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Exklusiv – ja oder nein?

Nach dem AMVSG: Streit um Impfstoff-Verträge

ks/ral | Das Bundesgesundheitsministerium ist derzeit in Erklärungsnöten, wie es um die Exklusivität von Verträgen bestellt ist, deren Rechtsgrundlage mit dem AMVSG gestrichen wurde. Nach den Zyto-Verträgen machen nun die Impfstoff-Rabattverträge Probleme. Denn die Bevorratung mit Grippe-Impfstoffen für die nächste Saison steht für Arztpraxen jetzt an. Welche Vakzine dürfen sie ordern und welche nicht?
Foto: Imago
Unsicher sind sich Ärzte derzeit, wenn es um die Bestellung von Grippeimpfstoff geht.

Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) hat der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage für die Ausschreibung von exklusiven Rabattverträgen über Grippeimpfstoffe abgeschafft (§ 132e Absatz 2 SGB V in der Fassung bis zum 12. Mai 2017). Begründet wurde dies mit dem mittlerweile kleinen Anbieter-Markt und der komplexen Herstellung der Vakzine. Ausschreibungen gingen mit Unwägbarkeiten einher, die zu Unsicherheiten in der Versorgung und Lieferproblemen führen könnten. In der Gesetzesbegründung heißt es zudem, bestehende Rabattverträge könnten nicht verlängert werden.

Doch was bedeutet das für Rabattverträge, die noch regulär laufen? Es gibt Verträge, die erstrecken sich bis in die Saison 2018/2019, beispielsweise die der AOK Plus in Sachsen und Thüringen. Sollen Ärzte sich nun an diese Verträge halten – oder steht es ganz in ihrem therapeutischen Ermessen, welchen Impfstoff sie nehmen?

KVen raten zum Rabatt-Impfstoff

Bereits im März hatte das Bundesgesundheitsministerium klargestellt, dass die Kassen ab Inkrafttreten des AMVSG wieder alle verordneten Impfstoffe erstatten müssen. Jedenfalls, ­soweit die Leistung im Rahmen der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses erfolgt. Doch die aktuellen Informationen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zur anstehenden Grippesaison klingen ganz anders. In den Regionen, in denen die Kassen Rabattverträge über Grippeimpfstoffe geschlossen haben – das sind alle Bundesländer mit Ausnahme von Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen – empfehlen die KVen den Ärzten, weiterhin Rabatt-Impfstoffe zu bestellen. „Wir sehen derzeit keinen Grund, diesen Aussagen der Krankenkassen zu widersprechen“, heißt es etwa in einem Schreiben der KV Bayerns (KVB) an die Ärzte. Das heißt: Es gibt für den nächsten Winter für die meisten GKV-Versicherten wieder Dreifach-Impfstoff, obwohl dieser in der vergangenen Saison nicht optimal war.

Stroppe: Keine Einschränkung auf bestimmte Hersteller

Das Bundesgesundheitsministerium ist allerdings weiterhin anderer Auffassung. Und diese hat Staatssekretär Lutz Stroppe (CDU) nun dem GKV-Spitzenverband, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie Pharmaverbänden und dem Bundesversicherungsamt schriftlich mitgeteilt. In dem Schreiben steht ausdrücklich: „Seit dem 13. Mai 2017 können die Ärztinnen und Ärzte wieder die Impfstoffe jedes Impfstoffherstellers verordnen. Eine Einschränkung der Verordnung auf Impfstoffe bestimmter Hersteller besteht nicht. Auch bei Beachtung der wirtschaftlichen Versorgung gemäß § 12 SGB V ist nicht allein auf den bisherigen Vertragsimpfstoff abzustellen. Die Krankenkassen haben die verordneten Impfstoffe zu erstatten, soweit die Leistung im Rahmen der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ­erfolgt. Diese basiert auf den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission.“ Stroppe verweist auf den Gesetzeswortlaut: Gestrichen wurde nicht nur die Grundlage für die Rabattverträge an sich, sondern auch die der Formulierung, wonach die „Versorgung der Versicherten ausschließlich mit dem vereinbarten Wirkstoff“ erfolgt. Daraus folge qua Gesetz der ­sofortige Wegfall der Exklusivität der Rabattverträge. Seinen Brief schließt Stroppe mit dem Satz: „Inwieweit es aufgrund des Wegfalls der Exklusivität zu einer Anpassung oder Aufhebung bestehender Verträge kommt, ist Angelegenheit der Vertragspartner selbst.“ Ob die Ärzte sich von diesen Aussagen beeindrucken lassen, ist fraglich. Schließlich geht es für sie ­darum, sich vor möglichen Rückforderungen seitens der Kassen zu schützen. Und diese zeigten sich schon bei den Zyto-Verträgen mit Apotheken unnachgiebig gegenüber dem BMG. |

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