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Rabattverträge „indirekte Ursache“

BfArM-Chef Broich bringt Meldepflicht für Arzneimittel-Lieferengpässe ins Spiel

ms | Karl Broich, der Chef des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), fordert gegenüber der „Wirtschaftswoche“, dass Verstöße gegen die bislang freiwillige Meldepflicht von Lieferengpässen transparent gemacht werden. Auch kritisiert Broich, dass die bisherige Bevorratung von Arzneimitteln nicht immer ausreichend ist.
Foto: BfArM
Prof. Dr. Karl Broich

Lieferengpässe können für Patienten sehr gefährlich werden, betonte BfArM-Chef Broich Anfang der Woche im Interview mit der „Wirtschaftswoche“. So zum Beispiel beim Wirkstoff Melphalan, der zur Vorbereitung von Knochenmarkstransplantationen eingesetzt wird – und regelmäßig nicht lieferbar ist. In der Branche tummelten sich „einige schwarze Schafe“, sagt Broich. „Einige nutzen ihre Monopolstellung aus, andere verzögern einfach die notwendigen Investitionen“, indem ein Hersteller beispielsweise „sehr alte, marode Anlagen“ nutze. Für die Behörde ergeben sich dann schwierige Entscheidungen: „Sollen wir die ganze Charge vom Markt ziehen, wenn ein Qualitätsstandard zwar formal verletzt ist, das Medikament dadurch dem Patienten aber nicht schadet“, fragt Broich – „oder machen wir das Problem dann größer, weil wir durch unser Eingreifen einen Engpass schaffen?“

Auch die Gründe für Engpässe sieht Broich differenziert. In den oft angeführten Rabattverträgen sieht er „eher eine indirekte Ursache“, die die Pharmafirmen jedoch als Argument aufgreifen würden. „Die sagen natürlich, wenn wir hier so unter Preisdruck stehen, müssen wir mit unserer Produktion in die günstigeren Standorte wie China oder Indien gehen“, erklärt der BfArM-Chef. „Aber wir erleben es genauso in den USA und in Europa, dass Engpässe entstehen.“

Maßnahmen angekündigt

Als mögliche Lösung bringt Broich Bevorratungszeiträume für die Hersteller ins Spiel. „In der Schweiz gibt es so was teilweise schon, zum Beispiel in Form staatlicher Impfstoff­lager“, sagt er. Abzuwarten sei, wem die Politik die hierfür nötigen Kosten aufbrummen will. „Die Pharmakonzerne haben heute schon die Selbstverpflichtung, Medikamentenvorräte für zwei Wochen sicherzustellen“, ­erklärt Broich, was jedoch „häufig“ nicht ausreiche.

Der BfArM-Chef würde gerne die ­Öffentlichkeit darüber informieren, welche Hersteller den bisher freiwilligen Meldungen von Defekten nicht ausreichend nachkommen. Außerdem: „Wenn es häufiger passiert, dass Versorgungsengpässe nicht gemeldet werden, brauchen wir nach meiner Überzeugung auch in Deutschland eine Meldepflicht.“ Für strafrechtliche Maßnahmen wäre aus Broichs Sicht jedoch eine europäische Lösung nötig. „Sonst verschieben wir das Problem nur zwischen den Ländern.“ |

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