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Nadelöhr für Hightech-Methoden im Krankenhaus

Neue Nutzenbewertung

hb | Mit dem im Juli 2015 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) wurde eine obligatorische Nutzenbewertung für Methoden eingeführt, die im Krankenhaus eingesetzt werden und maßgeblich auf dem Einsatz von Medizinprodukten hoher Risikoklasse beruhen. Die sogenannten NUB-Verfahren, die Anfang 2016 gestartet wurden, bereiten allen Beteiligten noch viel Kopfzerbrechen.

Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz hat für die Anwendung von Hightech-Methoden im Krankenhaussektor einen Paradigmenwechsel mit sich gebracht. Bisher galt, dass neue Methoden zulasten der Krankenversicherung entwickelt und angewendet werden durften, solange der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) diese nicht untersagte. Heute ist es umgekehrt. In einem speziellen Verfahren müssen Krankenhäuser dem G-BA bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) Informationen zur Bewertung des Nutzens vorlegen um diese über Zusatzentgelte bezahlt zu bekommen, wenn sie nicht in die bisherige Entgeltstruktur passen (§ 137h SGB V).

Ohne Nutzen – oder wenigstens Potenzial – kein Geld

Dies gilt für Methoden, deren Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz von Medizinprodukten hoher Risikoklassen mit einem besonders invasiven Charakter beruht und die ein neues theoretisch-wissenschaftliches Konzept aufweisen. Der G-BA prüft dann, inwieweit die Voraussetzungen für die Bezahlung solcher Methoden erfüllt sind, das heißt, ob deren Nutzen als belegt anzusehen ist. Wenn dies noch nicht zutrifft, sie aber das Potenzial eines Nutzens erkennen lassen, können sie in eine Erprobungsregelung kommen. Ansonsten droht der Ausschluss von der Kostenübernahme im Krankenhaus.

Nur zwei mit Potenzial

Die B. Braun Stiftung und die Hochschule Neubrandenburg begleiten die Diskussionen über die Methoden und Prozesse der Nutzenbewertung im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes. Beim 3. Plenum im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zu dem Projekt am 10. Juli 2017 in Berlin wurde Bilanz gezogen. Diese ist nicht gerade ermutigend. Bislang hat der GB-A nach dem Verfahren erst acht Methoden begutachtet. Bei keiner konnte ein Nutzen festgestellt werden und nur bei zweien ein Potenzial. Dabei handelte es sich um Methoden, bei denen ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall eingesetzt wird, und zwar bei Frauen mit Leiomyomen (gutartige Tumoren der glatten Muskulatur) des Uterus und bei Patienten mit nicht chirurgisch behandelbaren Leberzellkarzinomen.

Regelung noch einmal überdenken?

Über dieses magere Ergebnis sei man im Ministerium überrascht gewesen, sagte der Abteilungsleiter für Gesundheitsversorgung im Bundesgesundheitsministerium Dr. Ulrich ­Orlowski, für ihn ein Grund, die Regelung noch einmal gründlich auf ihre Zielsetzung hin zu überdenken. Diese besteht darin, den Patienten eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgung und die Teilhabe an medizinischen Innovationen zu ermöglichen und außerdem Innovationen zu fördern.

Branche ist hochinnovativ

Daran, dass die Hersteller nicht genügend forschen, soll es wohl nicht liegen. Dr. Manfred W. Elff, Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed), betonte, die Branche sei hoch innovativ. Ein Drittel des Umsatzes werde mit Medizinprodukten gemacht, die nicht älter als drei Jahre sind. Die Stärke liege aber wohl eher bei Schrittinnovationen, ­deren Nutzen besonders schwer zu ­belegen sei.

Nicht wie Arzneimittel bewerten

Experten wie Elff und auch der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Prof. Dr. Jürgen Windeler warnten davor, die Ansätze der Nutzenbewertung im Arzneimittelbereich eins zu eins auf Medizinprodukte zu übertragen. Die Wirkung von Medizinprodukten könne nicht losgelöst vom Anwender gesehen werden, meinte Elff. „Nicht das Produkt wird bezahlt, sondern die Prozedur,“ brachte es Prof. Dr. Reinhard Busse vom Lehrstuhl Management im Gesundheits­wesen der TU Berlin auf den Punkt. Hinsichtlich der Messung klinischer Daten für die Nutzenbewertung hob Prof. Dr. Dirk Stengel, ärztlicher Leiter am Unfallkrankenhaus Berlin, die ­US-amerikanische FDA als besonders innovativ hervor. Ihr gehe es weniger um die Hierarchie der Studien als um die Qualität der Daten und um die komplementäre Evidenz aus vielfältigen Quellen.

Dr. Christoph Veit, der das noch relativ junge Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) leitet, hat noch eine andere Sicht der Dinge. Er sieht den Patienten im Mittelpunkt: „Den tatsächlichen Nutzen für den Patienten kann ich letzten Endes immer nur individuell aus dem Dialog erfahren,“ glaubt Veit. |

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