Schwerpunkt Personalakquise

Wenn’s eng wird: eine Vertretung!

Wie Agenturen für Apothekenvertretungen arbeiten

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diz | Wenn kurzfristig ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ausfallen, ist Not am Mann bzw. an der Frau. Oder wenn man eine Urlaubsvertretung sucht, aber keine findet – was tun? Rasche Hilfe versprechen Agenturen für Apothekenvertretungen. Wir haben uns mit zwei dieser Vermittler von pharmazeutischen Fachkräften unterhalten: approtime und Flying Pharmacist.

approtime

Die Firma approtime ist ein Familienunternehmen. Gegründet wurde es 1997 von den Geschwistern Waltraud Gerlach-Braun und Andreas Gerlach. Bereits seit 1995 hatte sich Apotheker Andreas Gerlach als selbstständiger Vertretungsapotheker auf approbierte Chefvertretungen spezialisiert. Im Laufe der Zeit wuchs sein Kundenstamm, sodass es immer häufiger zu Terminüberschneidungen kam. Zudem war der organisatorische Aufwand, eine Vertretung zu planen und abzurechnen, sowohl für die Apotheken als auch ihn als Vertreter außerordentlich aufwendig. Aus dieser Situation heraus entstand die Idee, eine professionelle Vertretungs­firma ins Leben zu rufen.

approtime arbeitet mit festangestellten Mitarbeitern und übernimmt die gesamte Abwicklung des Vertretungseinsatzes.

Das Unternehmen approtime arbeitet ausschließlich mit fest angestellten Mitarbeitern, d. h., wer bei approtime als Vertretungsapotheker oder -PTA arbeitet, erhält einen unbefristeten Arbeitsvertrag, ein festes Gehalt mit allen Sozialleistungen und ist über approtime sozialversichert. Seine Mitarbeiter rekrutiert approtime über Stellen-Annoncen. „Zurzeit beschäftigen wir 31 Mitarbeiter, davon 5 PTAs“, so Frau Gerlach-Braun. „Für jeden Mitarbeiter haben wir ein Arbeitszeitkonto angelegt, das alle geleisteten Arbeitsstunden erfasst. Mehrarbeit wird durch Freizeit (zusätzlich zum Urlaub) ausgeglichen. Der Freizeitausgleich kann indivi­duell nach den Wünschen des Mitarbeiters gestaltet werden und auch z. B. für längere Reisen oder Auszeiten genutzt werden. Da wir in der zeitlichen Festlegung der Arbeitseinsätze flexibel sind, ist unser Arbeitsangebot auch eine ideale Verdienstmöglichkeit für Doktoranden und Arbeitnehmer, die ihren Arbeitseinsatz auf einige Wochen im Jahr konzentrieren wollen, aber gleichzeitig durchgängig Gehalt be­ziehen und sozial abgesichert sein wollen“, erklärt es die Mitinhaberin von approtime.

Die Fahrtkosten zum Einsatzort übernimmt approtime, die Unterkunft vor Ort stellt die Apotheke zur Verfügung. Grundsätzlich müssen die Mitarbeiter von approtime bereit sein, bundesweit eine Vertretung zu übernehmen, sie sollten also so flexibel sein, dass sie wochenweise von zu Hause weg sein können. „Grundsätzlich vermitteln wir Vertretungen nur wochenweise, nicht für einzelne Tage. Vertretung ist vor allen Dingen auch Vertrauenssache. Insofern sind auch nicht so sehr einzelne Aspekte wie Alter, Berufserfahrung o. ä. für eine Vertretungstätigkeit ausschlaggebend, sondern eher die Gesamtsituation“, ist Waltraud Gerlach-Braun überzeugt.

Um eine hohe Qualität und Leistung der Vertretungen garantieren zu können, werden die Vertretungseinsätze ständig validiert, so Waltraud Gerlach-Braun: „Die Firma approtime betreut ihre Mitarbeiter persönlich, unterstützt und begleitet sie fachlich. Bei Fragen und Problemfällen im Vertretungseinsatz steht Andreas Gerlach mit seiner langjährigen Erfahrungspraxis und seinem Know-how den Mitarbeitern zur Verfügung.“ Da auch für Apothekenvertretungen die fachliche Weiterbildung sehr wichtig ist, stellt approtime seinen Mitarbeitern laufend verschiedene, digitale Fortbildungsmöglichkeiten zur Verfügung und organisiert darüber hinaus einmal im Jahr ein zweitägiges, internes Weiterbildungsseminar. „Durch unser Konzept bieten wir auch Berufseinsteigern, jungen Apothekerinnen und Apothekern, eine ideale Möglichkeit, Erfahrungen in unterschiedlichen Apotheken zu sammeln und die Vielfalt des öffentlichen Apothekenlebens kennenzulernen bei gleichzeitiger sozialer Absicherung, z. B. Absicherung im Krankheitsfall sowie Urlaubsanspruch etc., durch ein festes Angestelltenverhältnis“, fügt Gerlach-Braun hinzu.

Fragt eine Apotheke eine Vertretung für einen bestimmten Termin (nur wochenweise) bei approtime nach, wird ein approtime-Mitarbeiter für diese Vertretung, sofern noch freie Kapazitäten vorhanden sind, eingeteilt. „Bei Stammkunden, die gerne bestimmte Mitarbeiter wieder als Vertreter hätten, versuchen wir – soweit organisatorisch möglich – die Wünsche zu berücksichtigen“, so Gerlach-Braun. Die Apotheke ist verpflichtet, eine Unterkunft für die Vertretung zur Verfügung zu stellen.

Wie approtime herausstellt, übernimmt diese Firma – im Unterschied zu Vermittlungsagenturen – nicht nur die gesamte bürokratische Abwicklung des Vertretungseinsatzes, sondern kann aufgrund der fest angestellten Apotheker eine zugesagte Chefvertretung auch garantieren, da immer Mitarbeiter in „Bereitschaft“ stehen, falls einer der Mitarbeiter ausfällt, den Einsatz nicht antreten kann oder im Einsatz erkrankt. Nach dem Vertretungseinsatz erhält die Apotheke dann eine Rechnung über die geleisteten Arbeitsstunden sowie über die Fahrtkosten. Weitere Kosten fallen nicht an.

Flying Pharmacist

Seit 2010 vermittelt Apotheker Dr. Devid El-Wahsch, Düsseldorf, bundesweit Vertretungsdienste in Apotheken. Persönliche Schicksalsschläge gaben für ihn 2009 den Ausschlag, selbst als Vertretung zu arbeiten: „Ich bin damals spontan in die Apotheke gegangen, habe mich vorgestellt, meine Visitenkarte abgegeben und prompt kamen auch Vertretungswünsche zustande. Irgendwann machte das die Runde, weil die Apothekeninhaber in Aachen wussten: Wenn du eine Vertretung brauchst, ruf doch mal den Herrn El-Wahsch an“, erinnert sich der Apotheker. Sein Vertretungskalender wurde sehr schnell voll, es gab mehr Vertretungswünsche als er selbst wahrnehmen konnte. Da kam ihm die Idee: „Wie schön wäre es, wenn ich dem Inhaber nicht nur mich selbst, sondern auch andere Freiberufler vermitteln könnte. Das war im Prinzip die Geburtsstunde von Flying Pharmacist als Vermittlungsplattform für selbstständige Vertretungsapotheker.“

Flying Pharmacist sieht sich als Vermittlungsplattform für selbstständige Vertretungsapotheker.

Anfangs sei es ziemlich schwierig gewesen, Gleichgesinnte zu finden, die gerne Vertretungen machen. Er hörte sich in seinem Bekanntenkreis, bei ehemaligen Semesterkollegen um. Außerdem durchforstete er Anzeigen auf Kammerseiten und in Fachzeitschriften. Uns so nach und nach fand sich ein Stamm von Apothekerinnen und Apothekern, die Interesse an Apothekenvertretungen hatten. Derzeit hat er etwa 100 selbstständige Apothekerinnen und Apotheker in seiner Kartei. El-Wahsch legt dabei Wert auf die Feststellung: „Es sind keine angestellten Mitarbeiter, die bei uns abhängig beschäftigt werden. Es sind Freiberufler, die eigenständig Aufträge selbst annehmen oder ablehnen. Sie loggen sich im geschlossenen Online-Portal von Flying Pharmacist ein und suchen sich ihre Vertretungstermine selbst. Wir sind nur die Vermittlungsplattform.“

Wer als Vertretung arbeiten möchte, sollte eine gewisse Flexibilität mitbringen. Denn mitunter sind die Vertretungszeiten nur kurz, sodass in einem Monat auch schon mal mehrere Apotheken an verschiedenen Orten möglich sind. „Die meisten Apothekeninhaber beauftragen bei ihrem nächsten Vertretungswunsch denselben Apotheker erneut, sofern die Hauptwünsche, nämlich Pünktlichkeit und HV-Präsenz, ernst genommen wurden“, weiß El-Wahsch.

Da die Agentur Flying Pharmacist die Vertretungsapothekerinnen und -apotheker nicht selbst beschäftigt, sondern nur vermittelt, unterliegen sie keinerlei Weisung durch die Agentur was den Ort, die Dauer und die Art und Weise betrifft oder wie die Vertretungsdienste auszusehen haben. „Dazu gehört auch, dass wir als Agentur niemanden zwingen können, eine Schulung mitzumachen“, so El-Wahsch, „wir bieten jedoch teilweise Briefing-Videos für die jeweiligen EDV-Betriebssysteme an für diejenigen, die interessiert sind und Spaß dran haben, für die einzelnen Jobs vorbereitet zu sein. Die meisten Feedbacks der vorangegangenen Vertretungsaufträge finden jedoch in Einzelgesprächen statt, in denen jeder Vertretungsapotheker die Möglichkeit hat, seine eigene Vertretungsqualität zu verbessern, um seine Nachfrage zu erhöhen.“

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Vertretungsapotheker helfen, die Personalnot zu lindern – zum Beispiel wenn Mitarbeiter ausfallen oder als Urlaubsvertretungen.

Wer Interesse an einer Vertretungstätigkeit hat und sich vermitteln lassen möchte, muss bei Flying Pharmacist lediglich seine Approbationsurkunde vorlegen als Nachweis, dass das Pharmaziestudium abgeschlossen wurde. „Allerdings“, so El-Wahsch, „sollte sich jeder Vertretungsapotheker um die Anforderungen kümmern, die eine Selbstständigkeit mit sich bringt, damit man als Apotheker auf Honorarbasis tätig sein und Rechnungen schreiben kann. Im Prinzip handelt es sich um einen Gang zum Finanzamt nach dem Motto ‚Hi, ich bin Apotheker und möchte gerne Vertretungsaufträge auf Honorarbasis annehmen‘ – ist wirklich ganz einfach.“

Die größte Herausforderung, so weiß der Vertretungsapotheker aus eigener Erfahrung, ist meistens der erste Vertretungstag, wenn noch alles unbekanntes Terrain ist: neues Apothekenteam, neue Apothekenkunden, eventuell neue Region und somit neue Mentalitäten des Kundenklientels, neues Betriebssystem, neue Warenwirtschaft etc. Doch als erfahrener Vertretungsapotheker gewöhnt man sich daran und man erfährt, dass auch die Apothekenteams dem Vertretungsapotheker gegenüber sehr hilfsbereit sind.

Wer von Flying Pharmacist vermittelt wird, arbeitet als selbstständiger Honorarapotheker, sucht sich seine Einsatzorte selbst und vereinbart auch sein Stundenhonorar mit der Apotheke selbst. Da man als Selbstständiger tätig ist, führt man auch seine Sozialversicherungsbeiträge selber ab. Fahrtkosten sowie Unterkunftskosten werden fast ausnahmslos von den Apothekeninhabern übernommen.

Flying Pharmacist hilft als Vermittler meist zusammen mit dem Apothekeninhaber, für die Vertretung eine Pension, ein Hotelzimmer oder eine Wohnung im Haus der Apotheke zu finden.

Wie El-Wahsch betont, handelt es sich bei seiner Vermittlungsagentur also nicht um einen Arbeitgeber, der dem Vertretungsapotheker vorschreiben kann, wann, wo und wie er zu arbeiten hat. Flying Pharmacist ist auch keine Leih­arbeitsfirma, da der Vertretungsapotheker in keinem Abhängigkeitsverhältnis steht, weder zur Agentur noch zum Apothekeninhaber. So kann Flying Pharmacist dem Vertretungsapotheker auch keine Garantie geben, dass er ohne Unterbrechung etwas Passendes an Einsätzen für sich findet. Ein gewisses Risiko, mal keinen passenden Vertretungseinsatz für sich zu finden, bleibt für jeden vermittelten Vertretungsapotheker bestehen. Jedoch kann natürlich jeder Vertretungsapotheker auch eigene Kunden bedienen: Die Tätigkeit für Dritte ist ausdrücklich erlaubt.

Wenn eine Apotheke die Vermittlungsdienste von Flying Pharmacist in Anspruch nehmen will, werden die entsprechenden Daten der Apotheke aufgenommen und die Apotheke erhält ein Login, um ihre Vertretungswünsche einzutragen. Der Kontakt kann allerdings auch über die herkömm­lichen Kommunikationswege wie Telefon, Fax oder E-Mail erfolgen. „In der Regel brauchen wir bei Anfragen, die drei bis vier Monate in der Zukunft liegen, nicht lange, etwa ein bis zwei Tage, um eine Vermittlung für einen Vertretungsapotheker zu organisieren“, so der Agenturinhaber.

Die Vermittlungskosten hängen davon ab, welches Honorar jeder Vertretungsapotheker berechnet.

Wer arbeitet mit Flying Pharmacist? El-Wahsch: „Der Pool an Approbierten, die von uns vermittelt werden, ist ziemlich bunt. Es gibt viele Jungapprobierte, die nach dem Studium erst einmal eine Zeitlang Vertretungen übernehmen möchten, um in kurzer Zeit möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Darüber hinaus gibt es viele Kolleginnen und Kollegen, die in einer Stammapotheke in Teilzeit fest angestellt sind und zusätzlich dazu ihre restliche Zeit nutzen, um sich passende Einsätze auszusuchen. Auch „alte Hasen“ vermitteln wir sehr gerne, die bereits eine gewisse Erfahrung mitbringen und die Apothekenteams bereichern können.“

Flying Pharmacist vermittelt auch PTA, ein Markt der etwas kleiner ist, aber dennoch sehr gefragt, vor allem für Schwangerschaftsvertretungen.

Kann man sich als Apothekenleiter seine Wunschvertretung aussuchen? „Als Vermittler haben wir gar keinen Einfluss darauf“, so El-Wahsch, „ob ein Vertretungsapotheker bei einem eventuellen Folgeauftrag überhaupt Zeit und Interesse hat. Wir können allerdings immer das Feedback des Kunden weitergeben und dem freiberuflich tätigen Vertreter den Kundenwunsch äußern und hoffen, dass er beim nächsten Auftrag zusagt. Oft passiert es aber auch: Die beiden schließen sich so ins Herz, dass der nächste Einsatz bereits vereinbart wird und Flying Pharmacist zwecks ordentlicher Buchung lediglich in Kenntnis gesetzt wird.“ |

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1 Kommentar

Flaying und Honorare: von wegen selbst

von Apofee am 25.11.2019 um 20:12 Uhr

Eine Korrektur :
Bei Flying darf man nicht selbst sein Honorar bestimmen ! Das musste nagelneu sein!
Von den 49 Euro die Flying der Apotheke in Rechnung stellt bekam der Vertreter früher je nach Ansatzort manchmal nur 15 Euro pro Stunde, inzwischen nach dem Wachstum der Firma auch 30, nach 100 Stunden im Monat 33 plus 20 Euro Anfahrtpauschale, egal wie weit. Im Sommer , in den Ferien wenn er niemanden mehr hat aber Volle Auftragsbücher, , kann man ein Tick mehr aushandeln . Davon zahlt man alle Lohnnebenkosten selbst.
Beim Mama oder Papa angestellt und Flying für Erfahrung gut und sehr flexibel.

Apotime ist nicht so flexibel, man muss jeden Auftrag bedienen, egal wie es einem gerade geht. Apotime bezahlt zwischen Tarif und 15% über Tarif.
Dafür ist die Krankenkasse und RV drin.
Dafür ist man wochenlang am Wochenende nicht zu Hause sondern quer durch Deutschland von einem zum anderen Absatzort und muss gute Kenntnisse über Reinigungsdienste bzw. Waschsalons haben, da man es oft nicht schafft zu Hause zu waschen oder genug Kittel und Unterwäsche mitschleppen kann.
Als Doktorand oder für Erfahrung ein halbes Jahr interessant, aber nichts auf Dauer. Wenn man im Frühjahr bei Apotime anfängt, kann es sein, dass man nach der Probezeit wenn Urlaubszeit vorbei ist erstmal für den Winter feste Stelle suchen muss.....
Von wegen immer Gehalt ! Man geht erstmal ordentlich in Vorleistung. Fahrzeit gilt nicht als Arbeitszeit, auch nicht wenn man am Samstag nach der Arbeit von Süden nach Norden für den Ansatz am Montag fährt während man in Westen wohnt.
Ich kenne beide Firmen. Wie gesagt: für junge Leute um schnell paar Apotheken zu sehen , super. Geld verdient man damit nicht wirklich und es ist anstrengt.

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