Deutscher Apothekertag 2017

Mehr Apotheker auf Station!

Ein Kommentar von Peter Ditzel

Peter Ditzel, Heraus­geber der Deutschen Apotheker Zeitung

Aus der Pflegemordserie, bei der ein Krankenpfleger am Klinikum Delmenhorst mehreren Patienten Arzneimittel verabreichte, die zum Herzversagen oder Kreislaufkollaps führten, zog die Niedersächsische Landesregierung Konsequenzen: Mit einer Novellierung des niedersächsischen Krankenhausgesetzes sollen in den Krankenhäusern dieses Bundeslands Stationsapothekerinnen und Stationsapotheker „in hinreichendem Verhältnis zur Anzahl der Betten“ – in der Diskussion sind ein Apotheker pro 100 bis 300 Betten – verpflichtend eingeführt werden. Ein längst überfälliger Vorstoß. Die Apothekerkammer Niedersachsen hat dieses Vorhaben sofort begrüßt. Wenn Ärzte und Apotheker im interdisziplinären Behandlungsteam arbeiten, erhöht das die Patientensicherheit. Wer Einblick in die Abläufe von Kliniken hat, weiß, dass bei der Medikation auf den Stationen nicht immer alles zum Besten bestellt ist.

Aber warum sollte das nur in Niedersachsen so sein? Das fragte sich auch die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg und brachte den Antrag auf dem Deutschen Apothekertag ein, den Personalbedarf an Apothekern in allen Krankenhäusern anzupassen, im Klartext: ausreichend Stationsapotheker sollten in ganz Deutschland Pflicht sein.

Im Plenum des Apothekertags stieß der Antrag auf ungeteilte Zustimmung: Es sei ein wichtiger Antrag, von erheblicher Bedeutung, hieß es da, zumal der Medikationsprozess risikobelastet ist. Die Kompetenz des Apothekers werde hier dringend gebraucht. Bedenken gab’s hier wie vor Kurzem auch in Niedersachsen nur dahingehend, dass auf dem Markt nicht genügend Apothekerinnen und Apotheker zur Verfügung stünden, mit denen diese Stellen besetzt werden könnten. Das war im Übrigen auch ein Argument der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft gegen den Gesetzesentwurf: Man hat Bedenken, nicht ausreichend Apotheker zu finden und dann gegen das Gesetz zu verstoßen – ganz abgesehen von den steigenden Personalkosten, die von der Krankenhausgesellschaft als Gegenargument angeführt wurden.

Was die Kapazitäten betrifft: Ich bin überzeugt, die Apothekerinnen und Apotheker, die als Apotheker auf Station arbeiten möchten, finden sich – vielleicht zulasten der In­dustriestellen. Was vor allem junge, gut ausgebildete Pharmazeuten, die die Klinische Pharmazie im Studium absolviert haben, schätzen: Die Arbeit im Krankenhaus ist Pharmazie pur, man kann sein pharmazeutisches Wissen im Austausch mit Ärzten einsetzen, es ist eine Arbeit, die Erfüllung gibt, die Freude macht, im Team mit Ärzten und Pflegern kranken Menschen zu helfen – so oder ähnlich bestätigten mir es vor Kurzem einige Pharmazeuten im Praktikum, die ein halbes Jahr im Krankenhaus arbeiteten. Ja, Medikationsmanagement ist in vielen Krankenhäusern kein Fremdwort mehr. Kommt das bundesweite Gesetz für den Apotheker auf Station, wird es für mehr Sicherheit bei der Medikation sorgen. Und ein Nebeneffekt: Apotheker auf Station, bestens ausgebildet in Klinischer Pharmazie, könnten auch auf das Image des (Offizin-)Apothekers allgemein positiv abfärben und den im Perspektivpapier vorgezeichneten Weg beschleunigen: Näher an den Patienten, mit Medikationsplan und Medikationsanalyse.

Und noch eins: Wenn der Apotheker auf Station bundesweit eingeführt wird, erhöht dies den Druck auf den Gesetzgeber, ausreichend Ausbildungskapazitäten an den Universitäten zur Verfügung zu stellen. Aus meiner Sicht war dieser Antrag einer der wichtigsten des diesjährigen Deutschen Apothekertags. Jetzt kommt es drauf an, inwieweit die ABDA damit beim Gesetzgeber durchdringt: Mehr Apotheker auf Station! Bundesweit!

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