DAZ aktuell

Die neuen Zyto-Verträge kommen

Open-House-Verträge mit Herstellern sollen jetzt für Einsparungen sorgen

BERLIN (ks) | Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz hat die Große Koalition einen Schlussstrich unter die exklusiven Zyto-Verträge zwischen Krankenkassen und Apotheken gesetzt. Nun starten die Kassen in die neue Welt der Zyto-Verträge. Diesmal sind ihre Partner die Hersteller der von den Apotheken für die Zyto-Zubereitungen verwendeten Fertigarzneimittel.

Seit Anfang September sind die Verträge zwischen Kassen und Apotheken Geschichte. Jetzt müssen die Kassen die gesetzlich vorgesehenen alternativen Sparmöglichkeiten ausschöpfen. Zum einen sollten DAV und GKV-Spitzenverband bis Ende August die Preise für Zyto-Zubereitungen in der Hilfstaxe neu vereinbaren. Bekanntlich ist dies nicht gelungen, die Vertragspartner haben die Schiedsstelle angerufen (siehe DAZ 2017, Nr. 36, S. 11). Zum anderen sollen die Kassen nun mit den Herstellern der für die Zyto-Zubereitungen verwendeten onkologischen Arzneimittel Rabattverträge abschließen – und das einheitlich und gemeinsam.

Die schon im Mai aufgekommene Idee einer bundesweiten Ausschreibung konnte sich zwar nicht durchsetzen – doch es gibt Bewegung: Ende August startete die AOK Rheinland/Hamburg federführend für zahlreiche Kassen die erste Open-House-Ausschreibung nach den neuen Vorgaben: Für 55 Wirkstoffe (generisch und Originale) sucht sie derzeit Vertragspartner. Die Ausschreibung ist regional begrenzt auf die KV-Regionen Nordrhein, Westfalen-Lippe, Schleswig-Holstein und Hamburg. Die Kassen geben für jeden der Wirkstoffe einen festen Preis vor. Jeder Hersteller, der bereit ist, diesen zu akzeptieren, kann Vertragspartner werden. Er muss allerdings auch Nachweise vorlegen, dass er geeignet ist – also etwa seine Lieferfähigkeit belegen.

Apotheken, die in den Ausschreibungsregionen ansässig sind, sind künftig verpflichtet, Rabatt-Wirkstoffe bei der Herstellung zu verwenden, wenn ein Vertrag besteht. Anderenfalls droht die Null-Retaxation. Starten sollen die Verträge zum 1. Oktober und zunächst ein Jahr laufen. Da im Open-House-­Verfahren die Hersteller über den Vertragsstart selbst entscheiden können, werden jedoch nicht alle Verträge zeitgleich anlaufen.

Webseite informiert über Rabattpartner

Wie aus Kassenkreisen zu hören ist, sollen die Zytostatika-herstellenden Apotheken diese Woche über die neuen Verträge informiert werden. Absehbar ist bereits, dass sie zum 1. Oktober noch nicht in die Apothekensoftware eingespielt sein werden. In der Lauertaxe können die regionalen Besonderheiten nicht abgebildet werden. Dennoch verspricht eine Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg: „Die gesetzlichen Krankenkassen werden sicherstellen, dass die Zytostatika-herstellenden Apotheken und die Ärzte rechtzeitig und umfassend über die geschlossenen Verträge informiert werden.“ Tatsächlich sieht der Vertrag vor, dass die auf das Regionallos be­zogene Einspielung der PZN der Vertrags-Produkte „zum nächstmöglichen Monatsersten“ vereinbart wird – sofern die technischen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Anderenfalls werden die betroffenen Apotheken anderweitig informiert. Und zwar schriftlich bzw. über das Internet. Nach Informationen von DAZ.online wird es eine Webseite bei der AOK geben, unter der die jeweils aktuellen Rabattvertragspartner eingesehen werden können.

Diese Ausschreibung wird erst der Anfang sein. Weitere sollen sukzessive folgen, ebenfalls in größeren regionalen Clustern. Die nächste wird wohl von den bayerischen Kassen kommen. Das Ziel: Bis zum Jahreswechsel soll es in ganz Deutschland Open-House-Verträge mit Herstellern geben.

Wie vertragen sich Hilfstaxe und Rabattverträge?

Doch wie vertragen sich die neuen Verträge mit der Hilfstaxe? Und können Apotheken künftig noch Rabatt von den Herstellern erwarten? Denn die Nachlässe, die die Hersteller in den Open-House-Verträgen gewähren müssen, sind nicht ohne. Die Preise liegen im Einzelfall rund 90 Prozent unter dem der Lauertaxe. Besteht da noch Raum für Rabatte an die Apotheke? Tatsächlich sorgen die Kassen insoweit vor, als dass der von den Herstellern zu zahlende Rabatt in Abhängigkeit vom reduzierten Hilfstaxenpreis berechnet wird. Damit ist gewährleistet, dass es nicht zu einer Doppelrabattierung kommt.

Die Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg sieht ebenfalls kein Problem mit der Hilfstaxe: „Selbstverständlich haben die gesetzlichen Krankenkassen über die neu abzuschließenden Verträge sichergestellt, dass die Verträge sowohl mit der bisherigen, als auch mit der aktuell auf Bundesebene neu zu verhandelnden Hilfstaxe kompatibel sind.“ Auch sonst ist aus Kassenkreisen zu hören, es werde dafür gesorgt, dass die Rabattierungen aus den Verträgen mit den Herstellern nicht zulasten der Apotheker gingen. Das sehe der Vertrag so vor und müsse auch in den Verhandlungen zur neuen Hilfstaxe berücksichtigt werden. Für die herstellenden Apotheken wird es künftig umso mehr Bedeutung haben, eine vom Arzneimittel unabhängige Vergütung zu erhalten. Der DAV hatte in den Verhandlungen zur Hilfstaxe darauf gedrängt, dass es neben den Arbeitspreisen eine 3%-ige „Handling-Fee“ und ein Fixum von 8,35 Euro für Abgabe und Beratung geben soll. |

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