DAZ aktuell

Festbetrag für Reserveantibiotikum Linezolid?

G-BA möchte Kann-Regelung nutzen und stößt auf Unverständnis

STUTTGART (du) | Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) plant, für die oralen Darreichungsformen des Reserveantibiotikums Linezolid eine Festbetragsgruppe zu bilden und hat dazu ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Die Irritationen insbesondere bei Herstellern sind groß.

Linezolid wurde 2001 unter dem Namen Zyvoxid® eingeführt. Sein Wirkspektrum umfasst grampositive Keime einschließlich multiresistenter Erreger. Linezolid ist als Reserveantibiotikum indiziert zur Behandlung von nosokomialen oder ambulant erworbenen Pneumonien sowie von Haut- und Weichteilinfektionen. Neben dem von Pfizer vertriebenen Original Zyvoxid® gibt es inzwischen eine Reihe von Linezolid-haltigen Generika mit im Vergleich zum Original deutlich niedrigeren Preisen.

Nun möchte der G-BA für die oralen Linzeolid-Darreichungsformen eine Festbetragsgruppe einrichten, was vor dem Hintergrund der Diskussionen um Resistenzentwicklung und Mangel an Antibiotika-Innovationen auf Herstellerseite auf besonders großes Unverständnis stößt.

Widerspruch zum Pharmadialog

So weist Martin Fensch, Geschäftsführer der Pfizer Pharma GmbH, darauf hin, dass Antibiotika-Resistenzen eine der zentralen Herausforderungen in unserem Gesundheitssystem seien. Dies habe auch die Politik erkannt. Mit der Neuregelung im Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) vom Mai 2017 sollte dem entgegen gesteuert werden. Reserveantibiotika sollten von der Festbetragsgruppenbildung explizit ausgenommen werden. In § 35 Abs 1. S. 3,4 SGB V – neu heißt es allerdings:

Satz 3: Bei der Bildung von Gruppen nach Satz 1 soll bei Arzneimitteln mit Wirkstoffen zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten (Antibiotika) die Resistenzsituation berücksichtigt werden.

Satz 4: Arzneimittel, die als Reserveantibiotika für die Versorgung von Bedeutung sind, können von der Bildung von Gruppen nach Satz 1 ausgenommen werden.

Eine Formulierung, gegen die auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) im AMVSG-Gesetzgebungsverfahren protestiert hatte, da er in direktem Widerspruch zu den im Pharmadialog erarbeiteten Ergebnissen zur Förderung der Antibiotikaforschung stand. Deshalb hatte der BAH gefordert, dass auch im Gesetzestext eindeutig festgehalten wird, dass Reserveantibiotika von der Festbetragsgruppenbildung ausgenommen werden müssen, nicht nur können. Doch der Protest blieb folgenlos. Jetzt will der G-BA von der Kann-Regelung für Linezolid Gebrauch machen. Die Begründung:

„Da es sich um eine Festbetragsgruppe der Stufe 1 auf der Ebene des selben Wirkstoffes handelt, wird die Verfügbarkeit von Arzneimitteln mit Blick auf deren wirkstoffbezogenen Reservestatus zur Behandlung von Infektionskrankheiten durch Erreger mit Resistenzen nicht eingeschränkt. Die Festbetragsgruppenbildung knüpft vielmehr an einen bereits bestehenden generischen Wettbewerb von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Linezolid an. Die Systematik der Festbetragsgruppenbildung auf der Stufe 1 stellt dabei sicher, dass Arzneimittel mit dem Wirkstoff Linezolid in jedem Fall zur Verfügung stehen.“

Sowohl für den BAH als auch für Pfizer wäre die Festbetragsgruppenbildung jedoch ein fatales Signal für die dringend notwendige Intensivierung der Antibiotikaforschung. Fensch betont: „Forschende Pharmaunternehmen werden nicht in diese Anwendungsgebiete investieren, wenn am Ende eines Entwicklungsprozesses vergleichsweise wenige Patienten zu einem Preis behandelt werden, der in keinem Verhältnis zum Aufwand für Forschung, Herstellung und Vertrieb steht.“

Geringes Einsparpotenzial

Nach Daten von Quintiles/IMS betrug der APU-Umsatz mit Linezolid für die Zeit vom Juli 2016 bis Juni 2017 9,8 Mio. Euro (APU = Abgabepreise Pharmazeutischer Unternehmer), etwa 8600 Packungen und damit fast 75% fielen unter eine Rabattvertragsregelung. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich für den BAH die Sinnhaftigkeit einer Festbetragsregelung. Denn das Einsparpotenzial sei bei einem Marktverordnungsvolumen von 26,5 Milliarden Euro APU und dem hohen Rabattvertragsanteil äußerst gering. Zudem befürchtet der BAH, dass bei einer weiteren Preissenkung die Verordnungsbereitschaft und damit auch der Absatz des Reserveantibiotikums steigen werden. Die Bemühungen zur Bekämpfung von multiresistenten Keimen und zur Förderung der Antibiotikaforschung würden so konterkariert.

Das Stellungnahmeverfahren zu der geplanten Festbetragsgruppe wurde am 29. August 2017 abgeschlossen, die Anhörung findet in der Regel drei Monate später statt. Fensch und der BAH hoffen jetzt darauf, im Rahmen des Stellungnahme- und Anhörungsverfahrens im Gemeinsamen Bundesausschuss die Festbetragsgruppenbildung noch zu verhindern. |

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