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Wie sind Daten „großer“ Apotheken zu interpretieren?

Von der Kennzahlenanalyse zur Politik

SÜSEL (tmb) | Die Apotheken in Deutschland unterscheiden sich hinsichtlich Größe und wirtschaft­licher Entwicklung immer mehr. Obwohl dies längst bekannt ist, ­machen sich manche Betrachter der Apothekenlandschaft offenbar nicht bewusst, was dies für die Interpretation wirtschaftlicher Daten bedeutet. In der vorigen Woche haben Äußerungen der Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche gezeigt, wie problembehaftet dieses Thema ist. Diese Analyse soll zeigen, wo die wichtigsten Interpretationsprobleme liegen.

Schon immer krankt die Interpretation von Apothekenwirtschaftsdaten daran, dass die Betriebsergebnisse zugleich das Einkommen des Apothekeninhabers und der Gewinn eines Unternehmens sind. Dies ergibt sich zwangs­läufig aus der Rechtsform der inhabergeführten Apotheke. Das ist also gewollt, muss aber beachtet werden. Der Gewinn der Apotheke enthält den Lohn für die Arbeit des Inhabers, die Miete für die als Apotheke genutzten eigenen Räume, die Verzinsung für das eingesetzte Kapital, einen Ausgleich für das unternehmerische Risiko und den Gewinn für die unternehmerische Tätigkeit. Eine Kapitalgesellschaft würde die ersten drei Aspekte als Kosten geltend machen, bei einer Apotheke sind sie nur kalkulatorische Kosten, die den steuerlichen Gewinn nicht senken. Bei kleinen Apotheken leidet die Betrachtung typischerweise daran, wie die Honorierung für die Arbeit des Inhabers eingeschätzt wird. Erhielte dieser ein angemessenes Gehalt, wäre der Gewinn einiger Apotheken geradezu lächerlich gering. Bei großen Apotheken liegt das Problem darin, wie die Risikoprämie und der Gewinn bewertet werden. In Relation zur Arbeit eines einzelnen Apothekers können diese Beträge hoch anmuten. Doch in Relation zu vielleicht 20, 30 oder noch mehr Mitarbeitern und zur Zahl der versorgten Patienten sind dieselben Zahlen wirtschaftlich „normal“. Leider geben die einschlägigen Statistiken solche Vergleiche nicht her. Es erscheint jedoch sinnvoll, solche Daten zu erheben, um damit argumentieren zu können.

Umsatzrendite als Maßstab

Für den Vergleich mit anderen Wirtschaftsbereichen gibt die Relation zum Umsatz eine gewisse Orientierung, auch wenn dieser bei Apotheken zunehmend durch Hochpreiser verzerrt wird. In der jüngsten Diskussion betrachtete Schulz-Asche einen Gewinn von 160.000 Euro bei einer Apotheke mit 2,5 Millionen Euro Umsatz als „enorme Summe“. Doch bei 100.000 Euro kalkulatorischen Kosten für Unternehmergehalt und Miete eigener Räume würden davon 60.000 Euro und damit eine Umsatzrendite von 2,4 Prozent bleiben. Das ist für ein „Fachgeschäft“ mit hochqualifizierten Beratungs- und Serviceleistungen nicht viel. Einen Umsatz von 2,5 Millionen Euro oder mehr erreichen viele Apotheken an „guten“ Standorten, die dementsprechend viele Patienten versorgen und dafür auch honoriert werden müssen. Bei kapitalintensiven Sonderleistungen wie Zytostatikaversorgung oder Verblisterung verdient die Kapitalverzinsung noch eine zusätzliche Betrachtung.

Viele Aussagen zum Apothekenmarkt implizieren zudem, die erwirtschafteten Erträge würden von der Solidargemeinschaft der GKV-Versicherten finanziert. Doch auch dies ist eine unvollständige Rechnung. Denn die Erträge der Apotheken entstehen auch aus OTC-Umsätzen und Arzneimitteln für privat Versicherte. Gerade in „guten“ Lagen sind dies wichtige Ertragsquellen. Für eine rein politische Bewertung müsste das GKV-Geschäft allein betrachtet werden. Es kann nicht erwartet werden, dass Apotheken nur durch eine Quersubventionierung aus OTC-Umsätzen zukunftsfähig sind. Im Rahmen ihres Apothekenwirtschaftsberichtes legt die ABDA üblicherweise eine zusätzliche Analyse für das GKV-Geschäft vor. Von den beispielhaft genannten 160.000 Euro Gewinn blieben nach diesen Daten nur noch 93.600 Euro aus dem GKV-Geschäft übrig.

Kein Gießkannenprinzip

Eine politische Folge der wirtschaftlichen Spreizung zwischen den Apotheken ist die Forderung, Honorarerhöhungen nicht nach dem „Gießkannenprinzip“ zu verteilen. Dies wurde sowohl beim Nachtdienstfonds als auch bei der jüngsten Erhöhung der Rezepturtarife berücksichtigt. Beides betrifft zwar vordergründig alle Apotheken, aber letztlich werden damit nur die Defizite in den Apotheken ausgeglichen, die besonders viele dieser unterbezahlten Leistungen anbieten. Der Notdienst und besonders die Rezeptur bleiben weiterhin unterfinanziert, aber die Unterdeckung hat abgenommen. Von geringeren Verlusten wird aber niemand reich. Darum ist die Spreizung der Apothekenlandschaft durch diese Honoraränderungen nicht größer, sondern eher geringer geworden. |

Zum Weiterlesen im Web:

Den Kommentar von DAV-Geschäftsführer Christian Rotta zum Meinungsbeitrag von Kordula Schulz-Asche finden Sie, wenn Sie auf DAZ.online den Webcode C5KA4 eingeben. Die weitere Diskussion finden Sie unter Eingabe des Webcodes U6MP5.

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