Die Seite 3

So nicht!

Dr. Klaus G. Brauer, Herausgeber der DAZ

Der Vorgang ist ungeheuerlich, ein Politikum von sehr grundsätz­licher Bedeutung: Anlass war ein kleiner DAZ.online-Artikel vom 22. Mai über die Eröffnung des Pharmacon-Fortbildungskongresses in Meran. Als „Festredner“ hatte man Alexander Graf Lambsdorff engagiert, seines Zeichens FDP-Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des europäischen Parlamentes. Dies war in den sozialen Netzwerken zum Teil bissig kommentiert worden – was angesichts der aktuellen, sehr apothekenfeindlichen Positionen der FDP (Stichwort Aufhebung des Fremdbesitzverbotes und Ablehnung eines Rx-Versandverbotes) wahrlich nicht ganz unerwartet kam.

Der DAZ.online-Artikel griff all dies auf, nicht ohne zu erwähnen, dass Lambsdorffs beeindruckende Rede zu Europa in Meran mit freundlichem Beifall bedacht wurde – und zwar obwohl Lambsdorff, wohl kaum nur aus Versehen, die aktuellen Streitpunkte mit den Apothekern in seiner Rede geschickt umschiffte. Nicht unerwähnt blieb dabei auch, wie BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer – in meinen Augen zutreffend – die Einladung im Gespräch mit der DAZ rechtfertigte: sie sei bereits vor dem aufsehenerregenden FDP-Parteitagsbeschluss gefasst worden; es gelte, im Gespräch zu bleiben, um mit schlagkräftigen Argumenten überzeugen zu können. Trotzdem kann man diskutieren, ob es klug gewesen wäre, wenn Kiefer die Gelegenheit beim Schopf gefasst hätte und den FDP-Prominenten nach seiner Rede öffentlich auf die Verirrungen seiner Partei angesprochen hätte.

Wie dem auch sei: Zum Skandal wird die Sache durch das, was folgte. Weil der DAZ.online-Artikel, der in gekürzter Form auch Gegenstand der DAZ-Printausgabe vom letzten Donnerstag war, in höheren Etagen der ABDA (BAK? Avoxa?) auf Missfallen stieß, wurde – gezielt bezogen auf die DAZ – verboten und verhindert, was jahrzehntelange Übung bei den Apothekerkongressen war: dass nämlich die aktuellen Ausgaben der pharmazeutisch relevanten Fachzeitschriften zur Information der Kongressteilnehmer ausgelegt werden. Federführend bei der Umsetzung des haarsträubenden Beschlusses, die DAZ abzustrafen und auszusperren, war offensichtlich Metin Ergül, einer der beiden Geschäftsführer der ABDA-Tochter Avoxa.

Wenn das kein Fall von Zensur ist – was dann? Die Begründung für die Diskriminierung der DAZ war eindeutig inhaltlich motiviert. Möchte die ABDA mit ihrer „Meraner Zensur“ ein neues Kapitel in der Geschichte der pharmazeutischen Fachpresse schreiben? Will sie eine Zäsur, eine Neuausrichtung ihrer Pressepolitik, bei der kritische Untertöne zukünftig in statu nascendi (oder gar vorauseilend) erstickt werden? Das Spiel machen wir nicht mit. So nicht! Auch nicht anders. Wir bleiben trotzdem konstruktiv. Denn Kritik tut Not – angesichts der nicht gerade berauschenden berufspolitischen Erfolge waren wir vielleicht hier und da sogar zu vorsichtig. Die DAZ – Fachzeitschrift des Jahres 2017 – wird sich ihre spitzen Federn nicht verbiegen lassen.

Klaus G. Brauer

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