch Ulipristalacetat verursacht worden sein könnten. Zur Behandlung von Uterusmyomen wird Ulipristalacetat präoperativ oder zur Intervall-Therapie eingesetzt (5 mg/Tag für Behandlungsintervalle von jeweils bis zu drei Monaten). Ulipristalacetat-haltige Arzneimittel für die Indikation Notfallkontrazeption (Dosierung 30 mg) sind von den Sicherheitsbedenken bislang nicht betroffen. (DAZ 49, S. 104)

Agranulozytose unter Nivolumab

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) berichtete über eine Patientin mit metastasiertem nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom, die 20 Tage nach einer einmaligen Nivolumab-Gabe eine Agranulozytose mit neutropenem Fieber entwickelte. Nach vier Wochen stationärer Behandlung konnte die Patientin wieder in den ambulanten Bereich entlassen werden. Die Auswertung des Falls ergab, dass Nivolumab eine Agranulozytose auslösen kann. Die AMK bittet Apotheken, bei Patienten mit Fieber, Halsschmerzen und Entzündungen der Mundschleimhaut unter Berücksichtigung ihrer Medikation eine Agranulozytose in Betracht zu ziehen sowie entsprechend zu beraten. (DAZ 24, S. 106)

EudraVigilance voll funktionsfähig

Die EMA betreibt seit 2001 ein web­basiertes, europäisches Informationssystem für Verdachtsfälle zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Nach jahrelanger, schrittweiser Erweiterung ist das System nun voll funktionsfähig, es startete zum 22. November 2017. Mit über 2,6 Millionen Fällen aus dem europäischen Wirtschaftsraum und fast 700.000 Arzneimitteln ist EudraVigilance eine der größten Datenbanken ihrer Art und wichtig bei der kontinuierlichen Überprüfung der Sicherheit von in der EU zugelassenen Arzneimitteln. Europäische Zulassungsinhaber sind verpflichtet, Verdachtsfälle zu UAW binnen 90 Tagen, bei schwerwiegenden Fällen innerhalb von 15 Tagen, elektronisch in Eudra­Vigilance einzuspeisen. Für Apotheker, andere Heilberufler und Patienten gelten weiterhin die bekannten Meldewege. Apotheken melden direkt der AMK unter www.arzneimittelkommission.de. (DAZ 47, S. 109)

Rote-Hand-Brief zu Cladribin

Mit einem Rote-Hand-Brief informierten die Hersteller über das Auftreten einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) im Zusammenhang mit Cladribin. Das Auftreten dieser seltenen Demyelinisierungserkrankung des Gehirns, die durch Reaktivierung des JC-Virus verursacht wird, wurde sechs Monate bis mehrere Jahre nach Behandlung mit Cladribin beobachtet. Das Purin-Nukleosid-Analogon ist unter anderem zur Therapie der Haarzell-Leukämie zugelassen. Aufgrund der Sicherheitsbedenken wird gefordert, dass bei Patienten mit neu auftretenden oder sich verschlechternden neurologischen oder kognitiven Anzeichen oder Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten eine PML als Differenzialdiagnose in Betracht zu ziehen ist. Die Fach- und Gebrauchsinformationen der für onkologische Indikationen zugelassenen Präparate (Litak®, Leustatin®) werden aktualisiert. Die Produktinformation für Cladribin zur Behandlung der hochaktiven schubförmigen multiplen Sklerose enthalten bereits einen Warnhinweis zum PML-Risiko. (DAZ 49, S. 102)

Fingolimod bei kardialen Erkrankungen kontraindiziert

Die Novartis Pharma GmbH warnte in einem ­Rote-Hand-Brief vor der Anwendung von Fingolimod (Gilenya®) bei Patienten mit kardialen Erkrankungen. Der Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator ist zugelassen zur krankheitsmodifizierenden Monotherapie von hochaktiver schubförmig-remittierend verlaufender multipler Sklerose bei Erwachsenen. Das Risiko schwerwiegender Herzrhythmusstörungen wird bereits in der Produktinformation beschrieben. Es werden nun weitere Kontraindikationen aufgeführt:

  • Patienten mit Myokardinfarkt, instabiler Angina pectoris, Schlaganfall, transitorisch ischämischer Attacke, dekompensierter Herzinsuffizienz oder NYHA-Klasse III/IV.
  • Patienten mit schweren Herzrhythmusstörungen, die eine antiarrhythmische Behandlung mit Antiarrhythmika der Klasse la (z. B. Chinidin, Procainamid) und Klasse III (z. B. Amiodaron, Sotalol) erfordern.
  • Patienten mit einem bestehenden QTc-lntervall ≥ 500 Millisekunden.

Die Produktinformationen werden entsprechend angepasst. (DAZ 45, S. 107)

Schwerwiegende Leberprobleme unter Flupirtin

Die EMA hat erneut ein Risikobewertungsverfahren zu Flupirtin-haltigen Arzneimitteln zur Schmerzbehandlung eingeleitet. Dieses Verfahren wurde durch das BfArM ausgelöst und knüpft an ein Risikobewertungsverfahren im Jahr 2013 an, das wegen schwerwiegender Leberprobleme zu Anwendungseinschränkungen führte. Flupirtin ist ein Analgetikum, das zur Behandlung von akuten (kurz dauernden) Schmerzen für bis zu zwei Wochen bei Patienten angewendet wird, die keine anderen Schmerzmittel wie Opioide oder nichtsteroidale Antirheumatika einnehmen können. Zudem sind Kon­trollen der Leberwerte während der Behandlung erforderlich. Jetzt konnte gezeigt werden, dass die Anwendungseinschränkungen zwar die Anzahl von mit Flupirtin behandelten Patienten reduziert haben, die Einschränkungen aber nicht in ausreichendem Maß beachtet werden. Es wurden weiterhin Fälle von schwerwiegenden Leberschädigungen unter Flupirtin berichtet. Der PRAC untersucht nun, wie sich die aktuellen Daten auf das Nutzen/Risiko-Verhältnis auswirken, um zu entscheiden, ob weitere regulatorische Maßnahmen erforderlich sind. (DAZ 44, S. 114)

Erhöhte Mortalität wegen Infektionen unter Bendamustin

Astellas Pharma GmbH informierte in einem Rote-Hand-Brief über Beobachtungen zu erhöhter Toxizität von Bendamustin (Levact®, Generika). Wichtige Indikationsgebiete des Alkylanz sind chronisch lymphatische Leukämien, indolente Non-Hodgkin-Lymphome sowie multiples Myelom. In aktuellen Studien, bei denen Bendamustin in nicht zugelassenen Kombinationsbehandlungen (Bendamustin mit Rituximab oder Bendamustin mit Obinutuzumab) oder außerhalb der zugelassenen Indikation eingesetzt wurde, ist eine Assoziation mit erhöhter Mortalität und einem ungünstigen Sicherheitsprofil beobachtet worden. Letale Ereignisse ergaben sich hauptsächlich durch (opportunistische) Infektionen, aber auch durch tödliche kardiale, neurologische und respiratorische Toxizität. Die Fachinformation wird überarbeitet, und Warnhinweise bezüglich (opportunistischer) Infektionen werden aktualisiert. (DAZ 36, S. 109)

Schwere Arzneimittelinduzierte Hautreaktionen unter Epoetinen

Die Zulassungsinhaber informierten in einem gemeinsamen Rote-Hand-Brief über das Risiko von schweren Arzneimittel-induzierten Hautreaktionen bei Patienten, die mit Epoetin-haltigen Arzneimitteln (Darbepoetin alfa, Epoetin alfa, Epoetin beta, Epoetin theta, Epoetin zeta und Methoxy-Polyethylenglycol-Epoetin beta) behandelt werden. Aufgrund von Spontanberichten über schwere arzneimittelinduzierte Hautreaktionen, einschließlich Steven-Johnson-Syndrom und toxischer epidermaler Nekrolyse wurde eine detaillierte Analyse durchgeführt. Das Risiko konnte für die gesamte Klasse der Epoetine festgestellt werden, während schwere Reaktionen bei langwirksamen Epoetinen berichtet wurden. Die Häufigkeit dieser unerwünschten Reaktion ist nicht bekannt. Patienten sollten auf Anzeichen und Symptome von schweren Hautreaktionen hingewiesen werden: Großflächiger Ausschlag mit Rötung und Blasenbildung der Haut und oralen Schleimhaut, des Augen-, Nasen-, Hals- und Genitalbereichs im Anschluss an grippe­ähnliche Symptomen, einschließlich Fieber, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen. Bei diesen Symptomen sollte ein Arzt aufgesucht und die Epoetine abgesetzt werden. Die Fachinformationen werden derzeit aktualisiert. (DAZ 40, S. 119)

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Bei Kindern traten unter Einnahme eines H1-Antihistaminikums der zweiten ­Generation Appetitsteigerungen und eine Gewichtszunahme auf.

Gewichtszunahme bei Kindern unter Desloratadin und Loratadin

Eine Analyse auf Basis der globalen Spontanberichtsdatenbank der WHO unterstützt einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Loratadin oder Desloratadin und einer Gewichtszunahme bei Kindern. Eine Gewichtszunahme kann beobachtet werden, wenn Fett- oder Muskelgewebe zunehmen oder Flüssigkeit in Geweben eingelagert wird. Da neuronales Histamin sowie H1- und H3-Rezeptoren unter anderem den Energiestoffwechsel regulieren, erscheint eine Gewichtszunahme durch Blockade dieser Strukturen plausibel. Antihistaminika der zweiten Generation sollten aufgrund ihrer geringen ZNS-Penetration und peripheren H1-Selektivität weniger zentrale Effekte aufweisen. Es wird von einer „schlagartigen Steigerung des Appetits mit einher­gehender Gewichtszunahme“ unter Desloratadin berichtet, die unabhängig vom verwendeten Produkt war. Die Appetitsteigerung verschwand nach einer kurzen Pause und trat nach einer erneuten Einnahme des H1-Antihistaminikums der zweiten Generation wieder auf. Während in den deutschen Produktinformationen zu Loratadin-Arzneimitteln Appetitsteigerungen erwähnt sind (gelegentlich), fehlt diese Angabe bei Desloratadin-haltigen Präparaten. Eine Gewichts­zunahme wird jeweils nicht erwähnt. (DAZ 38, S. 138)

Stufenplanverfahren zu Dimenhydrinat- und Diphen­hydramin-haltigen Antiemetika

Im Rahmen eines Stufenplanverfahrens (Stufe II) zu oralen und rektalen Dimenhydrinat- bzw. Diphenhydramin-haltigen Antiemetika zur Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern hat das BfArM eine Nutzen/Risiko-Bewertung vorgenommen und führt eine schriftliche Anhörung durch. Es sollen die Indikation eingeschränkt und Tageshöchstdosen in den Produktinformationen ausgewiesen werden. Zur Begründung führt das BfArM 39 Berichte schwerwiegender UAW an; hiervon fünf Fälle mit tödlichem Ausgang bei Kindern bis drei Jahre. Die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen umfassten: Krampfanfälle, Überdosis, Somnolenz und Pulsänderungen. Da Dimenhydrinat bzw. Diphenhydramin, insbesondere bei Überdosierung, Krampfanfälle auslösen kann und fieberhafte (gastrointestinale) Infekte bei Säuglingen und Kleinkindern von Fieberkrämpfen begleitet sein können, sieht das BfArM bei dieser Patientengruppe ein zusätzlich erhöhtes Risiko für einen Krampfanfall. Bei Kleinkindern bis drei Jahre wird zudem kein Vorteil einer Therapie bei einer unkomplizierten Gastroenteritis gegenüber einer ausreichenden Rehydratation gesehen. (DAZ 33, S. 97)

Weltweite Marktrücknahme von Albiglutid

Firma GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG informiert über die weltweite Marktrücknahme von Albiglutid (Eperzan®). Diese Entscheidung der Marktrücknahme des gentechnisch hergestellten Antidiabetikums aus der Gruppe der Inkretin-Mimetika zum Juli 2018 stehe in keinem Zusammenhang mit Sicherheitsbedenken. Derzeit mit Albiglutid behandelte Patienten sind rechtzeitig bis Juli 2018 umzustellen. Eine Therapie mit Eperzan® soll nicht mehr neu begonnen werden. (DAZ 31, S. 93)

Chemische Inkompatibilität bei Calciumfolinat- und 5-Fluorouracil­haltigen Mischinfusionen

Im Rahmen des Stufenplanverfahrens (Stufe II) hat das BfArM Änderungen in den Produktinformationen Calciumfolinat-haltiger Arzneimittel zur Injektion angeordnet. Eine Mischinfusion von Calciumfolinat mit 5-Fluorouracil (5-FU) kann aufgrund von Präzipitatbildung unter Praxisbedingungen ein unkalkulierbares Risiko für die Patienten darstellen. Wird im Rahmen einer zytotoxischen Therapie Calciumfolinat mit 5-FU in der gleichen Infusion gemischt, erhöht sich das Risiko für das Auftreten von Verstopfungen des Portzugangs durch Ablagerungen (Calciumcarbonat). In der Fachinformation Calciumfolinat-haltiger Arzneimittel soll auf diese Inkompatibilität hingewiesen werden. Die Gebrauchsinformation muss ebenfalls den Hinweis enthalten, dass Calciumfolinat nicht mit 5-FU in der gleichen i.v.-­Injektion oder -Infusion gemischt werden darf, da sich Ausfällungen bilden können. (DAZ 18, S. 97)

Risiko schwerer Leberschäden unter Daclizumab

Das europäische Risikobewertungs­verfahren zu Daclizumab (Zinbryta®) wurde beendet. Um das Risiko schwerer Leberschädigungen zu reduzieren, wurden weitere Anwendungsbeschränkungen beschlossen. Während der Behandlung mit Daclizumab und bis zu sechs Monate nach Behandlungsende können unvorhersehbare immunvermittelte Leberschädigungen mit mög­licherweise tödlichem Ausgang auf­treten. Daher sollten nur solche Multiple-Sklerose-Patienten Daclizumab erhalten, die auf mindestens zwei krankheitsmodifizierende Therapien unzureichend angesprochen haben. Bei Vorerkrankungen der Leber ist Daclizumab kontraindiziert. Die Leberfunktionswerte sind mindestens einmal monatlich und möglichst unmittelbar vor jeder Gabe zu überwachen. Auch nach Ende der Behandlung sind diese Untersuchungen bis zu sechs Monate lang fortzuführen. (DAZ 26, S. 107, DAZ 28, S. 106 und DAZ 46, S. 126)

Symbioflor® 2 bei Erwachsenen mit Reizdarmsyndrom einsetzbar

Foto: SymbioPharm GmbH
Das Konzentrat mit Escherichia-coli-Bakterien soll gegen das Reizdarm-Syndrom verwendet werden können. Die Indikation funktionelle Magen-Darm-Störungen soll entfallen.

Im Rahmen eines europäischen Risikobewertungsverfahrens wurde über die Ergebnisse der Nutzen/Risiko-Analyse zu Symbioflor® 2 informiert. Der CHMP empfiehlt die Anwendung des aus Escherichia-coli-Stämmen gewonnenen Arzneimittels nur noch zur Behandlung Erwachsener mit Reizdarmsyndrom. Die Verwendung bei funktionellen Magen-Darm-Störungen wird nicht befürwortet. Einen Nutzen bei Kindern mit Reizdarm hält der Ausschuss dagegen für nicht ausreichend belegt. Das Risikobewertungsverfahren des CHMP schloss verfügbare Daten aus klinischen Studien, Anwendungsbeobachtungen sowie ergänzenden Informationen des Zulassungsinhabers ein und ergab keine neuen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Symbioflor® 2 seit der Zulassung. Die vorliegenden Informationen lassen ein geringes Risiko für unerwünschte Wirkungen vermuten. Der Zulassungsinhaber wurde beauflagt, neue Studien­daten zur Nutzen/Risiko-Analyse bei verschiedenen Formen des Reizdarmsyndroms (mit und ohne Diarrhö) nachzureichen. (DAZ 26, S. 106)

Selexipag nicht gleichzeitig mit Gemfibrozil anwenden

Die Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH informierte über eine neue Kontraindikation für das Orphan Drug Selexipag (Uptravi®), das zur Langzeitbehandlung der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) eingesetzt wird. Der Vasodilatator Selexipag ist ein selektiver Prostacyclin(IP)-Rezeptor-Agonist und wird hepatisch zu seinem aktiven Metaboliten hydrolysiert. Selexipag und sein aktiver Metabolit werden durch CYP2C8 und CYP3A4 oxidativ verstoffwechselt. CYP3A4 scheint für die Elimination des aktiven Metaboliten nicht von Bedeutung zu sein. Eine Interaktionsstudie zeigte nun, dass die Selexipag-Exposition sich unter dem starken CYP2C8-Inhibitor Gemfibrozil annähernd verdoppelte, während die Exposition mit dem aktiven Metaboliten auf etwa das Elffache anstieg. Es wird eine Kontraindikation für die Kombination von Selexipag mit starken CYP2C8-Inhibitoren (z. B. Gemfibrozil) eingeführt. Sollte ein moderater Inhibitor von CYP2C8 (z. B. Clopidogrel, Deferasirox, Teriflunomid) gleichzeitig angewendet oder abgesetzt werden, ist eine Dosisanpassung von Selexipag in Erwägung zu ziehen. Die Fach- und Gebrauchsinformationen werden entsprechend angepasst. (DAZ 25, S. 105)

Ablagerungen Gadolinium-haltiger Kontrastmittel im Gehirn

Der PRAC hat das Verfahren zu Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln beendet. Gadolinium (Gd) ist ein stark para­magnetisches Element und eignet sich daher als Kontrastverstärker für bild­gebende Verfahren. Da freie Gadolinium-Ionen aber hochtoxisch sind, müssen sie für die Verwendung als Kon­trastmittel mittels organischer Trägermoleküle komplexiert werden. Die Komplexe sind unterschiedlich stabil. Obwohl derartige Komplexe die intakte Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden sollten, wurde 2014 erstmals eine Ablagerung von Gadolinium im Gehirn bei Nierengesunden festgestellt, woraufhin Anfang 2016 die Aussage „passiert die gesunde Blut-Hirn-Schranke nicht“ in den Fachinformationen Gadolinium-­haltiger Kon­trastmittel gestrichen wurde. (DAZ 28, S. 106)

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht

Im Januar 2017 fand die 77. Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht statt. Der Sachverständigen-Ausschuss empfahl einstimmig, Aciclovir in Zubereitungen als Creme in Kombination mit Hydrocortison in der Konzentration von 1% Hydrocortison zur Behandlung von Herpes labialis zur Verringerung des Risikos von ulzerativen Läsionen in Packungsgrößen bis zu 2 g und einem Wirkstoffgehalt bis zu 100 mg Aciclovir je abgeteilter ­Arzneiform, aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.

Der Antrag, Zubereitungen zur peroralen Anwendung aus Ibuprofen und Coffein zur Behandlung von akuten mäßig starken Schmerzen bei Erwachsenen aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, wurde abgelehnt. Dagegen wurde einstimmig empfohlen, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Ibuprofen zum äußeren Gebrauch (als Pflaster) in einer Konzentration bis zu sechs Gewichtsprozenten anzunehmen.

Einer Anhebung der freigestellten Tagesdosis für Selen-Verbindungen in Zubereitungen zum inneren Gebrauch auf 70 µg wurde mehrheitlich zugestimmt. (DAZ 4, S. 92)

Am 27. Juni 2017 fand die 78. Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht statt. Der Sachverständigen-Ausschuss empfahl einstimmig, das Barbiturat Metho­hexital sowie den Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Milnacipran der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG zu unterstellen.

Der Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht von Procain zur Anwendung am äußeren Gehörgang wurde abgelehnt.

Für Doxylamin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern bis 18 Jahren wurde die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht empfohlen.

Dem Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Zubereitungen aus Ibuprofen und Coffein sowie die bestehende Position „Ibuprofen“ in der Anlage 1 der AMVV entsprechend zu ergänzen, stimmte der Ausschuss mehrheitlich zu. (DAZ 27, S. 106)

Änderungen in der Verschreibungspflicht

Am 24. November 2017 wurde die sechzehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der Bundesrat hat dem Verordnungsentwurf am 3. November 2017 zugestimmt. Die Änderungen der Anlage 1 der AMVV lauten: „Ephedrin zur parenteralen Anwendung“ wird der Verschreibungspflicht unterstellt. Die Position „Follitropin“ wird gestrichen, und die Position „Follitropin alfa und beta“ umfasst nun „Follitropin und seine rekombinanten Glycoformen alfa, beta und delta“.

Die Position „Tenofovir und seine Ester“ wird zu „Tenofovir und seine Derivate“, und die Position „L-Asparaginase“ wird zu „Asparaginase“ gefasst.

Außerdem wurden 25 Wirkstoffe, wie Succimer, Obeticholsäure (Ocaliva®) und Selexipag (Uptravi®), der Verschreibungspflicht unterstellt.

Die orale Anwendung von Zinkoxid unterliegt der Verschreibungspflicht sowohl bei Menschen als auch bei Tieren, ausgenommen in Tages­dosen bis zu 25 mg Zink.

Zudem wird die Position „Aciclovir in Zubereitungen als Creme zur Anwendung bei Herpes labialis in Packungsgrößen bis zu 2 g und einem Wirkstoffgehalt bis zu 100 mg Aciclovir je abgeteilter Arzneiform“ um die „Kombination mit Hydrocortison in einer Konzentration von 1 Prozent Hydrocortison zur Behandlung von Herpes labialis zur Verringerung des Risikos ulzerativer Läsionen bei Erwachsenen und Kindern ab 12 Jahren“ ergänzt.

Auch die Position Ibuprofen wird um weitere Ausnahmen von der Verschreibungspflicht ergänzt. Der äußere Gebrauch von Ibuprofen wird zunächst enger definiert. Neu sind dafür Anwendungen „zum äußeren Gebrauch als Pflaster ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile in einer Wirkstoffmenge bis zu 200 mg Ibuprofen je abgeteilter Arzneiform“ ebenfalls von der Verschreibungspflicht ausgenommen.

Die Tagesdosis für Selen-Verbindungen „in Zubereitungen zum inneren Gebrauch“, die von der Verschreibungspflicht ausgenommen ist, wird von 50 µg auf 70 µg Selen erhöht, nachdem die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr 2015 überarbeitet wurden. (DAZ 48, S. 124)

Sachverständigenausschuss für Apothekenpflicht

Im Juni 2017 fand die Sitzung des Sachverständigenausschusses für Apothekenpflicht statt. Anträge, denen zufolge die als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registrierten Fertigarzneimittel mit „Teufelskrallenwurzel und ihre Zubereitungen, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen“ sowie mit „Thymiankraut und seine Zubereitungen, auch in Mischungen mit Primelwurzel und ihren Zubereitungen, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen“ aus der Apothekenpflicht entlassen werden sollten, hat der Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.

Dagegen empfahl der Ausschuss dem Verordnungsgeber mehrheitlich, folgende ebenfalls als traditionelle pflanzliche registrierte Arzneimittel in die Freiverkäuflichkeit zu entlassen: „Birkenblätter und ihre Zubereitungen, auch in Mischungen..., auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen“, „Orthosiphonblätter und ihre Zubereitungen, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zubereitungen“ und „Goldrutenkraut/Echtes Goldrutenkraut und seine Zubereitungen, auch mit Zusatz arzneilich nicht wirksamer Stoffe oder Zuberei­tungen.“

Zudem wurde empfohlen, den Grenzwert für Arsen für in Flaschen abgefüllte freiverkäufliche Heilwässer von 0,04 mg/l auf 0,01 mg/l zu senken. (DAZ 26, S. 94) |

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