DAZ aktuell

Kuschelsocken bleiben verboten

OVG: Inländerdiskriminierung bei Rx-Boni bislang ohne gravierende Folgen für deutsche Apotheken

BERLIN (ks) | Welche Zugaben und Boni sind in der Apotheke erlaubt und welche nicht? Diese Frage beschäftigt die Gerichte beständig und in immer neuen Varianten. Eine dieser langjährigen Streitigkeiten ist nun voraussichtlich beendet: Nach zwei Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) sind Kuschelsocken als Geschenk für die Rezepteinlösung tabu – mögen sie auch einen noch so geringen Wert haben (Az. 13 A 2979/15 und 13 A 3027/15).

In den Jahren 2013 und 2014 hatten zwei Apothekerinnen aus dem Kreis Coesfeld Gutscheine für eine Rolle Geschenkpapier bzw. ein Paar Kuschel­socken ausgegeben. Diese Gutscheine konnten „bei Abgabe eines Rezeptes“ eingelöst werden. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sah darin einen Verstoß gegen die Rx-Preisbindung und untersagte die Abgabe der Gutscheine – und zwar mit sofortiger Wirkung. Dagegen zogen die Apothekerinnen vor Gericht. Sie beantragten den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um die aufschiebende Wirkung ihrer ebenfalls eingereichten Klage wiederherzustellen. Doch ihre Bemühungen blieben erfolglos. Am 8. September hat auch das OVG NRW die bisherige Linie bestätigt. Die Revision hat es nicht zugelassen – die Apothekerinnen könnten es bestenfalls noch mit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht versuchen.

Keine Bagatellgrenze für zulässige Abweichungen

Das OVG hat die Urteilsgründe noch nicht veröffentlicht. In einer Pressemitteilung erklärt es jedoch, dass deutschen Apothekern verboten sei, von dem sich aus der Arzneimittelpreis­verordnung ergebenden einheitlichen Apothekenabgabepreis abzugehen. Insbesondere nicht, indem sie Rabatte oder sonstige Preisnachlässe sowie Zuwendungen und Werbegaben gewähren und hierfür werben. Gegen diese Preisbindung hätten die beiden Apothekerinnen verstoßen. Denn die in dem Gutschein versprochene Sachzuwendung lasse den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen. Der Kunde spare eigene Aufwendungen, indem er für den Gutschein Ware des täglichen Bedarfs erhalte. Dass diese nur einen geringen Wert von weniger als 0,50 Euro habe, sei unerheblich. Denn eine Bagatellgrenze für zulässige Abweichungen kenne das Arzneimittelpreisrecht nicht.

EuGH-Urteil ändert nichts an nationaler Rechtsprechung

Das Gericht stellt zudem fest, dass die Preisbindungsvorschriften sowohl verfassungsgemäß als auch europarechtskonform sind. So dienten sie der bundesweiten gleichmäßigen Versorgung mit Arzneimitteln und verstießen weder gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit noch gegen den Gleichheitssatz. Auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016, nach dem die Preisbindungsvorschriften für ausländische Versandapotheken nicht gelten, ändere nichts daran, dass die nationalen Vorschriften in Deutschland durchgesetzt werden können. Dieser Wettbewerbsvorteil für ausländische Versender habe sich „noch nicht gravierend zulasten inländischer Apotheken ausgewirkt“, heißt es in der Mitteilung. Ob, wann und wie der nationale Gesetzgeber auf die Entscheidung des EuGH reagieren werde, sei offen. Jedenfalls seien die Apothekerkammern nicht gehalten, bei dieser Sachlage von Maßnahmen bei Verstößen gegen nationale Preisbindungsvorschriften abzusehen. |

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