DAZ aktuell

Gefälschtes Harvoni®auf dem deutschen Markt

Apotheker sollen Kontakt mit betroffenen Patienten aufnehmen

ms | Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) letzte Woche Donnerstag per Eilmeldung bekannt gab, kursieren gefälschte Havoni®-Tabletten. Sie sind nicht wie ­üblich orange, sondern weiß. Die Verpackung der Tabletten sowie die Tablettenform und -prägung entsprechen dem Original. Apotheker sollen die Farbe der Tabletten prüfen und die Patienten angemessen informieren.

Die Packungen tragen die Chargenbezeichnung 16SFC021D (Verfallsdatum 06/2018), bei der es sich um eine real existierende Charge für den deutschen Markt handelt. Die Fälschung wurde von einem Patienten in Nordrhein-Westfalen entdeckt, der sie seiner Apotheke meldete.

Mehrere Großhändler betroffen

Bereits am Mittwochvormittag voriger Woche wusste die Bezirksregierung Arnsberg von dem Fälschungsverdacht und informierte später am Tag das Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen (NRW) in Düsseldorf. „Diese Mitteilung wurde von unserer Seite entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen Meldekette an die zuständige Bundesoberbehörde, das BfArM, weitergeleitet mit der Bitte um Weitergabe an die für den Sitz des Zulassungsinhabers zuständige Behörde in Großbritannien“, erklärte Christoph Meinerz, Sprecher der bald aus dem Amt scheidenden Ministerin Barbara Steffens (Grüne) auf Nachfrage gegenüber DAZ.online. Die Bezirksregierung Arnsberg kontaktierte außerdem den Stufenplanbeauftragten der deutschen Vertriebsniederlassung von Hersteller Gilead in der Nähe von München sowie die zuständige Aufsichtsbehörde, die Regierung von Oberbayern, die entsprechend der Meldekette die Federführung bei den Ermittlungen übernahm. Dabei konnte „die gesamte deutsche Vertriebskette zurückverfolgt werden“, so Meinerz. Die gefälschten Arzneimittel stammen demnach von einem holländischen Großhändler. Doch während es zunächst hieß, die Fälschungen seien über einen deutschen Großhändler aus Berlin vertrieben worden, erklärte die Regierung von Oberbayern, mehrere Großhändler seien betroffen. Mittlerweile ist bekannt, dass einer davon der Großhändler Phoenix ist. Dieser habe nach eigenen Angaben unmittelbar gehandelt und alle Packungen der Charge aus dem Lager und in Quarantäne genommen, Apothekenkunden wurden darüber informiert.

Farbe überprüfen

Nach aktuellem Wissen sei nur diese Charge betroffen, erklärte eine Pressesprecherin des Herstellers Gilead. „In Abstimmung mit der lokalen Arzneimittelüberwachungsbehörde, der Regierung von Oberbayern, haben wir uns dazu entschieden, die betroffene Charge von Harvoni®, 90 mg/400 mg Filmtabletten, Zulassungsnummer EU/1/14/958/001, Pharmazentralnummer 10948728 mit sofortiger Wirkung zurückzurufen“, schreibt sie (s. auch S. 93/94 dieser DAZ). Apotheker und Großhändler werden gebeten, Ware der oben genannten Charge aus ihrem Bestand sofort unter Quarantäne zu stellen. Außerdem werden Apotheker gebeten, diejenigen Patienten, die Harvoni® der betroffenen Charge erhalten haben, zu kontaktieren und um Rückgabe der Packungen zu bitten, so die Pressesprecherin. Auch in einer Online-Meldung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) heißt es: „Patienten, die das Arzneimittel Harvoni® 90 mg /400 mg Filmtabletten der Firma Gilead anwenden, sind angemessen zu informieren.“ Weiterhin sollen Apotheker die Farbe der Filmtabletten prüfen und einen Fälschungsverdacht umgehend an die AMK unter www.arzneimittelkommission.de melden. Die Inhaltsstoffe der betroffenen Tabletten werden derzeit sowohl vom Hersteller als auch durch die amtliche Arznei­mitteluntersuchungsstelle am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersucht. „Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen“, teilte ein Regierungssprecher mit. |

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