Arzneimittel und Therapie

Sofortige Antibiotika-Therapie hilft am wenigsten

Bei unkomplizierten Infektionen der unteren Atemwege kann abgewartet werden

Der schnelle Griff zum Antibiotika-Rezept bei Heranwachsenden und Erwachsenen, die an einer unkomplizierteren Infektion der unteren Atemwege erkrankt sind, kann gravierende Krankheitsfolgen wie einen Krankenhausaufenthalt oder Todesfälle nicht verhindern.

In einer prospektiven Kohortenstudie wurde untersucht, ob unterschiedliche Strategien bei der Antibiotika-Verordnung den Verlauf von Infektionserkrankungen des unteren Respirationstrakts beeinflussen.

  • Strategie A war keine Antibiotika-Gabe,
  • Strategie B eine um zwei bis drei Tage verzögerte Verordnung bzw. Einnahme und
  • Strategie C eine sofortige Antibio­tika-Verordnung.

An der Studie nahmen knapp 29.000 über 16-jährige Patienten englischer Arztpraxen teil, die an einer Infektion der unteren Atemwege erkrankt waren. Festgehalten wurden die Symptome, der Krankheitsverlauf sowie der Zeitpunkt der Antibiotika-Therapie. Der primäre Studienendpunkt umfasste den erneuten Praxisbesuch aufgrund anhaltender Beschwerden innerhalb von 30 Tagen nach dem ersten Arztbesuch, die Notwendigkeit einer Hospitalisierung und Todesfälle als Folge der Erkrankung. 0,4% der Patienten wurden bereits bei der Erstkonsultation in ein Krankenhaus überwiesen, für die verbleibende Studienpopulation wurden folgende Ergebnisse ermittelt: 0,3% der Patienten, die bei der Erstkonsultation kein Antibiotikum erhalten hatten (Strategie A), mussten nach einem folgenden Arztbesuch hospitalisiert werden oder verstarben. Dem standen 0,9% gegenüber, die sofort antibiotisch therapiert worden waren (Strategie C) und 0,4%, die das Antibiotikum verzögert erhalten hatten (Strategie B). Das heißt also, dass eine sofortige Antibiotika-Gabe zu den schlechtesten Ergebnissen führte.

Die Resultate einer multivariablen Analyse zeigen keine Verringerung der Krankenhausaufenthalte oder Todesfälle durch eine sofortige Antibiotika-Gabe (risk ratio 1,06, 95% Konfidenzintervall 0,63 bis 1,81; p = 0,84) und eine nicht signifikante Reduktion nach einer verzögerten Antibiotika-Therapie (risk ratio 0,81, 95% Konfidenzintervall 0,41 bis 1,64; p = 0,61). Es konnte folglich kein signifikanter Nutzen einer sofortigen oder verzögerten Antibiotika-Gabe gezeigt werden.

Eine erneute Arztkonsultation aufgrund neuer, anhaltender oder sich verschlechternder Symptome war häufig erforderlich und zwar bei 19,7% der Patienten, die kein Antibiotikum erhielten, bei 25,3% der Patienten mit einer sofortigen Antibiotika-Therapie und bei 14,1% der Patienten mit ver­zögerter Antibiotika-Therapie. Der erneute Arztbesuch konnte durch die verzögerte Antibiotika-Gabe signi­fikant um 36% verringert werden, hingegen nicht durch eine sofortige Antibiotika-Gabe. |

Quelle

Little P et al. BMJ 2017;357:j2148

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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