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Einschreibe-Modell oder Fonds-Lösung?

Friedemann Schmidt eröffnet Diskussion um Systematik der Apotheken-Honorierung

CELLE (wes) | Die Diskussion über die zukünftige Vergütungssystematik der Apotheken ist eröffnet: Friedemann Schmidt hat auf dem Niedersächsischen Apothekertag ein Einschreibe-Modell vorgeschlagen – ausdrücklich als Privatperson, nicht als ABDA-Präsident.

„Ich will mich nach langer Diskussion mit mir selbst für ein Einschreibe-Modell aussprechen“, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt am vergangenen Sonntag auf dem Niedersächsischen Apothekertag in Celle. Ihm schwebe ein Modell nach holländischem Vorbild vor. Patienten sollen sich in einer Apotheke ihrer Wahl einschreiben und die Apotheke pro eingeschriebenem Patienten eine Pauschale bekommen, schlägt Schmidt vor. Damit seien dann die vielen alltäglichen Leistungen auch abseits der Arzneimittelabgabe honoriert, die die Apotheke erbringe, „ohne dass wir ein Preisschild daranhängen können“. Dieser Vorschlag beruhe auf seinen persönlichen Überzeugungen, es sei keiner der ABDA oder der Berufsvertretung, so Schmidt.

Sicherung der Flächendeckung als erstes Ziel

„Wir sind in der Pflicht, darzustellen, was den entscheidenden Unterschied zwischen der Präsenzapotheke und den Distanzhändlern ausmacht“, sagte Schmidt zur Erläuterung seiner Idee. Dabei seien die Argumente Schnelligkeit und Qualität in letzter Zeit immer weiter geschwächt worden – so liefert mit der Bienen-Apotheke in München seit letzter Woche die erste Apotheke über Amazon Prime Now innerhalb einer Stunde. Deshalb sind nach Schmidts Überzeugung Nähe und Ganzheitlichkeit das, was den Unterschied macht. „Wir behandeln eben nicht den einzelnen Fall, sondern wir begleiten den Patienten. Wir kennen ihn und seine Familie, wir können ihn und seine kognitiven Fähigkeiten einschätzen und wir können entsprechend reagieren.“

Foto: DAZ/wes
Kann sich vorstellen,dass sich Patienten zukünftig in einer Apotheke einschreiben: Friedemann Schmidt in Celle.

Das alles setzt aber voraus, dass sich eine Apotheke in erreichbarer Nähe befindet. Deswegen müsse die Sicherung der Flächendeckung erstes Ziel der Standesvertretung sein. In dieser Hinsicht sei das erste Quartal 2017 „katastrophal“ gewesen – „dagegen müssen wir etwas tun!“, so Schmidt. Ein Einschreibemodell könne dabei helfen, die Existenz von Apotheken zu sichern. „Wenn aber die Patienten ‚ihre‘ Apotheke nur noch im Notfall nutzen, dann funktioniert das ganze System nicht mehr.“ Diesem Trend könnte es entgegenwirken, wenn sich die Patienten für einen bestimmten Zeitraum auf eine bestimmte Apotheke festlegen, ist Schmidt überzeugt.

Die Patienten-abhängige Pauschale dürfe aber nur einen kleinen Teil der Apothekervergütung ausmachen, betont Schmidt. Und noch zwei weitere Aspekte sind Schmidt wichtig: Der Patient muss sich „seine“ Apotheke frei aussuchen können. Und die Patienten müssen – wie im gesamten Gesundheitssystem – unbeeinflusst vom Preis wählen dürfen. Es sei essenziell, den Preiswettbewerb weiterhin aus dem Gesundheitswesen fernzuhalten. Das sei auch der Grund, warum das Rx-Versandverbot so wichtig ist: „Nicht, weil wir den Versand nicht mögen. Sondern weil wir nur so den Preiswettbewerb fernhalten können.“

Fonds oder sogar „Kassen­apothekerliche Vereinigung“?

Zuvor hatte der DAZ-Wirtschafts­experte Dr. Thomas Müller-Bohn mit einem Vortrag die Debatte um die Weiterentwicklung der Apotheker-Vergütung eröffnet. Nach einer Beurteilung der auf dem Tisch liegenden Vorschläge – die sich in letzter Zeit stark um die Folgen des EuGH-Urteils drehten – warf Müller-Bohn eine eigene Idee in den Ring: Ein Teil des Packungshonorars könnte zukünftig in einen Fonds fließen, der das Geld wiederum an die Apotheken verteilt. Dabei könnten einzelne Dienstleistungen wie eine Medikationsanalyse honoriert, aber auch Strukturförderung betrieben werden, beispielsweise durch eine „Landapotheken-Pauschale“. (Eine ausführliche Darstellung dieses Vorschlags lesen Sie auf S. 26 dieser DAZ.)

Die mögliche Konsequenz, dass aus dem vorgeschlagenen Fonds eine „Kassenapothekerliche Vereinigung“ zur Verteilung der Gelder entstehen und auf die Apothekerschaft auch Budgetverantwortung zukommen könnte, führte zu scharfem Widerspruch des niedersächsischen LAV-Vorsitzenden Berend Groeneveld. Er fürchtet heftigste Grabenkämpfe unter den Apothekern, während „Politik und GKV fein raus wären“, wenn es um die Verteilung der Gelder geht. Auch ABDA-Präsident Schmidt hat grundsätz­liche Bedenken gegen die Fonds-Idee, vor allem wenn sie Strukturkomponenten enthält. „Das endet in der Bedarfsplanung!“, warnte er. „Aber welche Zahl und Verteilung an Apotheken ist denn richtig? Ich fürchte, dass wir schon keinen Konsens mit der Gesellschaft darüber hinbekommen, dass die heutige Apothekenzahl die richtige ist.“ Die Standesvertretung könne aber in einer solchen Diskussion gar keine andere Position einnehmen.

Friedemann Schmidt begrüßte aber ausdrücklich, dass es eine offene Diskussion über die Fortentwicklung der Apothekerhonorierung gibt. „Wir sind hier im Obligo gegenüber der Politik“, betonte er gegenüber DAZ.online. Auch Politiker, die den Anliegen der Apothekerschaft wohlwollend gegenüberstehen, verlangten hierzu Vorschläge aus dem Berufsstand. Ähnlich hatten sich die in der Großen Koalition in Berlin federführend für Apothekenfragen zuständigen Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar (SPD) und Michael Hennrich (CDU) Ende vergangenen Jahres gegenüber der DAZ geäußert. Sie vermissten kreative und konstruktive Vorschläge aus der Apothekerschaft, sagten beide im Interview („Schnelle Lösung nötig – aber welche?“ DAZ 2016, Nr. 46, S. 24).

Schmidt betonte gegenüber der DAZ, dass sein Vorschlag keiner der ABDA ist. Ihm sei auch bewusst, dass er für ihn im Moment wohl keine Mehrheit bekommen würde. |

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