Prisma

Nuancen des Errötens

Kommunikation durch die Gesichtsfarbe

cae | Der Mensch kann Farbunterschiede im Gesicht besser wahrnehmen, als eine digitale Kamera sie wiedergeben kann. Dies liegt an der andersartigen Konstruktion der Farberkennung in Natur und Technik. Ein Computerprogramm kann den Mangel der Technik korrigieren.
Foto: fast_9 – Fotolia.com
Rhesusäffin – ihre hellrosa Gesichtsfarbe deutet darauf hin, dass sie zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht empfängnisfähig war.

Die Fähigkeit zum Farbensehen beruht auf Farbpigmenten in den Sehzapfen auf der Netzhaut. Fast alle Säugetiere besitzen zwei verschiedenartigen Sehzapfen; sie sind Dichromaten. Dagegen sind der Mensch, die Menschenaffen und andere Altweltaffen (Catarrhini) Trichromaten, denn sie besitzen S-, M- und L-Zapfen (engl. short, medium, long). Bei den Dichromaten resorbieren S-Zapfen das kurzwellige sichtbare Licht (violett und blau) und die M-Zapfen die übrigen Farben (größte Sensitivität für grün). Bei den Trichromaten überlappen sich die Absorptionsbereiche der M-Zapfen und L-Zapfen großenteils, aber die Letzteren sind außerdem noch für langwelliges rotes Licht empfindlich. Dies führt zu einer höheren Sensitivität gegenüber grünen, gelben und ­roten Farbtönen. Dagegen sind tri­chromatische digitale Kameras so konstruiert, dass sie das gesamte Farbenspektrum gleichmäßig abdecken.

Mithilfe eines von Anthropologen an der New York University entwickelten Computerprogramms können digitale Farbfotos so verändert werden, als ob sie mit dem menschlichen Auge „fotografiert“ worden wären – oder mit dem etwas andersartigen trichromatischen Auge von Neuweltaffen (Platyrrhini) oder mit einem dichromatischen Auge. Um die Wirkung der Farbenmanipulation zu testen, fotografierten die An­thropologen die Gesichter von weib­lichen Rhesusaffen, die im Laufe ihres Ovulationszyklus allmählich ihre Gesichtsfarbe ändern, sodass es während der fruchtbaren Tage kräftig rot ist. Darauf legten sie die Fotoserie teils im Originalzustand, teils nach der Bearbeitung mit dem Computerprogramm 60 Probanden vor. Diese erkannten deutlich mehr Stufen der Gesichtsfarbe bei den gemäß der Catarrhini-Trichromasie bearbeiteten Fotos. Das bedeutet, dass der Mensch die Nuancen der Gesichtsfarbe beim direkten Anblick des Affen genauer wahrnimmt als auf einem gewöhnlichen Farbfoto.

Das Erröten im Laufe des Zyklus ist mit dem Erröten bei psychischen Affektionen vergleichbar, denn in beiden Fällen ist es ein Element der Körpersprache. Der menschliche Gesichtssinn ist also hervorragend geeignet, dieses meist unfreiwillig gesendete Signal zu bemerken. |

Quelle

Hiramatsu C et al. Experimental evidence that primate trichromacy is well suited for detecting primate social colour signals. Proc Biol Sci 2017;284(1856)

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