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Bundesagentur für Arbeit bestätigt Apotheker-Engpass

Lange Suche nach Fachkräften, kaum Arbeitslose / Verteilungsproblem zwischen Land und Stadt

BERLIN (bro/daz) | Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat den Apothekerberuf erstmals als „Mangelberuf“ eingestuft. In der sogenannten „Fachkräfteengpassanalyse“, in der Berufe mit Nachwuchsproblemen aufgelistet werden, tauchten die Pharmazeuten im Dezember 2016 zum ersten Mal auf. In der Auswertung vom Juni 2017 bestätigt sich die Tendenz. Die ABDA sieht in erster Linie ein Verteilungsproblem.

Nachwuchsprobleme gehören seit Jahren zu den größten berufspolitischen Baustellen der Apotheker. Immer häu­figer heißt es in der Lokalpresse: „Apotheke musste schließen, weil kein Nachfolger gefunden wurde.“ Ein besonders prominentes Beispiel war Hüffenhardt in Baden-Württemberg, wo sich DocMorris als Retter präsen­tieren wollte, was bekanntermaßen misslang. Auch Verbände und Kammern bemühen sich um Nachwuchs.

Dass die Probleme drücken und inzwischen chronischer Natur sind, bescheinigt den Apothekern nun auch die BA. Die Behörde veröffentlicht zwei Mal pro Jahr die sogenannte „Fachkräfteengpassanalyse“. Darin wertet sie die Arbeitslosenzahlen in Fachkräfte-Berufen der vergangenen sechs Monate aus und listet anschließend auf, in welchen Berufen der Mangel am höchsten ist. Insgesamt 21 Berufsgruppen sind derzeit von einem solchen offiziellen Mangel betroffen. Ein Problemfeld sind die ­Gesundheits- und Pflegeberufe: Auf ­Expertenebene sind dabei Humanme­diziner (ohne Zahnärzte) und Pharmazeuten betroffen.

Foto: DAZ / Alex Schelbert
In der Apotheke stehen? Das können sich immer weniger junge Menschen vor­stellen. Die Apotheker beklagen seit Jahren einen Nachwuchsmangel. Jetzt ist dieser offiziell und amtlich bestätigt – was es nicht besser macht.

Kriterien für den Mangelberuf

Doch wie wird ein Beruf offiziell zum Mangelberuf? Dazu müssen folgende Kriterien vorliegen: Die Vakanzzeit – also die Zeit, in der Stellen im Durchschnitt unbesetzt blieben – muss 40 Prozent über dem Durchschnitt aller Berufe liegen. Zweitens muss die Relation von Arbeitslosen zu offenen Stellen, also die Zahl der Arbeitssuchenden, die sich auf eine offene Stelle bewerben, kleiner als vier sein. Drittens wird die berufsspezifische Arbeitslosenquote gemessen: Diese sagt aus, wie viele Arbeitssuchende es im Verhältnis zu Berufstätigen gibt. Die Quote muss kleiner als drei Prozent sein, um den Beruf als „Mangelberuf“ zu qualifizieren.

Der Apothekerberuf erfüllte zuletzt alle diese Anforderungen. Im Betrachtungszeitraum waren gemeldete Stellen im Schnitt 141 Tage vakant, was 41 Prozent über dem Durchschnitt aller Berufe lag. Außerdem lag die Arbeitslosen-Stellen-Relation laut Behörde deutlich im unteren Bereich: Normalerweise kommen auf Akademiker-Berufe 400 Arbeitslose auf 100 Stellen, bei Apothekern sind es 201 Arbeitslose auf 100 Stellen. „Ebenso deutet die berufsspezifische Arbeitslosenquote (1,7 Prozent) auf einen Mangel hin“, erklärt die BA.

Und was macht die ABDA?

Auf die Frage, was die ABDA in dieser Angelegenheit unternehme, erklärte ein Sprecher zunächst: „Die Bemühungen unserer Mitgliedsorganisationen um den Erhalt und Ausbau der Studienplätze im Fach Pharmazie sowie die Einrichtung neuer pharmazeutischer Hochschulstandorte werden vonseiten der ABDA begrüßt und unterstützt.“

Die ABDA verweist in diesem Zusammenhang allerdings auch auf einen Antrag vom Deutschen Apothekertag 2015, den die Kammern aus Berlin und Sachsen eingebracht hatten. In dem Antrag hat die Hauptversammlung den Gesetzgeber und die Universitäten aufgefordert, die universitären Standorte mit Pharmaziestudium zu erhalten und diese hinsichtlich der Anzahl der Studienplätze auszubauen beziehungsweise Studienplatzkürzungen zurückzunehmen. Dem ABDA-Sprecher zufolge hat die Standesvertretung deshalb Kontakt mit der Kultusministerkonferenz (KMK) und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) aufgenommen. Und was kam dabei raus? „Sowohl KMK als auch GWK führen in ihrer Antwort aus, dass die Zahl der Studienplätze für Pharmazie in den letzten Jahren in den Ländern konstant geblieben sei, in einigen Ländern sogar ein Zuwachs zu verzeichnen sei. Die KMK geht in der pharmazeutischen Versorgung von einer Disparität zwischen der Situation in den Städten und im ländlichen Raum aus. In der Konsequenz wurden Zweifel formuliert, dass die Sicher­stellung der Versorgung über eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze erreicht werden kann.“

Die Bildungsexperten der Bundesländer sehen also keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Und auch die ABDA schließt sich diesem Urteil an. Auf die Frage, wie man auf die neuerliche Einstufung als „Mangelberuf“ nun reagieren werde, erklärte der ABDA-Sprecher: „Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch die Apotheke vor Ort ist nicht gefährdet. Die Besetzungsschwierigkeiten, die mit der Fachkräfteengpassanalyse aufgezeigt werden, spiegeln vorrangig das oben genannte Verteilungsproblem wider. In allen Tätigkeitsbereichen der Apotheker, auch in der öffentlichen Apotheke, ist ein Zuwachs an Arbeitsstellen zu verzeichnen.“ |

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