Aus der Hochschule

RNA-Transkripte und DNA-Reparatur

Frankfurter Pharmazieprofessor wirbt hochrenommiertes Koselleck-Projekt ein

Rolf Marschalek, Professor am Institut für Pharmazeutische Bio­logie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, wirbt ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Reinhart-Koselleck-Projekt in Höhe von 1,25 Millionen Euro ein. Mit dem Forschungsgeld will er einem der großen Rätsel in der Krebsforschung auf den Grund gehen: Was sind die molekularen Ursachen der Entstehung chromosomaler Translokationen?
Foto: privat
Prof. Rolf Marschalek

Reinhart Koselleck (1923 – 2006) war einer der bedeutendsten deutschen Historiker des letzten Jahrhunderts. Die nach ihm benannten Projekte sind ganz besondere Instrumente der Forschungsförderung durch die DFG: Sie werden ausschließlich Forschern mit einem herausragenden wissenschaft­lichen Lebenslauf zuerkannt, die ein riskantes, aber hoch innovatives Forschungsprojekt planen. Den Wissenschaftlern wird quasi ein Vertrauensvorschuss gegeben, der durch ihre bisherigen außergewöhnlichen Leistungen gerechtfertigt wird. Bereits im Umfang des Antragstexts zeigt sich dieser Vorschuss: Eine fünfseitige Skizze reicht aus. Die Förderung ist auf fünf Jahre angelegt und umfasst maximal 1,25 Millionen Euro, die flexibel für Personal und Sachmittel eingesetzt werden können.

Rolf Marschalek hat Biologie mit Schwerpunkt Biochemie an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg studiert und seine Promotion in Molekularbiologie im Jahr 1989 abgeschlossen. Während seiner Postdoc-Zeit in Erlangen und Sydney arbeitete er an Transposons (springende Gene) und an molekularen Grundlagen der Transkription. Ab 1992 war er als wissenschaftlicher Assistent (C1) am Institut für Genetik der FAU tätig und begann mit seinen Arbeiten zur Pathogenese von Leukämie-Erkrankungen. Seitdem beschäftigt er sich vor allem mit chromosomalen Translokationen, an denen das mixed lineage leukemia (MLL)-Gen beteiligt ist. Seine Habilitation (1999) im Fach Genetik wurde mit dem Emmy-Noether-Habilitationspreis ausgezeichnet. Im Jahr 2000 folgte er dem Ruf der Goethe-Universität Frankfurt am Main auf die C3-Professur für Pharmazeutische Biologie. 2005 gründete er das Diagnostic Center of Acute Leukemia (DCAL), in dem Proben von Leukämie-Patienten aus der ganzen Welt molekulargenetisch charakterisiert werden. Das DCAL leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Pathogenese von Leukämien und zum therapeutischen Monitoring von Patienten: Durch diese Analytik lässt sich der individuelle Krankheitsverlauf, insbesondere das Auftreten von Rezidiven, verfolgen. Im Lauf der letzten Jahre wurden im DCAL über 48 neue Krebsgene entdeckt. Zurzeit arbeitet die Gruppe um Rolf Marschalek an neuen Therapiestrategien für juvenile Hochrisiko­leukämien.

Im geförderten Projekt sollen die molekularen Ursachen chromosomaler Translokationen erforscht werden. Marschaleks Hypothese ist, dass in Zellen lange RNA-Transkripte, zum Teil von ganzen Chromosomen, vorhanden sind, die die Integrität des Genoms aufrechterhalten. Im Falle von DNA-Schäden könnten diese RNA-Moleküle als Vorlage zur Reparatur der Chromosomen verwendet werden. Fehlerhafte Transkripte, die durch Rearrangements entstanden sind, würden sich über diesen Mechanismus auch in der DNA manifestieren. Marschalek postuliert somit eine völlig neue Funktion von RNA. Dies gilt es nun in geeigneten Experimenten zu validieren oder zu falsifizieren. |

Robert Fürst für die Hochschullehrer der Frankfurter Pharmazie

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