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Infektiologie

Steifer Nacken, Fieber?

Alarmsignale einer Meningitis sollte man kennen, denn schnelles Handeln kann Leben retten

Etwa 4000 Menschen werden in Deutschland jährlich wegen einer Meningitis stationär behandelt. Säuglinge, Kinder, ältere Menschen und Immungeschwächte sind besonders gefährdet. Vor allem bei Anzeichen einer durch Bakterien ausgelösten Hirnhautentzündung ist Eile geboten. Aus Italien wurden in letzter Zeit häufiger Todesfälle infolge einer Meningokokken-Infektion gemeldet. Es ist wichtig, Alarmsignale zu erkennen und rasch die richtige Therapie einzuleiten. | Von Gabriele Klingner

Eine Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute und kann verschiedene Ursachen haben. Hauptverantwortlich sind Krankheitserreger wie Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten. Die meisten Erreger besiedeln die Schleimhäute des Nasopharynx und verursachen dort in der Regel keine weiteren Probleme. In manchen Fällen wandern sie jedoch über die Nervenbahnen oder über das Blut zu den Hirnhäuten, indem sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Seltenere Ursachen einer Meningitis können auch ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Krebserkrankung sein.

Viren häufiger, Bakterien gefährlicher

Meist wird eine Hirnhautentzündung durch Viren hervorgerufen. Über 20 Erreger kommen als Ursache einer viralen Hirnhautentzündung, auch aseptische Meningitis genannt, in Betracht, darunter Entero-, Herpes-, FSME-, Mumps- und Masernviren. Das Erregerspektrum viraler Hirnhautentzündungen ist dabei regional unterschiedlich.

Weit weniger oft als Viren lösen Bakterien eine Meningitis aus. Während die virale Hirnhautentzündung im Allgemeinen ohne Komplikationen verläuft, stellt die bakterielle Form der Erkrankung eine zwar seltene, aber lebensbedrohliche Erkrankung dar. Die Inzidenz ist bei Säuglingen am höchsten, gefolgt von Kleinkindern. Die Krankheit kann sich innerhalb weniger Stunden entwickeln und birgt ein hohes Risiko für bleibende Folgeschäden. Deshalb können eine frühe Diagnose und eine rechtzeitige Therapie mit Antibiotika lebensrettend sein. Je nach Alter der Betroffenen überwiegen unterschiedliche Erreger. Auslöser einer bakteriellen Hirnhautentzündung bei Neugeborenen sind vor allem Streptokokken der Gruppe B und Listeria monocytogenes. Im Kindesalter dominieren Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ B. Staphylokokken, Enterobakterien sowie Pseudomonas aeruginosa kommen im Erwachsenenalter hinzu. Insgesamt sind Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) die Hauptverursacher der bakteriellen Meningitis. Seltener – aber gefürchteter – ist eine durch Meningokokken (Neisseria meningitidis) hervorgerufene Hirnhautentzündung.

Übertragung meist durch Niesen und Husten

Da die Haupterreger der viralen wie auch bakteriellen Meningitis vor allem die Schleimhäute der oberen Atemwege befallen, erfolgt eine Verbreitung meist über Tröpfcheninfektion. Gerade Meningokokken sind hochansteckend und können zu kleineren Epidemien führen. Das Immunsystem gesunder Menschen verhindert in der Regel eine Erkrankung, trotzdem können diese Überträger sein. Die Erreger der Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) werden hingegen über einen Zeckenbiss verbreitet.

Die klassischen Symptome sind Fieber, Nackensteifigkeit und Bewusstseinsminderung (siehe Kasten „Verdacht auf Meningitis“). Jedoch müssen nicht alle der genannten Symptome auftreten. Ein charakteristischer Hautausschlag gilt als Hinweis auf das Vorliegen einer durch Meningokokken hervorgerufenen Meningitis. Vor allem bei kleinen Kindern können auch uncharakteristische Beschwerden auftreten.

Verdacht auf Meningitis

Alarmsignale sind:

  • Fieber
  • schmerzhafte Nackensteifigkeit
  • Bewusstseinsminderung
  • Kopfschmerzen, Übelkeit, Lichtscheu

Sehr spezifische Anzeichen für eine Meningitis zeigen betroffene Patienten, wenn sie ihre Beine nicht gestreckt anheben können, sondern sie automatisch abwinkeln (Kernig-Zeichen) oder beim Vorbeugen des Kopfes die Beine unwillkürlich anziehen (Brudzinski-Zeichen).

Die wichtigsten Untersuchungen

Besteht der Verdacht auf eine Hirnhautentzündung, sollte ein Krankenhaus aufgesucht werden. Neben der Überprüfung der für eine Meningitis typischen Symptome ist eine Lumbalpunktion die wichtigste Untersuchung: Ist die Liquorprobe trüb, weist dies auf eine bakterielle Form der Erkrankung hin. Das Blutbild zeigt bei der bakteriellen Meningitis eine Leukozytose sowie eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins. Um welchen Erreger es sich genau handelt, kann der Nachweis im Liquor und in einer Blutkultur klären. Das Ergebnis sichert den Hinweis auf eine bakterielle Meningitis und lässt eine Behandlung mit dem passenden Antibiotikum zu. Zusätzliche bildgebende Untersuchungen des Gehirns durch eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) können Informationen über die Eintrittspforte geben und sind bei erhöhtem Gehirndruck zwingend notwendig.

Erste Woche besonders kritisch

Eine Meningitis ist in jedem Fall eine ernst zu nehmende Krankheit. Verlauf und Prognose hängen dabei immer von Erregertyp und Beginn der Behandlung ab. Auch der Allgemeinzustand des Patienten ist ausschlaggebend. Gerade Neugeborene und Senioren haben eine schlechtere Prognose, geheilt zu werden, da ihr Immunsystem oft nicht voll funktionsfähig ist. Während die virale Form eher mild verläuft und oft spontan ausheilt, endet die bakterielle Meningitis unbehandelt fast immer tödlich. Hier gilt die erste Woche der Erkrankung als kritische Zeit für deren weitere Entwicklung. Deshalb sollten Patienten mit einer bakteriellen Meningitis in der Anfangsphase der Krankheit auf einer Intensivstation behandelt werden. Bei einer durch Meningokokken ausgelösten Hirnhautentzündung erleidet ein Viertel der Patienten eine lebensbedrohliche Sepsis. In etwa 15% der Fälle führt diese Form der Meningitis innerhalb weniger Stunden zum Ausfall der Nebennieren (Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom), der unbehandelt stets tödlich verläuft. Die höchste Letalität findet sich bei durch Pneumokokken oder Listerien hervorgerufene Hirnhautentzündungen.

Etwa ein Drittel der Patienten entwickelt bei einer bakteriellen Meningitis neurologische Folgeschäden wie Hör- und Sehstörungen sowie epileptische Anfälle.

Antibiose als Therapie der ersten Wahl

Da eine frühzeitige Behandlung über den Verlauf der Krankheit entscheidet, ist stets eine Therapie mit einem Antibiotikum ratsam, solange eine bakterielle Meningitis nicht auszuschließen ist. Ist eine Sensibilität der Meningokokken bestätigt, ist laut Robert Koch-Institut (RKI) Penicillin G das Mittel der Wahl. In bis zu 38% der Fälle werden jedoch Penicillin-G-intermediär-empfindliche Meningokokken beobachtet. 2013 waren in 2,5% der untersuchten Isolate Penicillin-resistente Stämme zu finden. Bei gesichertem klinischen Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung sollte unmittelbar eine empirische Antibiotika-Therapie mit Cephalosporinen der Gruppe 3a wie Cefotaxim oder Ceftriaxon begonnen werden (siehe Tab.). Ausnahme hierbei stellt eine anamnestisch bekannte Penicillin-Allergie mit systemischer Reaktion dar. Penicillin G führt nicht zu einer Eradikation der Erreger im Nasen-Rachen-Raum. So sollten Patienten, die lediglich mit diesem Antibiotikum behandelt wurden, vor der Entlassung eine ergänzende Therapie mit Rifampicin, Ciprofloxacin oder Ceftriaxon erhalten. Diese ist auch für enge Kontaktpersonen empfohlen. Pneumokokken im deutschsprachigen Raum sind in weniger als 1% der Fälle resistent gegen Cephalosporine der Gruppe 3a. Weltweit treten derzeit hingegen signifikant höhere Raten an Resistenzen der Pneumokokken gegen Cephalosporine der Gruppe 3a und Penicilline auf. In Gebieten mit hohem Anteil an Penicillin-resistenten Pneumokokken wie Frankreich, Spanien, Ungarn, Australien, Neuguinea, Südafrika und in einzelnen Regionen Amerikas wird in der Initialbehandlung eine Kombinationstherapie aus Ceftriaxon, Vancomycin und Ampicillin oder Ceftriaxon, Rifampicin und Ampicillin empfohlen. In der Erstbehandlung muss dies nach einer entsprechenden Reiseanamnese berücksichtigt werden. Eine adjuvante Gabe von Dexamethason kann den Krankheitsverlauf einer Pneumokokken-Meningitis mildern und Hörschäden wie auch neurologische Folgeschäden reduzieren.

Ist eine virale Meningitis sicher diagnostiziert, steht eine symptomatische Behandlung im Vordergrund. Nur bei Viren der Herpesgruppe sollte mit einer raschen intravenösen ­Gabe von Aciclovir begonnen werden.

Tab.: Antibiotika-Therapie bei Erregernachweis der häufigsten Meningitis-auslösenden Bakterien
Bakterien
üblicherweise wirksame Antibiotika
Neisseria meningitidis
Penicillin G, Ampicillin, Ceftriaxon (oder Cefotaxim), Rifampicin
Streptococcus pneumoniae
Wenn Penicillin-empfindlich: Penicillin G, Ceftriaxon (oder Cefotaxim)
Wenn Penicillin-resistent: Cefotaxim (oder Ceftriaxon) + Vancomycin oder Cefotaxim (o. Ceftriaxon) + Rifampicin, Meropenem, Cefepim
Haemophilus influenzae
Ceftriaxon (oder Cefotaxim), ­Ampicillin
Pseudomonas aeruginosa
Ceftazidim, Meropenem, Cefepim (ggf. in Kombination mit Fosfomycin)
Staphylokokken
Wenn Methicillin-empfindlich: Cefazolin, Flucloxacillin, ggf. Vancomycin in Kombination mit Fosfomycin oder Rifampicin, Linezolid
Wenn Methicillin-resistent: Vancomycin in Kombination mit Fosfomycin oder Rifampicin, Linezolid
Listeria monocytogenes
Ampicillin (+ Gentamicin), ­Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Meropenem

Prävention – was die STIKO empfiehlt

Gegen einige Meningitis-Erreger existieren mittlerweile Impfstoffe. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI empfiehlt Impfungen für Säuglinge und Kleinkinder gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ B. Meningokokken treten in Deutschland vor allem als Subtyp B und C auf. Gegen die gefährlichere Gruppe vom Subtyp C gibt es seit 2006 eine Impfempfehlung. Seit 2013 ist auch ein Impfstoff gegen den Subtyp B zugelassen. Aufgrund noch fehlender Studiendaten empfiehlt die STIKO aktuell allerdings die Impfung gegen Meningokokken B nur für Personen mit spezifischen Grunderkrankungen. Um sich vor einer viralen Meningitis zu schützen, liegt eine Impfempfehlung gegen Masern-, Mumps- und Polioviren vor, gegen FSME-Viren nur für Personen, die sich in Risikogebieten aufhalten. Die Einführung der Impfprogramme seit den 1980er-Jahren konnte die Zahl der Hirnhautentzündungen, vor allem durch Haemophilus influenzae Typ B, in vielen Ländern deutlich senken. |

Quellen

Statistisches Bundesamt (Hrsg.). Gesundheit, Diagnosedaten der Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern, Fachserie 12, Reihe 6.2.1, 2014, S.10

S1-Leitlinie „Virale Meningoenzephalitis“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), AWMF-Register Nr. 030/100, Stand 31. Oktober 2014

S1-Leitlinie „Ambulant erworbene bakterielle (eitrige) Meningoenzephal­itis“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), AWMF-Register Nr. 030/089, Stand 31.Dezember 2015

CRM Centrum für Reisemedizin, Meldung vom 4. Januar 2017 unter https://www.crm.de/aktuell/news.htm (abgerufen am 18.01.2017)

Renz-Polster H, Menche N, Schäffler A. Gesundheit für Kinder, 3. überarbeitete Auflage 2008, Kösel-Verlag

Tunkel AR. Clinical features and diagnosis of acute bacterial meningitis in adults, in UpToDate, Post TW (Ed), UpToDate, Waltham, MA. (11. November 2016)

Tunkel AR. Initial Therapy and prognosis of bacterial meningitis in adults, in UpToDate, Post TW (Ed), UpToDate, Waltham, MA. (11. November 2016)

Tintinalli JE. Emergency Medicine, 7th edition 2010, McGraw-Hill Education

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut – 2016/2017. Epidemiologisches Bulletin 2016/Nr.34

Kayser FH, Böttger EC, Zinkernagel RM. Taschenlehrbuch Medizinische Mikrobiologie, 12. Auflage 2010, Thieme-Verlag


Autorin

Gabriele Klingner ist Diplom-Biologin und arbeitet als freie Autorin für Themen aus den Bereichen Wissenschaft und Gesundheit.

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