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Kippt das Fernbehandlungsverbot?

Bundesärztekammer diskutiert Ausnahmen – Modellprojekt im Südwesten vor dem Start

STUTTGART (wes) | Ärzte dürfen ihre Patienten zwar „aus der Ferne“ beraten, z. B. am Telefon oder über das Internet, allerdings nur, wenn es sich dabei um „Bestandspatienten“ handelt, die sie persönlich kennen. Das regeln die Berufsordnungen der Länder. Nur in Baden-Württemberg gibt es bisher eine Ausnahme­regelung für Modellprojekte. Nachdem der erste Test im Südwesten vor dem Start steht, diskutiert die Bundesärztekammer nun bundesweite Ausnahmen.

Im neuen Jahr sollen Ärzte aus Baden-Württemberg im Rahmen eines Pilotprojekts erstmals auch aus der Ferne Diagnosen stellen und eine Behandlung einleiten dürfen, ohne den Patienten vorher leibhaftig gesehen zu haben. Eine entsprechende Ausnahme­regelung vom Fernbehandlungsverbot hatte die Landesärztekammer im Sommer 2016 beschlossen – für von der Kammer genehmigte Modellprojekte. Das erste dieser Projekte soll demnächst starten, vorerst jedoch nur für privat Versicherte bzw. Selbstzahler.

Ärztetag soll Modellprojekte beschließen

Nun hat sich eine Expertengruppe der Bundesärztekammer (BÄK) dafür ausgesprochen, beim Deutschen Ärztetag im Mai darüber zu diskutieren, eine ähnliche Regelung bundesweit einzuführen. Dr. Franz Bartmann, Vositzender des Telematik-Auschusses der BÄK, sagte dazu gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa): „Die Änderungen im Bereich der Fernbehandlung sind wichtig, um Telemedizin in Deutschland zu stärken.“ Ähnlich hatte auch der Präsident der baden-württembergischen Landesärztekammer, Dr. Ulrich Clever, argumentiert: „Wir sehen in den Modellprojekten vielfäl­tige Chancen für die Zukunft, gerade auch vor dem Hintergrund der Demografie und des technisch Machbaren. Und wir gehen davon aus, dass wir mit unserem Weg auch dem allenthalben spürbaren Ärztemangel ein Stück weit begegnen können.“

Sollte der Ärztetag entsprechende ­Modellversuche möglich machen, wird sich wohl auch die Frage nach Online-Rezepten erneut stellten. Seit der 4. AMG-Novelle im Herbst 2016 ist es Apotheken ausdrücklich verboten, verschreibungspflichtige Arzneimittel abzugeben, wenn der Verordnung „offenkundig kein direkter Kontakt“ zwischen Arzt und dem Patienten vorausgegangen ist. Die Änderung war eine direkte Reaktion auf „Online-Ärzte“ wie DrEd aus Großbritannien, bei denen auch viele Deutsche Online-Rezepte anfordern – meist für Antibabypillen oder Potenzmittel, die dann von ausländischen Versandapotheken geliefert werden. Deutschen Apotheken ist die Belieferung von „Fern-Rezepten“ nur „in begründeten Ausnahmefällen“ erlaubt. Pilotprojekte könnten solche Ausnahmen darstellen. |

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