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Die Diskussion ist eröffnet

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Das Apothekenhonorar muss nicht nur in der Höhe angepasst werden, auch über seine Systematik sollte immer wieder nachgedacht werden: Soll weiterhin „nur“ die Abgabe eines Arzneimittels honoriert werden? Was ist mit neuen Dienstleistungen wie dem Medikationsmanagement – sollen sie über das Packungshonorar querfinanziert werden oder ein eigenes „Preisschild“ bekommen? Brauchen wir Strukturkomponenten nach Vorbild der Notdienstpauschale, die für die Bereitstellung bestimmter Angebote gezahlt werden, unabhängig davon, in welchem Umfang sie tatsächlich in Anspruch genommen werden?

Auch wenn in den letzten Monaten die Auswirkungen des EuGH-Urteils (zu Recht!) die Debatte dominiert haben, muss auch die Diskussion über die Zukunft der Honorierung geführt werden. Nicht zuletzt, weil maßgeb­liche Politiker dies vom Berufsstand erwarten, wie Friedemann Schmidt am Rande des niedersächsischen Apothekertags am vergangenen Wochenende in Erinnerung rief.

Auf diesem Apothekertag in Celle wurden gleich zwei Vorschläge präsentiert, wie eine solche Weiterentwicklung der Honorierung aussehen könnte: Friedemann Schmidt überraschte die Zuhörer seines Vortrags mit dem Bekenntnis, dass er ganz persönlich sich ein Modell nach niederländischem Vorbild vorstellt, bei dem sich die Patienten für eine bestimmte Zeit an eine bestimmte Apotheke binden. Die Apotheke bekäme dafür – zusätzlich zum Packungshonorar – eine pauschale Vergütung pro Patient. Dieser wiederum könnte bei „seiner“ Apotheke einen bestimmten Leistungsumfang in Anspruch nehmen (s. „Einschreibe-Modell oder Fonds-Lösung?“, S. 15 dieser DAZ).

Einen anderen Ansatz hat Thomas Müller-Bohn vorgestellt: Ein Teil der Packungsvergütung könnte nach Vorbild des Nacht- und Notdienstfonds (NNF) in einen Fonds fließen, den die Apothekerschaft selbst verwaltet. Aus diesem Topf könnten dann neue Dienstleistungen bezahlt werden, die nicht gesondert vergütet werden können oder sollen, aber auch Strukturkomponenten wie eine Pauschale für besonders versorgungsrelevante (Land-)Apotheken.

Seinen Vorschlag stellt Müller-Bohn ab S. 26 dieser DAZ ausgiebig vor.

Bei beiden Vorschlägen handelt es sich um einen „ersten Aufschlag“ – der sofort retourniert wurde, um im Tennis-Jargon zu bleiben. Bei einem Einschreibe-Modell fürchten viele Kollegen einen erbitterten Kampf um Patienten, der viel weiter gehen könnte als alle bisherigen OTC-Preiskämpfe. Denn ein eingeschriebener Kunde bringt nicht nur die einmalige Pauschale, sondern ist mit seinen Rezepten an die gewählte Apotheke gebunden. Auch beim Fonds-Modell könnte es, so die Befürchtungen, zu heftigen Kämpfen kommen – um die Verteilung der Gelder nämlich. Welche Leistung wird wie bewertet? Welche Apotheken sind versorgungsrelevant usw., usf.

Harte Auseinandersetzungen scheinen bei beiden Vorschlägen unausweichlich. Viel hinge wohl von der konkreten Ausgestaltung der Konzepte ab – hier ist noch vieles unklar. Viele Fragen muss aber sowieso der Berufsstand in einer umfassenden Diskussion gemeinsam beantworten. Die Erarbeitung des neuen Leitbilds, das sich im Perspektivpapier „Apotheke 2030“ manifestiert, hat gezeigt, dass die Apothekerschaft dazu in der Lage ist. Die Diskussion jedenfalls ist eröffnet.

Dr. Benjamin Wessinger


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