Arzneimittel und Therapie

Kurz gemeldet

Retardiertes Paracetamol soll vom Markt

Retardiertes Paracetamol ist in Deutschland zwar nicht im Verkehr, aber in verschiedenen EU-Ländern ­erhältlich (Belgien, Dänemark, Finnland, Luxemburg, Portugal, Rumänien und Schweden). Gefährlich wird es im Fall der Überdosierung, weil die ­üblichen Behandlungsoptionen auf sofort freisetzende Paracetamol-­Produkte ausgerichtet sind. Vor allem wenn nicht bekannt ist, dass retardiertes Paracetamol eingenommen wurde, kann dies zu schweren Leberschäden und bis zum Tod führen. ­Zusätzlich komplex und schwierig sind Überdosierungen von Präparaten zu handhaben, die eine Kombination aus retardiertem Paracetamol und Tramadol enthalten (erhältlich in Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Island, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Spanien). Der Risikobewertungsausschuss (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) der EMA (Europäische Arzneimittelagentur) empfiehlt deshalb die Aussetzung der Marktzulassung von retardierten Paracetamol-Präparaten. Alle betroffenen Arzneimittel wurden auf nationaler Ebene zugelassen, sodass der PRAC seine Empfehlungen nun an die CMDh (Co-ordination Group for mutual Recognition and Decentralised Procedures - Human) weiterleitet.

Todesfälle unter Bendamustin

Der Zulassungsinhaber (Astellas) des Originalpräparates (Levact®) informierte am 24. August 2017 in einem Rote-Hand-Brief über eine erhöhte Mortalität unter Bendamustin-­Therapie. Bendamustinist auch als Generikum verfügbar. Es ist indiziert zur Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie, des indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms sowie des multiplen Myeloms. Die Todesfälle traten in aktuellen klinischen Studien auf, in denen Bendamustin in nicht zugelassenen Kombinationsbehandlungen oder außerhalb der zugelas­senen Indikationen eingesetzt wurde. Haupt-Todesursache sind laut dem Rote-Hand-Brief (opportunistische) Infektionen. Aber auch einige töd­liche kardiale, neurologische und respiratorische Toxizitäten wurden berichtet. Die Fachinformation wird entsprechend überarbeitet.

InfectoDiarrstop LGG® verliert Erstattungsfähigkeit

Mit dem G-BA-Beschluss vom 17.08.2017 wird InfectoDiarrstop LGG® aus der Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) gestrichen und damit nicht mehr von der GKV erstattet. Nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger wird der Beschluss rechtswirksam. Voraussichtlich ab Anfang Oktober 2017 soll das Präparat gegen kindlichen Durchfall laut InfectoPharm nicht mehr erstattungsfähig sein. Grund: Kürzlich wurde ein Prüfarzt wegen Ergebnismanipulation rechtskräftig verurteilt. Zwar betraf dieses Urteil eine andere Studie, dennoch verliert die bisher stützende klinische Studie durch dessen Beteiligung ihre Belastbarkeit. InfectoPharm betont, dass die Zulassung von InfectoDiarrstop LGG®  zu keinem Zeitpunkt infrage stand. Das Präparat sei in der kinderärztlichen Praxis bewährt und werde in vielen wichtigen europäischen Leitlinien bei Durchfall empfohlen.

Im zweiten Anlauf: Cladribin gegen MS

Das Purin-Analogon Cladribin ist ein Antimetabolit, der zur Behandlung der Haarzell-Leukämie parenteral eingesetzt wird. Über welchen Mechanismus Cladribin seine Wirkung bei MS entfaltet, ist nicht vollständig aufgeklärt: Man vermutet, dass durch seine vorwiegende Wirkung auf B- und T-Lymphozyten die Kaskade von Immunereignissen, die eine zentrale Rolle bei MS spielen, unterbrochen wird. Der erste Zulassungsversuch scheiterte 2010. Jetzt hat die Europä­ische Kommission die Zulassungerteilt. Bei MS wird Cladribin oral verabreicht. Unter dem Namen Mavenclad® wird es in einer Dosierung von 10 mg pro Tablette verfügbar sein. Indikation ist die hochaktive schubförmige Multiple Sklerose. Die Zahl der Schübe soll verringert und die Progression verlangsamt werden.

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