Arzneimittel und Therapie

„Vermeidbarer Müll!“

Wärmepflaster können Ökotest nicht überzeugen

cel/daz | Thermacare®, Doc Wärmeauflagen® und die Wärmepflaster von Dr. Kade: Welche wärmenden Pflaster empfehlen Sie in der Apotheke Ihren Kunden? Und mit welchen Argumenten können Apotheker im Preiskampf mit Discountprodukten von Aldi und Rossmann bestehen? Ökotest hat elf Produkte aus Apotheke und Drogeriemarkt unter die Lupe genommen und gibt Antworten.

Getestet wurden Eisenpulver-haltige Pflaster, die in Kontakt mit Luftsauerstoff Wärme erzeugen und gegen Schmerzen unterschiedlicher Genese eingesetzt werden. Bewertet wurden die Hautverträglichkeit und Klebefähigkeit der Wärmeauflagen, bedenkliche Inhaltsstoffe, die erzielte Temperatur und die Wärmedauer.

Beste Note: ausreichend

Insgesamt kritisiert Ökotest die dünne wissenschaftliche Beweislage zur Wirksamkeit und vergibt als beste Note ein „ausreichend“. Mit dieser Bewertung zählen Thermacare® und Doc Therma® noch zu den Gewinnern unter der insgesamt „wenig überzeugenden“ Produktfamilie der Wärmepflaster.

„Ausreichend“ erhielten auch Rossmanns Altapharma Wärmepflaster, die Multinorm Wärmepflaster von Aldi und SOS Wärmepflaster von Districon – obwohl Ökotest „optische Aufheller“ im Klebstoff der Discount-Pflaster fand. Aufgenommen über den Schweiß der Haut, könnten diese Weißmacher zu allergischen Reaktionen führen. Denn durch die Erwärmung der Haut durch die Pflaster erhöht sich auch deren Resorptions­eigenschaft.

Sind Apotheker und PTA im Beratungsgespräch häufiger mit dem Argument „Apothekenpreise“ konfrontiert, können sie nun, auch wenn Thermacare nicht apothekenexklusiv ist, dem Preisargument der Discounter selbstbewusst entgegentreten: Weder Thermacare® noch Doc Therma® Wärmeauflagen enthalten nach den Ergebnissen von Ökotest bedenkliche Inhaltsstoffe.

Foto: Olivier Le Moal – stock.adobe.com

Sechs der getesteten Pflaster zogen wegen bedenklicher Inhaltsstoffe nur mit „mangelhaft“ aus dem Untersuchungslabor von Ökotest. Darunter auch Fit und Vital Wärmepflaster von der Drogeriekette Müller, Kade-Wärmepflaster, Urgo® Wärme-Pflaster und das TCM-Produkt Herbachaud® Wärmepflaster. Urgo® Wärmepflaster war mit zinnorganischen Verbindungen belastet. Zwar wurde der Grenzwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) eingehalten, jedoch hat Dioktylzinn in Tierversuchen zu Entwicklungsstörungen geführt und wirkt hautreizend. Kade enthält, wie auch die Pflaster von Rossmann und Aldi, optische Aufheller.

Bei dem TCM-Produkt Herbachaud® wurden halogenorganische Verbindungen gefunden, und auch die Indikationsangabe „Arthritisschmerzen“ – hier ist Wärme kontraindiziert – wurde kritisiert.

Beim „Durchhaltevermögen“ enttäuschen nur zwei Pflaster die Verbraucherschützer: Kade Wärmepflaster löst sich nach 5,5 Stunden, Reginaplast Universal Wärmepflaster fällt bereits nach 3,5 Stunden von der Haut.

Auch mit der Temperatur ist Ökotest zufrieden: Alle Wärmeauflagen erfüllen ihr Versprechen und wärmen über einen Zeitraum von acht Stunden relativ konstant mit 40 Grad Celsius.

Ökotest: Vernichtendes Fazit

„Mehr als vier Millionen Packungen selbst erwärmender Pflaster wurden 2016 bundesweit gekauft. Das ist vermeidbarer Müll“, zu diesem Fazit kommt zumindest Ökotest.

Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, wissenschaftlicher Berater von Ökotest, ist in seiner Bewertung zurückhaltender: „Wenn überhaupt gibt es sehr schwache Hinweise, dass Wärmepflaster kurzfristig gegen unspezifische, akute Schmerzen im unteren Rücken wirken“.

Nationale Versorgungsleitlinie rät nicht ab

Die Nationale Versorgungsleitlinie nicht-spezifischer Kreuzschmerz hebt dagegen zwar auch auf die fehlende externe Evidenz ab, erkennt aber auch die interne Evidenz an: „Aufgrund der bestehenden Evidenz raten die Autoren der Leitlinie den Betroffenen von der Anwendung von Wärme (zum Beispiel durch Pflaster, Körnerkissen) wie auch Kälte (zum Beispiel durch Kühlpacks) als Selbstmanagement in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen nicht ab, da sie wahrscheinlich zum Wohlbefinden beitragen und nicht schaden“. |

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