Die Seite 3

Homöopathisches Wahlkampfgetöse

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Die CDU/CSU-Bundestagfraktion hat eine neue Mission. Folgt man den Aussagen ihrer Verbraucherschutzbeauftragten Mechthild Heil, dann führt die Apothekenpflicht der Homöopathika die Patienten in die Irre: „Der ausschließliche Verkauf erwecke den Anschein, es handele sich um wissenschaftliche Alternativen zu Medikamenten in der Schulmedizin! Eine klare Regelung sollte dem entgegenwirken!“ – so die Abgeordnete. Eine ziemlich unausgegorene und naive Forderung.

Denn Frau Heil scheint zu glauben, dass das Problem des fehlenden Wirksamkeitsnachweises aus der Welt ist, wenn jetzt Homöopathika auch in Drogerie- oder Supermärkten verkauft werden dürfen. Die Schulmediziner, die auch noch die Homöopathie in ihrem Portfolio haben, hat sie erst gar nicht auf dem Schirm. Dabei müsste sie konsequenterweise auch ihnen die Therapie mit Homöopathika untersagen, denn eine Verordnung durch einen Arzt erweckt doch mindestens genauso den Eindruck, dass das Homöopathikum eine wissenschaftlich anerkannte Alternative zu Medikamenten der Schulmedizin ist. Und wie sieht es überhaupt mit dem Arzneimittelstatus aus? Die Mission der CDU/CSU-Fraktion zu Ende gedacht, müsste den Homöopathika dieser Status schlicht entzogen werden, mit allen Konsequenzen gerade im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben wie Registrierung, Herstellung und Überwachung. Dann kann jeder irgendwie irgendwelche homöopathischen Tropfen und Globuli in den Markt bringen, im Zweifel völlig unberührt von irgendwelchen Urtinkturen, im schlimmsten Fall mit wirksamen Konzentrationen hochtoxischer Ausgangsstoffe. Die Todesfälle, für die homöopathische Belladonna-haltige Zahnungsmittel in den USA verantwortlich gemacht werden, lassen grüßen.

Patienten, die dann trotzdem nicht auf die homöopathische Alternative verzichten wollen, werden, wenn man die Zeilen von Frau Heil richtig interpretiert, durch „Informationen in deutscher Sprache“ aufgeklärt. Denn, so O-Ton Frau Heil: „Die Menschen erwarten heutzutage, dass sie in allen Bereichen unseres täglichen Lebens angemessen und verständlich informiert werden … Die Information in deutscher Sprache ist eine Selbstverständlichkeit!“

Was bitte soll das denn heißen? Finden die Patienten dann in der Packung eine Information darüber, wann bei welchen Beschwerden sie die Globuli in welcher Menge und wie oft einnehmen sollen? Wirksamkeitsnachweis hin oder her? Wer spricht denn dann noch mit den Betroffenen, hinterfragt die Eigendiagnose und zeigt die Grenzen der homöopathischen Möglichkeiten auf? Die Kassiererin im Drogeriemarkt?

Ich kann ja verstehen, dass Frau Heil Schwierigkeiten mit Bezeichnungen wie Gelsemium sempervirens,Pulsatilla pratensis oder Bryonia cretica hat. Aber ich bezweifle stark, ob es ihr und den Patienten weiterhilft, wenn da was von gelbem Jasmin, Wiesenkuhschellen oder rotfrüchtigen Zaunrüben steht.

Wenn Frau Heil wirklich will, dass jeder in allen Bereichen des täglichen Lebens angemessen und verständlich informiert wird, dann kann ich nur empfehlen, sich in Fragen zur Behandlung von Krankheiten vertrauensvoll an Ärzte und Apotheker zu wenden. Denn diese sind dafür ausgebildet. Das ist eine klare Regelung, dafür gibt es unter anderem die Apothekenpflicht, und das ist der Status quo. Wenn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion allerdings der Meinung ist, Homöopathika haben keine Wirkung und gehören aus Verbraucherschutzgründen verboten, dann sollte sie dies auch so und nicht anders artikulieren. Die Forderung nach Aufhebung der Apothekenpflicht ist verbraucherfeindliches Wahlkampfgetöse, die Forderung nach Informationen in deutscher Sprache hat darüber hinaus noch einen ganz besonders denkwürdigen Zungenschlag.

Doris Uhl


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